Mit Gewalt führt kein Weg zum Glück
Hans Neuenfels hat für die Salzburger Festspiele Tschaikowskys Oper „Pique Dame“inszeniert. Ein Stoff wie geschaffen für diesen Meisterregisseur. Und dann steht da noch ein anderer Großmeister am Pult
Ein Abend düsterer Leidenschaft, wendischen Schicksals, tiefer Tragik. Unheilverkündende Fanfaren und Orchesterschläge, die Oboe klagt, die Celli verfallen in Schwermut. Peter Tschaikowsky war selbst ein Geschlagener, dem gab er kompositorisch auch Raum und Stimme. Wenige können das so adäquat dirigieren wie Mariss Jansons, ein Lette zwar, aber grundlegend ausgebildet in Leningrad, einst und heute wieder St. Petersburg. Wie Jansons jetzt im großen Salzburger Festspielhaus den dunklen Strömungen und Unterströmungen von Tschaikowskys GlücksspielOper „Pique Dame“, die ja in jenem St. Petersburg spielt, zu strudelförmiger Wirkung verhalf, war groß, ganz groß – auch wenn die Wiener Philharmoniker mitunter nicht punktgenau auf dem Posten waren und es gelegentlich wackelte.
Und einer, der sich schon seit Jahrzehnten hineinbohrt in die dunklen Strömungen und Unterströmungen von gefährdeten Existenzen, das ist Hans Neuenfels, dieser mittlerweile 77-jährige Regisseur, ner szenischen Vision klar wird, dass sie mit dem Fürsten Jelezki auch die Rolle einer vielfachen Mutter im goldenen Käfig annehmen würde. Wenn sie bei einer RokokoSchäferspiel-Aufführung im Hause Jelezki den Parabel-Charakter der kleinen Fest-Aufführung erkennt: die notwendige Entscheidung zwischen Geld und Liebe. Wenn die Petersburger Gesellschaft vor der Zarin Katharina – ein gekröntes Skelett – in konvulsivischen Zuckungen auf die Knie geht. Und wenn die geheimnisumwobene Gräfin, eine Lebensmüde, den gewaltbereiten Hermann als eine Art letzten Liebhaber empfängt. Sie ist quasi ihm und sich selbst ein Todesengel. Das sind noch immer große theatralische Momente in einer Regie, die „Pique Dame“als Konfliktstoff zwischen Gesellschaft und Individuum bildwirksam und klug beleuchtet. Kein Volltreffer, aber ein Gewinn. Wenn jede Salzburger Neuproduktion diese Kraft hätte…
Bedauerlich, dass ausgerechnet die Titelrolle in dieser russischsprachigen Wiedergabe mit vielen Originalsprachlern nicht optimal besetzt war. Brandon Jovanovich als
Ein Stoff wie geschaffen für diesen Regisseur Wiederbegegnung mit Hanna Schwarz