Im Kampf gegen Rassismus
Jodi Picoults „Kleine große Schritte“kann überzeugen
Ruth Jefferson hat sich gut eingelebt. In ihrer überwiegend weißen Wohngegend in Connecticut ist die Afroamerikanerin zwar in der Minderheit, doch ihr Glauben und ihr Vorzeigesohn sorgen für ein entspanntes Leben. Als erfahrene Hebamme und Säuglingskrankenschwester, geht sie auch in ihrem Beruf voll auf. Ihr neuer Patient, Davis Bauer, ist der Sohn von Turk und Brittany – beide sind offen rechtsextrem. Auf Wunsch der Eltern wird Ruth von ihrer Vorgesetzten verboten, das Neugeborene zu betreuen.
Plötzlich hat der kleine Davis Bauer aber einen Atemstillstand und Ruth ist die einzige, die ihm gerade helfen kann. Sie kommt in Bedrängnis. Widersetzt sie sich der Anweisung ihrer Vorgesetzten und versorgt den kleinen Jungen, droht ihr die Kündigung. Aber kann sie tatenlos danebenstehen und zusehen wie ein neugeborenes Baby qualvoll stirbt?
Sie trifft eine Entscheidung und Davis überlebt seinen Atemstillstand nicht. Blind vor Wut und Trauer sucht sein Vater Turk einen Sündenbock und findet ihn in Ruth. So wird sie vom Dienst suspendiert und des Mordes angeklagt. Kennedy McQuarrie – eine Weiße – wird Ruths Pflichtverteidigerin und ist gefesselt von diesem brisanten Fall. Gemeinsam versuchen sie zu beweisen, dass Ruth keine Schuld am Tod des Jungen hat. Im Lauf der Verhandlung erkennt Kennedy, wie präsent der Rassismus doch tagtäglich noch ist, unterschwellig zwar, aber doch nicht zu leugnen.
Die Geschichte in „Kleine große Schritte“wird so lebhaft und anschaulich, da sie aus den Perspektiven von Ruth, Kennedy und Turk erzählt wird. Als Leser ist man ganz nah dran an ihren Gedanken und erlebt durch die Rückblicke in ihre Jugend, wie sie zu den Menschen wurden, die sie heute sind. Besonders beeindruckend ist dabei auch, dass man bei jedem Protagonisten im Laufe des Prozesses eine Veränderung bemerkt. Das Buch begleitet die Beteiligten vom ersten bis zum letzten Schritt in diesem nervenaufreibenden Verfahren.
Die Autorin Jodi Picoult konfrontiert den Leser mit nackten Tatsachen: Rassismus gibt es immer noch. Da die Geschichte aber so feinfühlig erzählt wird und von den Gefühlen der Protagonisten lebt, wird der harte Tobak so leicht verdaulich. Ein wirklich gelungenes Buch, das alle Seiten mit ins Boot holt und ihnen die Chance gibt, aufeinander zuzugehen. „Kleine große Schritte“von Jodi Picoult, Penguin Verlag, 592 Seiten.