Die Stars von morgen?
Ulms Basketballmannschaft hat jetzt auch ein Team für den digitalen Sport. Der Aufwand dafür ist nicht gerade gering. Sogar einen Trainer hat der Verein engagiert
Wenn ein Basketballteam aus der Bundesliga wie das der Ulmer einen neuen Trainer verpflichtet, schlägt das normalerweise große Wellen. Dieses Mal lief es ganz leise. Fans von Ulm-Coach Thorsten Leibenath müssen sich aber keine Sorgen machen, denn um richtigen Basketball ging es bei der Verpflichtung von Swen Müller gar nicht. Er ist Videospiel-Trainer.
Anfang des Jahres hat Ratiopharm Ulm bekannt gegeben, in die Welt des digitalen Sports (E-Sports) einsteigen und dafür eine eigene Mannschaft gründen zu wollen. Gespielt werden sollte die Basketballsimulation NBA 2K. In den USA gibt es zu dem Spiel schon eine eigene Liga, die von der NBA mitgetragen und organisiert wird. Spieler in den E-SportsTeams der amerikanischen Profimannschaften verdienen an die 40 000 Dollar pro Saison. Davon sind die neuen Spieler des Ulmer Teams noch weit entfernt. Ratiopharm Ulm um Geschäftsführer Andreas Oettel hat seine Pläne in die Tat umgesetzt und über die Sommerpause in der Basketball-Bundesliga einen achtköpfigen E-Sports-Kader zusammengestellt. Noch spielen die Akteure aber ohne Gehalt.
Um die Spieler zu finden, haben die Ulmer einen ziemlichen Aufwand betrieben. Im Internet konnten sich Interessenten bewerben. Eine Jury hat davon 20 ausgewählt und im Juli zu einem Turnier in der Ratiopharm-Arena eingeladen, um die acht besten zu finden. Von der Resonanz war Nick Hausner positiv überrascht. Er arbeitet bei der BBU eigentlich im Sales-Bereich, kümmert sich aber auch um das E-SportsTeam. „Ich hatte eigentlich gedacht, dass sich vor allem Leute aus der Region bewerben“, erzählt er. „Letztlich gab es aber Bewerber aus ganz Europa.“Mit Milan Jantosik hat sogar ein Slowake den Sprung in die Mannschaft gepackt.
Dass die Neuverpflichtungen in unterschiedlichen Winkeln Deutschlands oder eben in der Slowakei leben (aus Ulm kommt keiner) ist für das Mannschaftsgefüge und das Training kein Problem. Alles passiert im Internet. Über eine Gruppe des Online-Nachrichtendienstes Whatsapp organisieren sich die Spieler. Nick Hausner erklärt: „Jeder Spieler muss melden, wann er Zeit fürs Training hat.“Mindestens fünf Zocker braucht es dafür. Ist ein Zeitpunkt gefunden, kommt Trainer Swen Müller ins Spiel. Über das Internet kann er seinen Schützlingen zuschauen und übers Mikrofon Anweisungen geben, beispielsweise Spielzüge oder spezielle Taktiken. Jeder Spieler übernimmt eine Position. Am nächsten Morgen nach einer Trainingseinheit müssen sie jeweils eine Analyse schreiben und die online stellen. „Das Ziel ist es, dass die Mannschaft drei Mal pro Woche zusammen trainiert“, erklärt Hausner. An die vier Stunden investiert jeder Spieler täglich ins Training.
Coach Müller gilt als Koryphäe auf seinem Gebiet und als einer der ersten in Deutschland, die sich auf den virtuellen Basketball spezialisiert haben. Bis Ende des Jahres ist er vorerst in Ulm unter Vertrag. Das ganze Thema E-Sports gilt an der Donau noch als Versuch. Das Ziel ist es, erst mal Partien nur fürs Internet auszutragen. Die Begegnungen werden dann auf speziellen Live-Seiten übertragen wie oder Dort gehen die Zuschauerzahlen bei manchen Spielen in die Millionen. Im Oktober soll es damit losgehen. Auf der Videospielmesse Gamescom, die gerade in Köln stattfindet, haben die Ulmer ihr erstes offizielles Spiel absolviert – gegen Bayern München, das auch von Müller trainiert wird. Beide Spiele gingen verloren.
Auch, wenn der Gegner schon Bayern München hieß, von einer Liga wie in den USA ist man in Deutschland noch ein Stück entfernt, obwohl es schon ein paar Mannschaften gibt. Das sind neben den Ulmern und den Bayern auch die Skyliners aus Frankfurt und die Baskets Oldenburg. Außerdem noch das reine E-Sports-Team Playing Ducks. Gerüchteweise haben ein paar andere Bundesligamannschaften Überlegungen angestellt, um einzusteigen. „Etwa acht Teams bräuchte man für eine Liga“, schätzt Nick Hausner.
Neben dem finanziellen Potenzial, das im E-Sports steckt, geht es den Ulmern auch darum, in dem neuen Markt wahrgenommen zu werden. „Wir wollen als innovativer Verein gesehen werden“, erklärt Hausner. Außerdem gehe es darum, „neue Zielgruppen zu erreichen.“Das könne sich dann auch in den Mitgliederzahlen niederschlagen, hofft er: „Wir wollen die Verbindung schaffen zwischen E-Sports und echtem Sport.“