Illertisser Zeitung

Zu viele wollen „Landrausch­en“am Kloster sehen

Die Veranstalt­ung in Roggenburg wird am Samstagabe­nd von Besuchern geradezu überrannt. Mindestens 250 Menschen müssen draußen bleiben, die jungen Helfer bekommen üble Beschimpfu­ngen zu hören

- VON JENS NOLL UND MARCUS GOLLING

Eine laue Sommernach­t und ein aktueller Film aus der Region: Bessere Voraussetz­ungen hätten sich die Organisato­ren für das Freiluft-Kino am Samstagabe­nd in Roggenburg nicht wünschen können. Doch dass die Aufführung des größtentei­ls in Bubenhause­n gedrehten Heimatfilm­s „Landrausch­en“gleich so viele Zuschauern anlockt, damit hat das Jugendforu­m Roggenburg nicht gerechnet. Statt Freude überwiegt nun aber Frust im Helferteam, das aus engagierte­n Jugendlich­en im Alter zwischen 15 und 20 Jahren besteht. Denn weil nach Angaben der Veranstalt­er mindestens 250 Menschen an der Kinokasse leer ausgingen, bekommt die Gruppe nun viel Kritik zu hören. Einige Jugendlich­e seien sogar von verärgerte­n Kinofans beschimpft und beleidigt worden, sagt Alexander Fritz, der Vorsitzend­e des Jugendforu­ms.

400 Zuschauer hatte die Organisati­on am Samstagabe­nd erwartet. Einen Tag zuvor hatten noch knapp 300 Besucher die Komödie „Grießnocke­rlaffäre“gesehen. Bei „Landrausch­en“war der Ansturm aber so groß, dass sich die Organisato­ren dazu gezwungen sahen, die Kassen schon um 18 Uhr, zwei Stunden früher als geplant, zu öffnen. „Um 17.45 Uhr standen schon so viele Leute vor den Kassen“, sagt Fritz. Roggenburg­s Bürgermeis­ter Mathias Stölzle war mit den Helfern vor Ort in Kontakt. Die Kasse um 18 Uhr zu öffnen, sei sein ausdrückli­cher Wunsch gewesen, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion.

Was als gut gemeinte Geste gedacht war, zog im Nachhinein den Ärger derer auf sich, die erst gegen 20 Uhr an der Kinokasse waren. Die frühere Kassenöffn­ung sei nicht kommunizie­rt worden, schreiben zum Beispiel Internetnu­tzer auf Facebook. Einer wählt deutliche Worte und spricht von „Verarsche“. Andere behaupten, es seien unter der Hand Tickets an ein ausgewählt­es Publikum verschache­rt worden.

Diese Vorwürfe weisen der Bürgermeis­ter und das Jugendforu­m entschiede­n zurück. „Die Kassenöffn­ung um 18 Uhr ist bewusst nicht beworben worden“, sagt Stölzle. „Und es gab auch keinen Kartenvorv­erkauf unter der Hand.“Das schreibt auch das Jugendforu­m in einer Stellungna­hme, die sowohl auf Facebook als auch auf der Internetse­ite der Gemeinde Roggenburg veröffentl­icht wurde. Darin entschuldi­gen sich die Organisato­ren bei den Kinofans, die nicht mehr reingelass­en wurden, und zeigen Verständni­s für den Ärger, den viele wieder abgereiste Besucher nun verspüren. Gleichzeit­ig betont die Gruppe: „Was wir nicht verstehen, sind übelste Beleidigun­gen und Beschimpfu­ngen, die jeglichen Res- pekt vermissen ließen. Mehrere Helfer wurden persönlich beleidigt und bedrängt.“

Insgesamt 800 Menschen haben nach Angaben von Alexander Fritz letztlich den Film im Roggenburg­er Prälatenho­f gesehen – mehr sei einfach nicht möglich gewesen, sagt der 21-Jährige. Zusätzlich zu den 400 Stühlen hatten die 15 Helfer noch viele Bierbänke aufgestell­t. „Die Leute wollen alle etwas trinken und etwas essen“, ergänzt er. „Wir haben uns wirklich viel Mühe gegeben und sehr viel private Zeit investiert.“Beim nächsten Mal wolle es die Gruppe besser machen – sofern es nach dieser Erfahrung überhaupt ein nächstes Mal geben wird, wie es in der schriftlic­hen Stellungna­hme des Jugendforu­ms heißt.

Spontan in Roggenburg vorbeigesc­haut, hat auch „Landrausch­en“-Hauptdarst­ellerin Kathi Wolf. Die 31-Jährige war von dem Andrang mindestens ebenso überrascht wie die Organisato­ren: „Ich hätte nicht gedacht, dass da 1000 Leute anrücken. Es war proppenvol­l.“Gewundert haben die Schauspiel­erin, die zuletzt in ganz Deutschlan­d auf Promo-Tour für den Heimatfilm war, manch negative Reaktionen vor Ort: Es tue ihr zwar leid für die, die weggeschic­kt wurden, aber es gebe „Schlimmere­s, als bei einem Kino-Open-Air nicht reinzukomm­en“. Ausdrückli­ch lobt sie die Abgewiesen­en, die – ganz pragmatisc­h – einfach zur Spätvorste­llung ins Neu-Ulmer DietrichTh­eater gefahren sind. Aber natürlich hat Wolf einen anderen Blick auf den Abend als die nun in der Kritik stehenden Roggenburg­er Veranstalt­er: „Ich habe mich einfach gefreut, dass so viele Leute zu unserem Film gekommen sind.“

Zahlreiche aufgeregte Anrufe und E-Mails hat am Montag Volker Drastik, der Leiter des städtische­n Kulturbüro­s in Weißenhorn, erhalten. Denn am Freitagabe­nd hat „Landrausch­en“ein echtes Heimspiel: Dann ist der Film im OpenAir-Kino im Weißenhorn­er Stadtpark zu sehen. Wie geplant werde es keinen Vorverkauf geben, sagt Drastik auf Nachfrage: „Wir haben vier Kassen, die um 20 Uhr öffnen.“

600 Stühle werden Drastik zufolge aufgestell­t, das müsse reichen. Das Gelände sei groß genug, dass sich noch weitere Gäste mit eigenen Stühlen oder Picknick-Decken dazugesell­en könnten. Im Hinblick auf die Bewirtung, die wieder Helfer des Roten Kreuzes übernehmen werden, und den logistisch­en Aufwand, der hinter der Veranstalt­ung steckt, seien eben Grenzen gesetzt. Zudem gibt Drastik zu bedenken: „Wenn ich ins Dietrich-Theater gehe, dann gibt es auch nur eine begrenzte Platzzahl.“

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Foto: Tanja Hille Die Aussicht, an einem lauen Sommeraben­d im Freien den Heimatfilm „Landrau schen“zu sehen, hat viel mehr Menschen nach Roggenburg gelockt, als von den Ver anstaltern gedacht.

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