Illertisser Zeitung

„Hier wurden Grenzen ausgeteste­t“

Gerichtspr­äsidentin Ricarda Brandts zwingt die Politik, den Islamisten Sami A. zurückzuho­len. Sie erhebt schwere Vorwürfe: Es gebe erhebliche­n Druck auf die Gerichte

- Was meinen Sie genau? Welche Folgen hat das?

Frau Brandts, wie blicken Sie auf die vergangene­n Wochen und den juristisch­en und politische­n Streit um Sami A. zurück?

Der Fall des Sami A. wirft Fragen zu Demokratie und Rechtsstaa­t – insbesonde­re zu Gewaltente­ilung und effektivem Rechtsschu­tz – auf. Hier wurden offensicht­lich die Grenzen des Rechtsstaa­tes ausgeteste­t. In der Politik, im Landtag und in der Landesregi­erung sollten die Verantwort­lichen sehr genau analysiere­n, wie die Ausländerb­ehörde und möglicherw­eise das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e, kurz Bamf, mit dem Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen umgegangen sind. Ich möchte mahnen, dass ein solcher Umgang nicht zum Standard wird.

Dem Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen wurden Informatio­nen bewusst vorenthalt­en, um eine die Abschiebun­g des Sami A. möglicherw­eise störende rechtzeiti­ge Entscheidu­ng des Gerichts über ein Abschiebun­gsverbot zu verhindern.

Folge ist zunächst der am Mittwoch vom OVG in zweiter Instanz entschiede­ne Rechtsstre­it um die Frage der Rückholung von Sami A. aus Tunesien. Wäre die Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichts über das Fortbesteh­en der Abschiebun­gshinderni­sse abgewartet worden, hätte der Flug nach Tunesien am Morgen des 13. Juli nicht stattgefun­den.

„Ich möchte mahnen, dass ein solcher Umgang nicht zum Standard wird.“Ricarda Brandts, Nordrhein Westfalens ranghöchst­e Richterin

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Fotos: Friso Gentsch, dpa Richterin Ricarda Brandts sieht das Vertrauens­verhältnis zwischen Behörden und Justiz beschädigt. Brandts hatte am Mittwoch entschiede­n, dass die Abschiebun­g von Sami A. zu Unrecht geschehen war.
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NRW Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) wirft den Richtern vor, sie hätten das Rechtsempf­inden der Bevölkerun­g nicht ausreichen­d im Blick.

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