Leitartikel
Der Internet-Riese missbraucht seine Wettbewerbsstärke. Deshalb hat die EU den Konzern abgestraft. Doch nur die USA können dessen Macht brechen
Was für eine Anmaßung: Die Google-Muttergesellschaft hat sich selbst einst Alphabet getauft. Kulturgeschichtlich könnte der US-Riese kaum verwegener nach den Sternen greifen. Denn Sprache und Schrift sind sicher die wichtigste Hervorbringung der Menschheit.
Immerhin sind die amerikanischen Internet-Gurus davor zurückgeschreckt, sich gleich Gott zu nennen, obwohl sie sich oft wie ein solch höheres Wesen gerieren. So hatte doch der Google-Vordenker Eric Schmidt einst ein MaximalMaß an Hybris offenbart. Im Überschwang der Macht schwadronierte er: „Wir wissen, wo du bist. Wir wissen, wo du warst. Wir wissen mehr oder weniger, worüber du nachdenkst.“Google ist also Big Brother und wir füttern den großen Bruder brav und kostenlos mit dem wertvollen Gut, eben Informationen. Wir sind also zum Teil selbst schuld daran, dass Google von einer einst gesellschaftlich akzeptablen Suchmaschine zu einem allumfassenden Daten-Beherrschungs-Monster herangereift ist, das immense Barreserven aufhäuft, wie sie für unsere Daimlers und BMWs utopisch sind. So hat der Such-Gigant im zurückliegenden Quartal 3,2 Milliarden Dollar verdient. Ohne die gut fünf Milliarden Dollar kräftige Strafe Brüssels wären es 8,3 Milliarden gewesen.
Zu solch horrenden Gewinnen trägt auch bei, dass der Konzern in Europa kaum Steuern zahlt, sich also seiner gesellschaftlichen Verantwortung trotz aller Beteuerungen weitgehend entzieht. Das einstige Google-Motto „Dont’t be evil“, sei nicht böse, hat nicht gefruchtet.
Das Unternehmen ist zwar sehr innovativ und deshalb bewundernswert, aber eben auch böse, also ein – moralisch betrachtet – seltsames Mischwesen. Der frühere Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprach in Bezug auf InternetGiganten wie Google von „totalitären Tendenzen“. Der SPD-Mann brachte eine „Entflechtung“des Schwerstgewichtes ins Gespräch. Ein kluger Gedanke, der auf die überfällige Zerschlagung des Google-Imperiums hinausliefe.
Die überbordende Macht des USKonzerns muss gebrochen werden. Die Verbraucher wagen nicht die Revolte gegen den so praktischen Such- und Findefreund, zu komfortabel ist es, mit Google Maps den Weg zu einem Restaurant zu finden. Ja, wie schnell lässt sich mit Google Earth klären, ob das angepeilte Ferienhaus wirklich nur an einer kleinen Straße liegt. Die Axt gegen Google kommt also nicht von unten, sie wird besser von oben angesetzt. Europa kann das Daten-Monster selbst mit Rekordstrafen nicht niederringen. Die Initiative dafür muss aus den USA selbst kommen, wie einst bei der Zerschlagung der Standard Oil Company. Brüssel ist nur in der Lage, Google mit spitzen Stöckchen an den Beinen zu piksen. Die von der EU verhängte Strafe von gut fünf Milliarden Dollar wegen Missbrauchs der Marktmacht tut Google nur vorübergehend weh. Mehr schmerzt den Riesen die Auflage, den Missbrauch der Marktmacht abzustellen. Da Google aber gegen die EU-Entscheidung gerichtlich vorgeht, was Jahre dauern kann, versucht der Konzern erst einmal weiterzumachen wie bisher.
Der große Bruder umarmt also die Menschen und macht ihnen das Leben so leicht, dass sie seinem Zauber verfallen. Ehe aber der perverse Traum des Firmen-Gründers Larry Page, irgendwann werde die Google-Suche in das Gehirn der Menschen integriert, wahr wird, muss Amerika den Albtraum beenden. Da könnte sich Trump mal wirklich um die Menschheit verdient machen. Ihm fällt das viel leichter als demokratischen Politikern, deren Partei, wie die Ära Obama gezeigt hat, zu stark vom Wohlwollen Googles abhängig ist.
Trump könnte sich um die Menschheit verdient machen