Ganz nah am Golf
Kia fordert mit dem neuen Ceed den Platzhirsch heraus. In einem Punkt liegt Korea schon mal vorn
Die Luft in der Kompaktklasse wird immer dünner. Freilich ist der VW Golf noch die unangefochtene Nummer eins, und so schnell wird ihn keiner vom Thron stoßen. Doch die Konkurrenz rückt dem Wolfsburger dichter auf die Fersen.
Jüngster Aufholkandidat ist der neue Kia Ceed, der schon in der bisherigen Ausgabe nah am Original dran war. Doch die Ingenieure haben wieder ein paar Stellschrauben gefunden, um den kompakten Koreaner noch besser zu machen. Wobei: Ein echter Koreaner ist der Kia nicht. Konstruiert in Rüsselsheim, entworfen in Frankfurt und gebaut in der Slowakei, geht er zweifelsfrei als Europäer durch.
Sicher nicht die wichtigste, dafür aber eine umso erfreulichere Neuerung ist der zukünftige Name, oder besser gesagt die Schreibweise. Statt mit Kleinbuchstaben und einem überflüssigen Apostroph (cee’d) schreibt sich der Kia jetzt europäisch-rechtschreibkonform Ceed. Das sieht im Prospekt und am Fahrzeugheck um einiges erwachsener aus und unterstreicht den gereiften Charakter. Dass der Ceed aus der Pubertät rauskommt, zeigt auch das neue Blechkleid. Während Generation eins 2006 noch nicht ganz stilsicher auftrat und sich nur wenig um ihr Aussehen zu scheren schien und Nummer zwei zwar gefällig, aber auch unauffällig unterwegs war, hat Chef-Designer Peter Schreyer der Neuauflage einen Maßanzug mit Anleihen von der Sport-Limousine Stinger geschneidert, der um einiges ist als die VolkswagenStangenware. Und endlich haben die Verantwortlichen in Seoul gemerkt, dass man in Europa auch Wert auf einen schicken Innenraum legt. Sie haben den Interieur-Designern mehr Spielraum gegeben.
Das Ergebnis: Ein modernes, übersichtliches Cockpit mit einfach zu bedienendem Infotainment-System mit bis zu acht Zoll großem Touchscreen und einer induktiven Ladeschale fürs Smartphone; technische Top-Lösungen wie ein volldigitales Kombiinstrument sucht man allerdings vergebens – hier lässt sich VW dann doch noch nicht den Schneid abkaufen. Bei den Assis- tenzsystemen kann der Kia wiederum punkten: Der Ceed bremst automatisch, hält den Abstand zum Vordermann, bleibt in der Spur und parkt auf Wunsch alleine ein.
Bei der Motorenpalette ist wiederum Zurückhaltung angesagt: Die drei Benziner (Zwei Turbos, ein Sauger) und zwei Diesel leisten zwischen 100 und 140 PS und sind damit eher Brot-und-Butter- als Spaßtriebwerke und der Sportskanone Golf GTI kann der Ceed schon gar nichts entgegensetzen. Mag sein, dass sich das noch ändert: Die Markenschwester Hyundai tritt mit dem i30 N seit kurzer Zeit in genau diesem Segment an, und da Kia ohneaufregender hin – nach Fünftürer (ab sofort) und Kombi (ab Herbst) – ein sportliches „Shooting-Brake“-Modell nachreicht, stehen die Chancen auf etwas mehr Leistung vielleicht gar nicht schlecht.
Bis es so weit ist, ist dem stärksten Benziner der Vorzug zu geben. Der 15990 Euro teure Einstiegs-Sauger mit 100 PS kam schon im Vorgänger nicht wirklich vom Fleck und schluckt mehr Benzin als die beiden anderen, und der 120 PS starke Einliter-Dreizylinder birgt kaum Sparpotenzial: Er verbraucht mit nominal 5,4 Litern nur marginal weniger als das Top-Modell und ist in der gleichen Ausstattung nur gut 1000 Euro günstiger. Für den 1.4er-Turbo (siehe Datenkasten) werden mindestens 22 090 Euro fällig. Der TopOtto kann, wie auch der stärkste Diesel außerdem mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe geordert werden, bei allen anderen ist Handschalten angesagt. Egal zu welchem man greift: Alle Aggregate sind hervorragend gedämmt. Innen ist es angenehm ruhig.
Eine ruhige Kugel muss man mit dem neuen Ceed dagegen nicht schieben: Die Karosserie ist merklich steifer, die Fahrwerks-Ingenieure haben den Unterbau straffer abgestimmt und die Lenkung arbeitet deutlich präziser und gefühlvoller. So verdaut der Kia auch flotte Biegungen problemlos. Und vielleicht ist die sportlichere Auslegung ja sogar ein weiterer Vorbote auf ein stärkeres GT-Modell. Mehr Power verkraften würde der Ceed auf jeden Fall!
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