Ihn fragen nicht nur Räte um Rat
Markus Wöhrle arbeitet seit zehn Jahren in der Bucher Verwaltung. Dabei hatte er erst einen ganz anderen Weg eingeschlagen. Welche Anliegen ihn heute beschäftigen
Markus Wöhrle ist ein waschechter Bucher: Seit seinem zweiten Lebensjahr wohnt er schon in der Marktgemeinde, besuchte dort den Kindergarten, die Grundschule und später auch die Hauptschule. Heute lebt Wöhrle nach wie vor in „seiner“Gemeinde – und arbeitet sogar im Rathaus. Seit fast zehn Jahren ist er in der Verwaltung des knapp 4000-Einwohner-Marktes tätig. Und während dieser Zeit hat sich einiges getan, etwa was die Neubaugebiete in und um Buch angeht.
Das merkt Wöhrle täglich bei seiner Arbeit: Er ist der erste Ansprechpartner wenn es etwa um Baurechtsfragen oder Vergaben geht. „Es sind große Bereiche, mit denen ich mich beschäftige“. Der „Klassiker“, wie Wöhrle sagt, sei das Thema Abstandsflächen bei Garagen. Dazu würden ihn regelmäßig Anrufe erreichen. Allgemein zum Baurecht könnten das pro Woche gut und gerne mal 15 sein, sagt der Hauptamtsleiter. Auch wie, wohin und ob Gartenhäuschen errichtet werden dürfen, werde oft angefragt. „Und dann gibt es natürlich noch die normalen Baugesuche“, erzählt Wöhrle. Sprich: Fragen zu Bebauungsplänen und Grundstücken. Die Pläne mit all den komplizierten Vorgaben seien für viele Bürger häufig nicht verständlich, schließlich würden die meisten Menschen ja auch nur einmal in ihrem Leben bauen. Genau für solche Fälle steht ihnen in Buch der 31-Jährige zur Seite. Und so kommt es schon auch mal vor, dass der Vater von zwei Mädchen beim Sonntagspaziergang oder auf Festen im Ort angesprochen wird. Er höre den Menschen natürlich zu, sagt Wöhrle. Doch er müsse manchmal auch um Verständnis bitten, dass er sich nicht alle Anliegen merken könne – und dass ihm die Einwohner besser eine eine Nachricht ins Büro schicken sollten.
Generell, so Wöhrle, sei heutzutage ein neuer – rauerer – Umgangston zu spüren. „Heute haben viele eine Anspruchshaltung.“Manche würden denken, die Mitarbeiter im Rathaus werden von Steuergeldern bezahlt, dann sollten sie die Anliegen der Bürger auch umsetzen. „Früher hat man versucht einen gemeinsamen Konsens zu finden und konnte mit Kompromissen leben“, sagt der 31-Jährige. Das sei heutzutage in einigen Fällen ein Stück weit verloren gegangen. Wöhrle meint, eine Ursache dafür erkannt zu haben: „Man spricht nicht mehr miteinander.“Die Kompetenz der Menschen gemeinsam über Probleme zu sprechen, gehe verloren, weil sich seit einigen Jahren immer mehr über die sozialen Netzwerke austauschen – und weniger den direkten Weg wählen.
Der Hauptamtsleiter musste sich in seiner Anfangszeit im Rathaus auch selbst daran gewöhnen, beispielsweise Beschwerden über einen zu lauten Hund oder ein zu tiefes Schlagloch nachzugehen. Das sei eine neue Herausforderung für ihn gewesen, da er zuvor in der Buchhaltung des Marktes tätig und somit wenig mit negativen Meinungen konfrontiert worden war. „Da sind die Menschen freundlich zu dir, weil sie ja meistens Geld bekommen“, witzelt Wöhrle. Als ehemaliger Fachbereichsleiter für Bürgerdienste, Sicherheit und Ordnung sei er jedoch vor allem eines gewesen: eine Beschwerdestelle. „Da musstest du dir Lösungen überlegen und im Rahmen von Recht und Gesetz handeln.“Besonders geholfen habe ihm dabei sein Vorgänger Ernst Vill, der zwischen 1978 und 2016 im Rathaus gearbeitet hat. Sein Wissen sei für Wöhrle beeindruckend gewesen, gibt er zu. „Er war im Rathaus ein echtes Urgestein.“Wöhrle lernte viel von Vill, besonders, dass er, wie er bereits selbst sagte, immer „Recht und Gesetz“wahren sollte. Seit 2016 arbeitet der 31-Jährige nun an Vills Stelle als Hauptamtsleiter. Doch eigentlich hatte er einst eine andere Laufbahn eingeschlagen. „Die handwerklichen Berufe waren nicht so mein Ding“, sagt Wöhrle über seine Berufsfindungsphase nach der Hauptschule. Deshalb habe er recht schnell gewusst, dass er in ein Büro wollte. Er besuchte nach seinem Abschluss die Wirtschaftsschule in Senden, machte bei der Illertisser Firma Ruku eine Ausbildung zum Industriekaufmann, arbeitete in Langenau und landete später im Bucher Rathaus. „Mit dem Thema Verwaltung hatte ich mich davor aber noch nicht beschäftigt“, sagt er und lacht. Doch das Einarbeiten als neuer Mitarbeiter habe schnell geklappt und schon wenige Jahre später machte er einen Lehrgang zum Verwaltungsfachwirt. Die nächste Stufe? „Ich könnte mir bei den passenden Rahmenbedingungen
Der Umgangston sei rauer geworden
vorstellen, irgendwann einmal Bürgermeister zu sein.“
Das Wissen über die Gemeinde würde der Bucher, der übrigens sein erstes Lebensjahr in Obenhausen verbrachte, durch seinen Job schon mal mitbringen. Sechs Jahre lang leitete Wöhrle zudem die Feuerwehr Buch als Kommandant und war damit auch der federführende Kommandant der Ortsteilwehren. „Diese Arbeit hat schon so fünf bis sieben zusätzliche Stunden pro Woche in Anspruch genommen.“Ein Zeitaufwand, den es mit einem kleinen Kind zu Hause zu überdenken galt. In diesem Jahr kam seine zweite Tochter zur Welt. Die beiden Mädchen beanspruchen nahezu die ganze Freizeit des Rathaus-Mitarbeiters, sagt er. Aber es sei schön. Deshalb habe er Elternzeit genommen: Drei Tage in der Woche ist er im Rathaus, zwei Tage kümmert er sich zusammen mit seiner Frau Nina, die, wie er in der Bucher Wehr Mitglied ist, um die Kinder. Und auch wenn er viele Abendtermine hat, bereut Wöhrle keine Sekunde seines Jobs. Denn dieser bringe Vorteile mit sich, wie der kurze Weg zur Arbeit – oder nach Feierabend zu seiner Familie. Und noch etwas: „Jeden Tag musst du damit rechnen, dass die Dinge anders laufen, als du dir vornimmst.“
Er arbeitete erst als Industriekaufmann