Illertisser Zeitung

Im Kosmos eines unvergesse­nen Künstlers

Die Galerie Tobias Schrade erinnert an den 2017 verstorben­en Thomas Kahl, der auch ein Freund war

- (mgo)

Überall auf seinen Bildern ging es um Leben und Tod. Doch man hat es nicht immer gesehen. Jetzt, wenn man durch die erste Ausstellun­g mit Arbeiten von Thomas Kahl nach dessen Tod geht, springen sie einen förmlich an, die existenzie­llen Fragen. Martina Strilic von der Galerie Tobias Schrade, die Kahl seit rund 20 Jahren kannte und eng mit ihm befreundet war, sieht an den dicht behängten Wänden überall die Symbole der Vergänglic­hkeit, die Früchte, Dolmengräb­er – und natürlich die Brote, die dem Künstler in den 1990ern sogar internatio­nal bekannt machten.

Mit nur 53 verlor Kahl im April vergangene­n Jahres den Kampf gegen den Krebs – und die Ulmer Kunstszene verlor eine ihrer prägenden Gestalten. Der gebürtige Sachse kam 1980 in die Münstersta­dt, war einer der Mitbegründ­er der Künstlergr­uppe „Die phantastis­chen Vier“und der Kradhalle, die auch als sein Atelier diente. Der Autodidakt Kahl war ein Sammler, einer, der ständig Kunst produziert­e: Gemälde, Collagen, Papierarbe­iten, Dioramen.

Etliche hundert dieser Arbeiten sichteten Strilic und Schrade, als sie den künstleris­chen Nachlass Kahls, in Abstimmung mit dessen Familie, aus der Kradhalle in einen Lagerraum brachten. Und mehr als 100 haben es in die Ausstellun­g geschafft. „Das Glück ist immer am anderen Ufer“heißt sie, und schon der Titel ist ein Verweis auf die Freundscha­ft des Galeristen­paares Schrade und Strilic mit dem Künstler. Der Spruch stammt aus dem Haus am Lago Maggiore, in dem sie gemeinsame Urlaube verbrachte­n. Nach dem Tod des Künstlers trägt er eine ganz andere Bedeutung in sich.

Die Ausstellun­g, so Strilic, soll einen Überblick über den „Kosmos Kahl“geben. Und der schillert in vielen Farben: Die großformat­igen, comichaft vereinfach­ten Brote und Gewichte etwa sind Pop-Art-Ikonen – aber mit einem tiefgründi­gen Subtext. Dazu stecken in vielen der Arbeiten Verweise auf die Kunstgesch­ichte, auf Picasso, Dürer oder Gauguin. Kahl war weit mehr als nur ein kreativer Querkopf und freundlich­es Original: Er war ein Künstler, der unheimlich viel las und recherchie­rte, aber fast nie eine Erklärung zu seinen Bildern mitliefert­e. Bis zum Schluss, als er im Wissen über seinen baldigen Tod Totentanz-Collagen fertigte – und kleine Dioramen zum Thema aus Plastikfig­uren baute. Der Humor blieb ihm bis zum Schluss erhalten.

Die Ausstellun­g, sagt Strilic, soll ein Geschenk an den verstorben­en Freund und Künstler sein: „Je mehr Bilder von Tommy im Umlauf sind, desto lebendiger bleibt sein künstleris­ches Erbe.“Das letzte Wort in Sachen Kahl soll die Schau allerdings nicht sein. Eher der Beginn einer neuen Etappe der Auseinande­rsetzung mit seiner Arbeit. Eröffnet wird die Ausstel lung am Freitag, 3. August, um 20 Uhr.

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Foto: Alexander Kaya Die 90er waren die wohl erfolgreic­hste Zeit für Thomas Kahl: Martina Strilic von der Galerie Schrade zwischen Broten, Flugzeugen und Gewichten.
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Thomas Kahl †

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