Historische Bausubstanz: Es fehlt an Weitsicht
Zum Artikel „Haus zur Geschichte nimmt Gestalt an“vom 28. August: Witzigerweise waren ich und mein Mann zufällig einen Tag vor Erscheinen des Artikels am Meisingerhaus, um zu sehen, was sich dort getan hat. Wir konnten es zuletzt beim Tag des offenen Denkmals vor geschätzt zwei Jahren begutachten und kennen den Ausgangszustand. Zuerst sei erwähnt, dass auch uns das Erscheinungsbild an das Werk eines bekannten Verhüllungskünstlers erinnerte. Das neue Dach sieht man bereits von Weitem. Die wahren Fortschritte haben wir erst gesehen, als wir uns die Baustelle von der Rückseite aus angesehen haben. Und ich muss sagen, ich bin beeindruckt, was der Historische Verein mit den Helfern vollbracht hat. Zumal das Projekt zu Beginn von einigen Leuten sehr kritisch beäugt wurde. Ich finde, der Verein leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt von Geschichte und Kultur.
Der anhaltende Bau-Boom hat zu einer massiven Veränderung der Ortsansichten geführt, nicht nur in Babenhausen. Meiner Meinung nach änderten sich diese leider oft nicht zum Positiven. Baulücken in historisch gewachsenen Straßenzügen werden mit Gebäuden zugepflastert, die signalisieren, dass nur der Profit im Vordergrund steht. Die Kommunen wollen sich oft modern und zeitgemäß präsentieren, merken aber nicht, wie kurzfristig gedacht wird. Denn was modern ist, kann auch schnell mal modern.
Ich bin sicher nicht der Meinung, dass jedes alte Haus erhaltenswert ist. Aber selbst im Falle einer Neubebauung können die Verantwortungsträger in den Kommunen Einfluss nehmen, wie sich solche Orte entwickeln sollen. Ein Gebäude soll nicht nur die nächsten 20 Jahre ins Ortsbild passen, sondern auch noch in 50 oder 100 Jahren und darüber hinaus. Leider fehlt im Umgang mit historischer Bausubstanz oft der nötige Weitblick, Verständnis und Fingerspitzengefühl. Zum Glück hatte das Ehepaar Kreuzpointner mit dem Historischen Verein beim Meisingerhaus, trotz kritischer Stimmen, Vorstellungskraft und Vision. Ich bin gespannt, wie sich das Projekt entwickelt. Ich hoffe, dass die Arbeit gewürdigt wird.
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