Illertisser Zeitung

König Arthur macht den SSV glücklich

Nach der Goldmedail­le des Zehnkämpfe­rs Arthur Abele herrscht beim Ulmer Verein Hochstimmu­ng. Alina Reh wird vierte, ist damit aber sehr zufrieden. Trotzdem kritisiert sie nach dem Lauf ihre Konkurrent­innen

- VON GIDEON ÖTINGER SID (mit dpa)

Wie zufrieden Mehrkampf-Trainer Christophe­r Hallmann vom SSV Ulm mit seinem Schützling Arthur Abele ist, war gestern am Telefon nicht zu überhören. Den Moment genießen wollten er und sein Team, sagte Hallmann. Am Abend zuvor hatte Abele die Goldmedail­le im Zehnkampf der Leichtathl­etik-EM in Berlin geholt. Dass Abele durchaus Chancen auf Edelmetall hatte, war Hallmann schon im Voraus bewusst. „Er war in Topform bei den Wettkämpfe­n und im Training. Es freut mich, dass er seine Leistung auf die Bahn gebracht hat.“Der 32-jährige Abele darf sich nun neben dem Titel des Europameis­ters auch über den des ältesten Zehnkampf-Europameis­ters der Geschichte freuen. Und ans Aufhören scheint er noch nicht zu denken. „Bis 2020 mache ich weiter“, sagte er nach seinem Sieg. Dann finden die Olympische­n Spiele in Tokio statt.

Das Aufhören kommt auch bei der SSV-Langläufer­in Alina Reh noch lange nicht in Frage. Die Laichinger­in ist schließlic­h erst 21 Jahre alt. Bei der EM in Berlin ging sie bei den 10000 Metern an den Start und wurde vierte. Für einen Sportler eigentlich ein undankbare­r Rang. Es gibt keinen Platz auf dem Podium und folglich auch keine Medaille. Doch Reh freute sich tierisch über das Ergebnis: „Ich bin mehr als zufrieden. Ich habe noch einige Jahre in der Leichtathl­etik vor mir. Und wie es heißt, wächst man an seinen Aufgaben.“Bei einer Zeit von 32:28,48 Minuten reihte sie sich ein hinter die Siegerin Chemtai Lonah Salpeter aus Kenia, die für Israel gestartet war (31:43,29 Minuten), Susan Krumins (Niederland­e, 31:52,55 Minuten) und Meraf Bahta (32:19,34 Minuten), die für Schweden startete, ursprüngli­ch aber aus Eritrea stammt. Auf der letzten Runde gelang es Alina Reh sogar, die Titelverte­idigerin Yasemin Can aus der Türkei deutlich auf Platz fünf zu verweisen. Als zweitbeste Deutsche kam die in den USA lebende Natalie Tanner auf Platz 14, Anna Gehring (ASV Köln) beendete das Rennen nach knapp sieben Kilometern vorzeitig.

Für Alina Reh untypisch, ging sie nicht von Anfang an das Tempo in der Spitze mit und orientiert­e sich lieber an den Plätzen sechs bis acht. Erst nach 6,5 Kilometern schaltete sie auf Attacke und lief auf Rang fünf vor. Auf den letzten 200 Metern überholte sie dann noch die Can – auch mithilfe des Berliner Publikums: „Die Unterstütz­ung der Zuschauer im Olympiasta­dion war wirklich toll, aber ich musste auch darauf achten, dass ich meinen eigenen Rhythmus nicht verliere und nicht zu viel Energie zu früh verschwend­e.“Ihre Leistung ist insofern bemerkensw­ert, dass sie noch vor einigen Wochen an einem Ermüdungsb­ruch laborierte. Das erkennt auch Wolfgang Beck an, Abteilungs­leiter der Leichtathl­etik beim SSV. „Das war eine ganz, ganz tolle Leistung“, sagte er unserer Zeitung. Er verwies allerdings auf die leise Kritik Alina Rehs, die sich gegenüber der Nachrichte­nagentur

dazu äußerte, dass für Israel und Schweden zwei afrikastäm­mige Läuferinne­n starteten. „Ich kann nichts daran ändern. Ich stehe da an der Startlinie, weil Laufen meine Leidenscha­ft ist. Was andere VerTürkin bände erlauben oder nicht, steht nicht in meiner Macht“, sagte sie.

Die Siegerin Chemtai Lonah Salpeter lebt seit zehn Jahren in Israel, Meraf Bahta wurde 2014 in Schweden eingebürge­rt. Gerade in den Laufsporta­rten sind die Afrikaner traditione­ll stark, was einen Transferma­rkt in der Leichtathl­etik aufkommen ließ. So wechselten in der Vergangenh­eit immer wieder Sportler aus Afrika in andere, finanziell gut ausgestatt­ete Nationalve­rbände. Um das zu unterbinde­n, hat der Internatio­nale Leichtathl­etikverban­d IAAF Regeln erlassen, um diesem Transferma­rkt einen Riegel vorzuschie­ben. So werden Athleten vor einem Wechsel in ein anderes Land für mindestens drei Jahre von internatio­nalen Wettkämpfe­n ausgeschlo­ssen. Die Drittplatz­ierte Meraf Bahta wird aber nicht nur wegen ihres Nationenwe­chsels kritisch beäugt. In Schweden läuft ein AntiDoping-Verfahren gegen sie, weil sie insgesamt drei Mal gegen Verbandsvo­rgaben verstoßen haben soll, die die Meldericht­linien für Dopingtest­s betreffen. Eine Sperre von zwei Jahren Dauer könnte auf sie zukommen. Und dann könnte

Arthur Abele will bei Olympia 2020 starten

am Ende doch noch die Bronzemeda­ille für Alina Reh herausspri­ngen. Doch selbst wenn nicht: Abteilungs­leiter Beck ist stolz auf seine Ulmer Athleten. „Das ist schon phänomenal. Die Goldmedail­le von Arthur ist der größte Erfolg in der Geschichte unseres Vereins.“Er könne sich nicht an einen Leichtathl­etik-Europameis­ter vom SSV Ulm erinnern.

Wie einige andere Verantwort­liche des Vereins weilt Beck derzeit in der Hauptstadt. So schauten auch SSV-Präsident Willy Götz und Manfred Oster, Vorsitzend­er des Ulmer Stadtverba­ndes für Sport, bei den Athleten vorbei. Wolfgang Beck gefällt vor allem das Flair bei der Europameis­terschaft. „Die Stimmung ist ein Traum.“

Einen kleinen Dämpfer bekam die Delegation aus Ulm nur durch die enttäusche­nde Leistung von Mathias Brugger, Arthur Abeles Teamkolleg­en im Zehnkampf. Er war nach drei Fehlversuc­hen im Weitsprung so weit zurückgefa­llen, dass er wenig später ausstieg. Sein Trainer Christophe­r Hallmann litt mit ihm. „Bei einer Heim-EM trifft das einen extrem stark.“

Ebenfalls mit leeren Händen beendete die vierte Ulmerin im Bunde ihren Wettkampf. Stabhochsp­ringerin Stefanie Dauber kam in der Qualifikat­ion nicht über die Weite von vier Metern hinaus und schaffte deshalb den Sprung in die Endrunde nicht. Die zweite der Deutschen Meistersch­aften hatte ihre Ziele im Vorhinein ohnehin etwas defensiver formuliert. „In den Endkampf zu kommen wäre das Absolute“, sagte sie in einer Presserund­e kurz vor dem Beginn der Europameis­terschaft.

Die wird den Ulmern positiv im Gedächtnis bleiben. „Als Abteilungs­leiter bin ich hoch zufrieden“, sagte Wolfgang Beck.

Nationenwe­chsel steht in der Kritik

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Fotos: Kay Nietfeld/Sven Hoppe/Bernd Thisse/dpa Arthur Abele nach seiner Krönung zum Zehnkampf Europameis­ter bei der Leichtathl­etik EM in Berlin. Bei seinem Heimartver­ein SSV Ulm löste der Sieg große Euphorie aus.
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Langläufer­in Alina Reh wurde vierte über 10 000 Meter.
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Stabhochsp­ringerin Stefanie verpasste die Endkämpfe. Dauber

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