Illertisser Zeitung

Amerikaner machen’s Romatisch

Christiana Liberis und Michael Hey aus den USA haben im Barocksaal begeistert. Wie ihnen das gelang

- VON REGINA LANGHANS

Die Freunde von Kultur im Schloss hatten ihrem Publikum vor der Sommerpaus­e nochmals besonderen Konzertgen­uss angekündig­t – und dabei nicht zu viel versproche­n: Zwei ungewöhnli­che Nachwuchsk­ünstler aus Amerika, die Geigerin Christiana Liberis und Michael Hey am Klavier haben den Barocksaal mit hochromant­ischen Klängen gefüllt, und für ihre Interpreta­tionen großen Applaus erhalten. Es mussten zusätzlich­e Stühle aufgestell­t werden, und zu hören gab es schwer zu spielende Literatur. Dabei war der Pianist nicht Begleiter, sondern ebenbürtig­er Musiker und hatte in seinem Part das Volumen eines ganzen Orchesters aufzubiete­n, wie Timo Handschuh, Generalsmu­sikdirekto­r des Theaters Ulm, als Moderater erklärte. Er hatte Hey als Organisten in New York spielen gehört und ihn mit seiner musikalisc­hen Partnerin nach Deutschlan­d geholt.

Sein Konzert im Barocksaal eröffnete das Duo mit dem überaus rasant vorgetrage­nen Paradestüc­k Tambour Chinois, das der österreich­ische Geiger und Komponist Fritz Kreisler 1910 verfasst hat. Liberis setzte dafür mit kantigen Bogenstric­hen und ausdrucksv­ollem Vibrato ein. Ihren Stil hielt sie den ganzen Vortrag durch, auch bei den vielen von Kreisler eingebaute­n Raffinesse­n und technische­n Herausford­erungen. Es war, als ob die Geigerin sämtliche Schwierigk­eitsgrade im Zeitraffer durchteste­n wollte, um sich für die anschließe­nden Sonaten mit je vier Sätzen schon mal warmzuspie­len.

Während Michael Hey beim Kreislerst­ück untermalen­de Funktion hatte, war er mit der Sonate für Violine und Klavier in A-Dur von César Franck gleicherma­ßen virtuos gefordert wie seine Duo-Partnerin. Dabei zeichnete sich Hey, dessen musikalisc­he Heimat unter anderem an der Orgel in Amerikas größter Kathedrale Saint Patricks in New York ist, mit überaus differenzi­ertem Spiel am Flügel aus. Er steigerte sich in eine fließende Dynamik und erzeugte eine Klangfülle, der etwaige technische Grenzen des Instrument­s nicht anzumerken waren. Dem setzte Christiana Liberis ihr hochromant­isch schwelgeri­sches Spiel gegenüber. Die Sinnlichke­it der Romantik zum ausgehende­n Jahrhunder­t, dem „Fin de siécle“, die der franko-belgische Komponist in seine berühmte Violinsona­te von 1886 gelegt hat, war fast körperlich spürbar.

Ihr folgte die Sonate für Violine und Klavier in d-Moll von Johannes Brahms, die zeitgleich 1886 entstand. Brahms habe sich beim Komponiere­n des Werks am Können großer zeitgenöss­ischer Pianisten und Geiger orientiert, so die Erläuterun­gen von Moderator Handschuh. Die Künstler meisterten ihren Part, ohne sich gegenseiti­g den Rang abzulaufen, indem sie gemeinsam auf ein opulentes, von Brahms dramatisch angelegtes Finale zusteuerte­n. Die Geigerin hatte ihre besondere Klangästhe­tik konsequent bis zum Schluss durchgezog­en, wobei sie nicht fürchten musste, bei tragenden Rollen des Pianisten vom Volumen des Flügels überboten zu werden. Ihr schwelgeri­sches Spiel stand dem entgegen, mitunter gar zu eigenen Ungunsten, indem für ihre hervorrage­nde Technik und glasklare Intonation kaum Gelegenhei­t zur Beachtung bestand. Das Duo war sichtlich im Barocksaal angekommen.

Es handelte sich um seinen ersten Deutschlan­dbesuch – und einzigen gemeinsame­n Gastauftri­tt. Michael Hey hat noch Gelegenhei­t zu einem Konzert im Ulmer Münster, dann zieht es die beiden Künstler aus den USA in die europäisch­en Nachbarsta­aten.

 ?? Foto: Regina Langhans ?? Nachwuchsk­ünstler aus Amerika spielen erstmals in Deutschlan­d und im Barocksaal in Illertisse­n. Auf dem Bild Christiana Liberis mit Geige, Michael Hey am Flügel, da hinter Timo Handschuh beim Umblättern.
Foto: Regina Langhans Nachwuchsk­ünstler aus Amerika spielen erstmals in Deutschlan­d und im Barocksaal in Illertisse­n. Auf dem Bild Christiana Liberis mit Geige, Michael Hey am Flügel, da hinter Timo Handschuh beim Umblättern.

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