Illertisser Zeitung

In der Iller wird das Wasser knapp

Die Trockenhei­t der vergangene­n Wochen setzt dem Gebirgsflu­ss zu. Was so manchen Badegast freut, bereitet Fischern und Behörden zunehmend Sorge

- VON URSULA KATHARINA BALKEN

Die Iller leidet an Auszehrung. Aus dem lebhaften, manchmal sogar ungestümen Gebirgsflu­ss ist ein Gewässer geworden, das ruhig in seinem Bett fließt und Einblicke in sein Inneres freigibt. Die anhaltende Trockenhei­t hinterläss­t deutliche Spuren: Die Uferzonen liegen weithin frei, mitten im Gewässer tauchen Steine auf, die bei normalem Pegel nie zu sehen sind. Erholungsu­chende freuen sich, sie waten bei schwacher Strömung ungehinder­t durch die Iller. Was für die einen ein ungewohnte­r Badespaß ist, bereitet den Fischern und Wasserwirt­schaftsämt­ern allerdings zunehmend Sorge. Um dem Fluss Wasser zuzuführen, wurde jetzt der Wasserstan­d des Illerkanal­s um 20 Zentimeter abgesenkt.

Südlich von Vöhringen beim Einlassbau­werk Au, wo der Zufluss zum Kanal geregelt wird, wurde die Einleitung in den Kanal reduziert. Eine Maßnahme, die nötig war und vom Wasserwirt­schaftsamt angeordnet wurde. Allerdings darf dem Kanal nur so viel Wasser entzogen werden, dass Turbinenkr­aftwerke weiterlauf­en und Strom erzeugen können. Eckhart Zimmermann von der Firma Wieland, der mit dem Illerkanal bestens vertraut ist, sagt: „Für Iller und Kanal bedeutet Niedrigwas­ser auch eine Gefahr für die Fische.“Denn das Wasser wärme sich dann auf. Das bekomme den Fischen nicht, die an die kühlen Fluten des Flusses gewöhnt sind.

Wie Patrick Kastler, Vorsitzend­er der Vöhringer Fischereig­emeinschaf­t,

Weniger Sauerstoff für Fische im Wasser

sagt, sei nicht primär die Wärme das Problem für die Tiere: „Je wärmer das Wasser ist, umso weniger Sauerstoff­gehalt weist es auf.“Salmoniden wie Äsche, Bachforell­en und Saiblinge sind laut Kastler davon besonders betroffen. Im Auebach, der vom Wasser des Wieland-Kanals gespeist wird, ist der Pegel so drastisch abgesunken, dass der Bach zum Teil trocken gefallen ist. „Da mussten wir eine Fischbergu­ng durchführe­n.“Kastler erklärt, was gemacht wurde: „Es wurde elektrisch abgefischt und die Fische in die umliegende­n Gewässer wieder zurückgese­tzt.“

Ein Blick auf die Durchfluss­mengen, die am Pegel bei Kempten gemessen werden, macht deutlich, wie sehr die Trockenhei­t der Iller zusetzt. Hubert Mahler vom Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth erklärt auf Nachfrage, dass der aktuelle Stand der Durchfluss­menge bei 8500 Litern pro Sekunde liegt. Der Wert des Mittelwass­erabflusse­s – also die Durchschni­ttsmenge – liegt bei 46 000 Litern pro Sekunde. „Das ist natürlich von den Witterungs­bedingunge­n abhängig. Es gibt ja auch regenreich­e Sommer.“

Der Abfluss der Iller in Kubikmeter­n pro Sekunde gemessen, ist in Stufen eingeteilt. Er richtet sich nach der Jahreszeit. Da die Iller ein Gebirgsflu­ss ist, führt sie in den Monaten April, Mai und Juni durch die Schneeschm­elze sehr viel Wasser, in den Sommermona­ten weniger.

Was die Wasservers­orgung betrifft, so besteht nach Auskunft von Bernd Jünke von den Stadtwerke­n Ulm/Neu-Ulm trotz Trockenhei­t keine Gefahr. Grundwasse­r im Durchfluss­bereich von Iller und Donau sei ausreichen­d vorhanden und damit auch die Trinkwasse­rversorgun­g gesichert.

Der Illerkanal selbst entstand in einer Zeit, als die Wasserkraf­t zur Erzeugung von Strom entdeckt wurde. Das war gegen Ende des 19. Jahrhunder­ts. Aber schon vorher bestand ein Kanal, der – wie man heute sagt – durch einen „wilden Anstich“entstanden war. Dieses Gewässer nahm seinen Anfang bei Au, in Chroniken ist die Rede von einem Kanal, der bereits um 1800 entstanden war. Dieser wurde durch Illerwasse­r gespeist. Zunächst diente das Fließwasse­r dazu, Mühlen anzutreibe­n. Später waren es Turbinen, die in der beginnende­n Industrial­isierung zur Erzeugung von Strom genutzt wurden. Diese Technik setzten die Wieland-Werke ein, die sich 1864 an der Iller niedergela­ssen hatten. Die Wasserkraf­t wurde dabei für die Produktion von Messingfab­rikaten genutzt. 1904 wurde der Kanal dann erweitert, es entstanden weitere Wasserkraf­tanlagen. Der Illerkanal erstreckt sich von einem Abzweig bei Au – kurz vor dessen Rückfluss in die Iller – bis zur Mündung in die Donau bei Neu-Ulm.

Mithilfe der Wasserkraf­t wurden Mühlen angetriebe­n

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Foto: Ursula Katharina Balken Gemächlich fließt die Iller Richtung Donau. Die Uferzonen liegen weitgehend frei, Steine, die ansonsten unter der Wasserober fläche liegen, sind derzeit sichtbar.
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Foto: Andreas Hartl, dpa Fischen wie der Äsche macht der geringere Sauerstoff­gehalt im Wasser zu schaffen.
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Foto: Stratensch­ulte, dpa Im Flieger nach Kabul saß am Dienstag ein junger Afghane, der zuletzt in Vöhrin gen wohnte.

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