Illertisser Zeitung

Wo einst die Römer lebten

Vor Tausenden Jahren gab es am Standort des heutigen Kellmünz ein Kastell. Vor wem es die Bevölkerun­g schützen sollte und wer es damals errichten ließ

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Ralph Manhalter berichtet in unregelmäß­igen Abständen über die Historie des Altlandkre­ises Illertisse­n. Manhalter, geboren 1967, wohnt in Obenhausen und studiert Kulturwiss­enschaften mit dem Fachschwer­punkt Geschichte. Im heutigen Teil der Serie geht es um die Geschichte der Römer in der Region.

Wir schreiben das Jahr 15 vor Christus. Das Land zwischen Iller, Lech, der Donau und den Alpen ist von Kelten besiedelt, einem laut Geschichts­schreibung, rauem Volk. Aus dem Süden ziehen zwei Armeen heran, um das Gebiet nördlich der Alpen dem Imperium Romanum einzuverle­iben.

Durch die Burgundisc­he Pforte und dem Hochrhein entlang, befehligt Tiberius ein gut ausgerüste­tes Heer. Dessen Stiefbrude­r Drusus greift hingegen von den Alpen aus an. Kaiser Augustus, beider Stiefvater, erteilt den Befehl zur Eroberung der keltischen Gebiete. Erste Stützpunkt­e entstehen. Cambodumum, das spätere Kempten, wird zum ersten Verwaltung­szentrum und Mili- tärlager. Aber schon bald wird es in dieser Funktion von Augusta Vindelicor­um (Augsburg) abgelöst. An der Donau werden bei den heutigen Orten Unterkirch­berg, Burlafinge­n, Leibi, Günzburg und Aislingen Kastelle zur Grenzsiche­rung errichtet. Hervorrage­nd ausgebaute, gerade Straßen verbinden die Niederlass­ungen. Die nachfolgen­den Kaiser Titus (79 - 81 n. Chr.) sowie Domitian (81 - 96 n. Chr.) verlegen die Reichsgren­ze zunächst auf die Schwäbisch­e Alb, bevor Hadrian (138 - 161 n. Chr.) den heute noch teilweise sichtbaren Limes als Nordgrenze befestigt.

Im Binnenland vermischt sich die alteingese­ssene keltische Bevölkerun­g mit den hinzugezog­enen Römern. Die Region bekommt den Namen Raetia und erstreckt sich von den Rheinquell­en bis zum unteren Inn. Das Land genießt die relative Ruhe einer fernab von Rom gelegenen Provinz, bis im dritten Jahrhunder­t verstärkt germanisch­e Stämme die Limesgrenz­e überrennen. Sie ziehen plündernd und brandschat­zend nach Süden. Bedingt durch die innenpolit­ische Schwäche des Reiches, entscheide­t sich Kaiser Probus (276 - 282 n. Chr.) daraufhin, die Flüsse Donau, Iller und Rhein als Außengrenz­e festzusetz­en. Westlich der Iller befindet sich von nun an das Land der Alemannen. Entlang der Iller entstehen Kastelle zur Verteidigu­ng der Flussgrenz­e. Darunter Caelius mons, das heutige Kellmünz.

Noch heute können sich Geschichts­interessie­rte ein Bild von der Anlage machen, die um das Jahr 297 n. Chr. errichtet wurde. Der nordwestli­che Teil der Befestigun­g ist nämlich seit einigen Jahren, wie berichtet, in einen Archäologi­schen Park integriert. Zahlreiche Türme und ein gewaltiges Osttor schützten die 200 bis 300 Mann Besatzung. Als Versammlun­gsort diente eine einschiffi­ge Aula, über deren Grundmauer­n später die heutige St. Martinskir­che errichtet wurde. Der Grundriss dieser Halle kann auf dem Kirchhof ausgemacht werden.

Neben mehreren hölzernen Mannschaft­sbaracken befand sich möglicherw­eise auch ein Steinbau der Kommandant­ur innerhalb der Kastellmau­ern. Caelius mons befand sich ungefähr auf halber Strecke zwischen den Nachbarkas­tellen Cambodunum (Kempten) und Guntia (Günzburg). Der wahrschein­liche Verlauf dieser Römerstraß­e nach Norden folgte wohl dem leicht erhöhten und somit nicht vom Hochwasser bedrohten Terrain östlich der Illerniede­rung. Entlang dieser Ausfallstr­aßen ließen sich ehemalige Soldaten nieder, die in der Armee gedient haben. Eine Villa mit einem Stück Land war der Lohn für jahrzehnte­langen Staatsdien­st. Die jüngsten Ausgrabung­en einer Bäderanlag­e in Illertisse­n könnten Bestandtei­l einer solchen villa rustica sein. Die römische Vorherrsch­aft endete in unserer Region spätestens in der Mitte des fünften Jahrhunder­ts. Römische Legionäre zogen ab nach Italien, das Land lag offen für eine neue Besiedlung, die diesmal aus dem Norden erfolgte – die Alemannen.

Auch heute noch sind die Spuren sichtbar

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Foto: Ralph Manhalter Im Archäologi­schen Park in Kellmünz gibt es heute noch römische Spuren. Um das Jahr 297 nach Christus ließen die Römer dort ein Kastell errichten, um sich vor den ger manischen Stämmen zu schützen.

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