Rasen, drängeln und dicht auffahren: Wie gefährlich ist es auf der A7?
Die jüngsten Berichte von vielen Unfällen auf der wichtigen Nord-Süd-Tangente haben eine Debatte über rüde Sitten im Straßenverkehr entfacht. Was der Automobilclub dazu sagt – und wie man trotz allem entspannt ankommt
Auch wenn die A7 in der Region laut Verkehrsbeobachtern nicht als Unfallschwerpunkt gilt – gekracht hat es zwischen Hittistetten und Memmingen zuletzt häufiger. Alle paar Tage mussten die Beamten der Autobahnpolizei ausrücken. Woran das liegt? Darüber wurde nach den Berichten unserer Zeitung im Netz viel diskutiert. Die Bilanz kann ernüchtern: Auf der A 7 wird offenbar recht rücksichtslos gefahren, davon schreiben auf Facebook mehrere Leser, die sich auf der Strecke auskennen. Rasen, drängeln und riskante Manöver: Das alles scheint auf der A 7 zum Alltag zu gehören. Ebenso wie Konflikte zwischen Autofahrern und Lastwagenlenkern. Und eine Einschätzung des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs (ADAC) belegt – der Ton auf den Straßen wird rauer. ● Mitte Juli stoßen vier Wagen zwischen Illertissen und Vöhringen zusammen, einer überschlägt sich, drei Menschen werden verletzt. Anfang August verliert eine Frau die Kontrolle über ihr Auto und prallt bei Altenstadt gegen die Leitplanke. Die Fahrerin wird leicht verletzt. Einige Tage später regnet es: Zwei Autos kommen ins Schleudern, die Fahrer waren wohl zu schnell unterwegs. Eine schwangere Beifahrerin hat Glück, sie bleibt unverletzt. Gleich vier Zusammenstöße ereignen sich am vergangenen Sonntag, zwei Personen werden leicht verletzt. ● Eine Leserin wundert sich auf Facebook über die zahlreichen Unfälle auf der A7, für die es keinen ersichtlichen Grund gebe. Eine andere schreibt: „Allgemein fährt kaum mehr jemand rechts, trotz Rechtsfahrgebot. Zu viele rücksichtslose, unvorsichtige Egoisten unterwegs.“Ein Diskutant meint, Lastwagenfahrer seien an vielen Unfällen beteiligt. Das will der Berufsstand nicht auf sich sitzen lassen: Permanent würden sich Autofahrer nach dem Überholen „im letzten Moment“vor die Brummis drängen, schreibt ein Leser. Lastwagenfahrer müssten dann „auf Biegen und Brechen Platz machen“. Da komme es zu Unfällen. Ein Kollege bestätigt: Autofahrer würden in Baustellen überholen, auch vor Baustellen und Stauenden – und dann „reinziehen und voll auf die Bremse“. Ein Dritter schreibt: Er fahre die Strecke vier bis sechs Mal pro Tag – es seien meistens Autos, die die Unfälle verursachten. Krass urteilt ein weiterer Fahrer: „Da brems’ ich gar nicht mehr.“
Derweil überlegt ein anderer Leser: Zeitdruck und eng strukturierte Termine brächten Lastwagenfahrer wohl an ihre Grenzen. Allerdings sei die Urlaubszeit für Staus und Unfälle verantwortlich. Eine weitere Fahrspur auf der A7 könnte helfen, glaubt der Mann. Ein anderer Facebooker kommentiert: „Viele fahren übermüdet in den Urlaub, statt mal eine Pause zu machen.“● Als Unfallschwerpunkt ist die A7 zwischen Vöhringen und Memmingen nicht bekannt – das stellt Rainer Lutz, der Sachgebietsleiter Verkehr beim Polizeipräsidium Schwaben Süd/West, mit Blick auf die Zahlen fest. Im Jahr 2016 ereigneten sich in dem Bereich 152 Unfälle, 2017 waren es 186. Vorsichtig fahren sollten die Verkehrsteilnehmer hier dennoch, so erweise sich der Wechsel von zwei auf drei Spuren bei Altenstadt als riskant. Und: Je höher das Verkehrsaufkommen, desto größer die Unfallgefahr. ● Auf der A7 sind immer mehr Fahrzeuge unterwegs: Das geht aus Zahlen des ADAC hervor. Der Verband nennt Senden als Beispiel. Dort wurden 2015 pro Tag im Schnitt 65554 Kraftfahrzeuge gezählt, davon gehörten 6457 zum Schwerverkehr. Der Anteil an Lastwagen lag somit bei 10,1 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 waren es noch 56858 Kraftfahrzeuge am Tag, davon 5745 Sattelzüge. Der Anteil des Schwerlastverkehrs lag bei 9,9 Prozent. In zehn Jahren ist die Verkehrsmenge um 15,3 Prozent gestiegen, so der ADAC. Die Tendenz: steigend. Gerade in der Urlaubszeit. Wobei die Autoreisenden verstärkt, wie vom Automobilclub empfohlen, auf Montage und Freitage ausweichen würden. ● Der im Fernstraßengeauch setz vorgesehene Ausbau der A7 von vier auf sechs Spuren (zwischen Hittistetten und Illertissen sowie zwischen der Vöhlinstadt und dem Kreuz Memmingen) ist aus Sicht von Bernd Emmrich, Verkehrsexperte des ADAC Südbayern, durchaus geboten. Er zieht die A8 zwischen Rosenheim und der Grenze bei Bad Reichenhall zum Vergleich heran: Dort sei ein sechsspuriger Ausbau gefordert und in Planung, der Bereich in Oberbayern weise ähnliche Verkehrswerte auf wie die A7 hier – wenn auch mit einem höheren Lastwagenaufkommen.
In der Region gibt es auch kritische Stimmen: Lärm und Landverbrauch werden bemängelt, Verkehrsleitsysteme und Geschwindigkeitsbegrenzungen gefordert, etwa am Dreieck Hittistetten. Dort kra- che es häufig, weil die B 28 auf Tempo 80 begrenzt sei, auf der A7 jedoch kein Limit gelte, sagt ein Anwohner. Und fügt hinzu: „Wir merken sofort, wenn es sich staut. Wir genießen die herrliche Ruhe.“● Wer regelmäßig auf der A 7 unterwegs ist, braucht ein dickes Fell: Das ist der Tenor der Diskussion um die jüngsten Unfälle. Es werde rücksichtlos gefahren, sagen unsere Leser bei der Debatte. Und da ist wohl auch etwas dran: Eine rücksichtslosere Umgangsweise im Verkehr sei kaum zu leugnen, so ADAC-Experte Emmrich. Das mache sich vor allem dort bemerkbar, wo der Verkehrsfluss aufgrund vieler Fahrzeuge stark beeinträchtigt ist. „Hier greifen Egoismen um sich, die zulasten des gesamten Verkehrsflusses gehen“, sagt Emmrich.
Und zwar längst nicht nur auf den Autobahnen: So würden im städtischen Verkehr immer häufiger Abbiegespuren zum Überholen und Vordrängeln missbraucht. Der Missetäter gewinne dadurch meist nur wenige Sekunden. Allerdings stünden die anderen dafür dann noch länger im Stau. Eine ungute Folge:
Quälend langsame Überholmanöver
Die Bereitschaft der anderen Verkehrsteilnehmer sinke grundsätzlich, Fahrzeuge einscheren zu lassen. Emmrich: „Das lässt den Grad der Rücksichtslosigkeit nur noch weiter steigen.“● Häufig geraten Fahrer von Autos und Lastwagen aneinander – auch das bestätigt der ADAC. Der Quell des Übels: Quälend lang andauernde Überholmanöver bremsten die Autos aus, wodurch sich bei Pkw-Fahrern im Gegenzug die Tendenz erkennen lasse, die Abstände zum vorausfahrenden Fahrzeug zu verringern, um möglichst keinem Lastwagen das Überholen zu ermöglichen. Gerade auf vierspurigen Autobahnen könne das gefährlich werden, sagt Emmrich: Die Abstände zwischen den Fahrzeugen seien klein und es komme „zu abenteuerlichen Manövern“. Lastwagenfahrer ließen sich unter Termindruck teils zu riskanten Überholvorgängen verleiten. Die starke Verkehrszunahme verschärfe die Lage weiter, so der ADAC-Mann. ● Um entspannt unterwegs zu sein, sollten Fahrer stets ausreichend Zeit einplanen, raten Experten. Es sei ratsam, den Verkehr vorne und hinten im Blick zu behalten. Und im Zweifelsfall lieber zurückzustecken. Lange Fahrten sollten gut vorbereitet werden: Am Wagen den Reifendruck, Betriebsflüssigkeiten und Klimaanlage checken – und genug Verpflegung mitnehmen.