Illertisser Zeitung

Thyssen braucht wehrhafter­e Kapitalist­en

Der Konzern hat Angreifer aus Schweden und den USA angelockt. Nun kreisen die „Geier“über Essen

- Handelsbla­tt,

VON STEFAN STAHL Die Investoren-„Geier“verjagten mit Ulrich Lehner, 72, einen zweiten renommiert­en Thyssen-Mann. So kündigte der frühere HenkelChef an, sein Mandat als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender des Stahlriese­n niederzule­gen. Die Katastroph­e für die fast 160000 Mitarbeite­r des Konzerns ist perfekt. Die Zukunft des Unternehme­ns wirkt ungewiss. Es könnte, so die Befürchtun­g, zerschlage­n werden. Denn in der „Geier“-Welt gilt die Maxime: Die Summe der Einzelteil­e eines Unternehme­ns ist mehr wert als das Ganze. Was widersinni­g klingt, folgt einem kalten Rendite-Kalkül: Wenn ein Konzern filetiert wird, lassen sich Sparten abspalten und an die Börse bringen. Die Zentrale wird zur reinen Finanzhold­ing.

In solchen Fällen können tausende Arbeitsplä­tze wegfallen. Entspreche­nd groß ist die Empörung im Fall „Thyssen“auf Seiten der Gewerkscha­ft IG Metall und der Politik. So appelliert Kanzlerin Angela Merkel an die Aktionäre des Stahlkonze­rns, das Unternehme­n sollte möglichst breit aufgestell­t bleiben. Der frühere Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel geht noch einen Schritt weiter und schreibt angriffslu­stig im die Poli- so nicht. Zwar ging Hiesinger beim Umbau des Konzerns mit Bedacht vor, aber er fädelte dann doch eine radikale Stahl-Ehe mit dem indischen Tata-Konzern ein, baute Thyssen also um. Was ihm aber zum Verhängnis wurde: Er glaubte, das Ganze sei wichtiger als die Summe der Einzelteil­e. So nahmen die „Geier“Anflug auf Essen.

Wahrschein­lich wären sie ferngeblie­ben, wenn ein mächtiger Investor den Luftraum um Thyssen verteidigt hätte. Daran mangelt es, obwohl die Krupp-Stiftung die Kraft besäße, sich zum Retter aufzuschwi­ngen. Immerhin hält dieser Thyssen-Aktionär 21 Prozent an dem Unternehme­n. Wenn er noch gut vier Prozent hinzugekau­ft hätte, würde das einer Sperrminor­ität gleichkomm­en. Wichtige Beschlüsse könnten blockiert werden. Das riechen Geier von weitem und bleiben meist fern. Doch die KruppLeute agieren erstaunlic­h passiv.

So fühlten sich Hiesinger und Lehner alleingela­ssen. Thyssen hätte wehrhafter­e Kapitalist­en verdient. Die Soziale Marktwirts­chaft muss in der Heimat verteidigt werden. Sonst reisen Geier legal ein und betreiben ihr Geschäft. Es mag amoralisch sein, aber es ist legal.

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Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Dunkle Mächte haben ThyssenKru­pp angegriffe­n.

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