Von hohen Besuchen und seltenen Gästen
Ministerpräsident Markus Söder soll Ende September nach Illertissen kommen. Das wäre wohl die erste Visite eines bayerischen Staatsoberhauptes seit langer Zeit – eine Spurensuche führt zurück ins Jahr 1974
Hoher Besuch kündigt sich für die Vöhlinstadt an: Ministerpräsident Markus Söder soll im Rahmen des Landtagswahlkampfs der CSU am Dienstag, 25. September, in der Weikmann-Halle in Au auftreten. „Wir sind sehr froh, dass er zu uns kommt“, sagt Uwe Bolkart, der Vorsitzende des Illertisser CSU-Ortsverbands. Es ist Söders zweite Station im Landkreis an jenem Tag: Nachmittags steht die Eröffnung des Neubaus an der NeuUlmer Hochschule auf dem Programm, abends in Au dann Wahlkampf. Die Veranstaltung ist öffentlich, betont Bolkart, der hofft, dass die Halle voll wird. Die Chancen dafür könnten gut stehen, im- merhin sind Besuche von Ministerpräsidenten in Illertissen nicht gerade häufig. Alfons Goppel sei mal dagewesen, erinnert sich Bolkart.
Lang ist’s her: Im Mai 1974 hatte Goppel den Landkreis Neu-Ulm besucht und dabei auch in Illertissen haltgemacht. Dort gab es im Bahnhofshotel ein Mittagessen mit Bürgermeister Hermann Kolb und Stadträten. Später stand ein offizieller Empfang vor dem Rathaus an, bei dem Kolb dem Landesvater einen schriftlich fixierten „Sorgenka- der Stadt überreichte. Es ging es um Grenzänderungen zwischen Bayern und Baden-Württemberg und die Gebietsreform, durch die Illertissen einen „erheblichen Zentralitätsverlust“hinnehmen musste, wie schon damals bemängelt wurde. Trotz allem wurde der Ministerpräsident überaus freudig empfangen, wie aus den Berichten der
hervorgeht. Viele Kinder und Erwachsene seien entlang der Strecke (die Tour führte von Oberelchingen über Pfaffenhofen, Weißenhorn, Roggenburg, Buch, Altenstadt, Illertissen, Vöhringen und Senden nach Neu-Ulm) gestanden und hätten Goppel freundlich zugewinkt, ist zu lesen. Und das alles „unter einem strahlend weiß-blauen Himmel“, wie es hieß. Dem Zufall wollte man das Gelingen des Besuchs in Illertissen damals offenbar nicht überlassen: Über eine Zeitungsmeldung bat Kolb die Bürger, zahlreich beim Empfang vor dem Rathaus zu kommen. Außerdem sollten die Anwohner ihre Häuser beflaggen, zumindest in den Straßen, durch die Goppel fuhr.
Ob Markus Söder bei seinem Besuch Ende September ein ähnliches Zeremoniell erwarten darf, ist fraglich. Ein Essen mit dem Illertisser Bürgermeister ist bislang wohl nicht vorgesehen. „Ich bin aber für alles offen“, sagt Jürgen Eisen (CSU) und lacht. Er gehe jedoch davon aus, dass Söder in Eile sein werde.
Noch ist nicht völlig sicher, dass der Besuch stattfindet: Der Termin sei vorgesehen, sagt eine Pressesprecherin der Staatskanzlei auf Nachfrage. „Der steht drin.“Aber kurzfristige Änderungen seien nie ganz auszuschließen, etwa wenn die politische Lage andernorts die Anwesenheit des Ministerpräsidenten erfordere.
Ob neben Goppel ein anderer Ministerpräsident die Vöhlinstadt besucht hat, ließ sich in der Staatskanzlei nicht klären. Zwar werde jeder Besuch archiviert, doch nicht nach Orten sortiert. Nach etwaigen Verbindungen zwischen München und Illertissen zu stöbern, sei mantalog“ gels Zeit nicht möglich. „Da müsste jemand sämtliche Termine durchgehen, das geht beim besten Willen nicht“, so die Sprecherin.
In Illertissen grübelt man ob der anstehenden Visite: Gab es weitere Besuche von Ministerpräsidenten? „Ich kann mich an keinen erinnern“, sagt Stadtarchivar Johannes Ranker. Auch Bolkart und Eisen überlegen. Fehlanzeige. Naja, fast: Söder war nämlich schon einmal in Illertissen – allerdings als bayerischer Gesundheitsminister. 2009 diskutierte er vor vielen Zuhörern in der Jahnhalle mit Medizinern.
Die Region erhielt immer wieder Besuche von Politgrößen. Ministerpräsident Horst Seehofer war 2014 in Neu-Ulm, um seine Partei im Kommunalwahlkampf zu unterstützen. Kanzlerin Angela Merkel sprach schon mehrmals in Ulm und Franz-Josef Strauß begeisterte 1976 in Vöhringen. Damals war er zwar noch nicht bayerischer Landesvater, die Heimatwoche in der WielandStadt aber für ihn extra um einen Tag verlängert worden. Offenbar mit gutem Grund: Strauß sorgte für einen Besucheransturm – rund 1000 Menschen mussten seine Rede vor den voll besetzten Zelten verfolgen.
Die CSU versuche vor jeder Wahl, bekannte Politiker in die Region zu holen, sagt Kreisvorsitzender Thorsten Freudenberger. Beispiele seien der Besuch von Wirtschaftsministerin Ilse Aigner in Wullenstetten vor der Bundestagswahl 2017 sowie der unlängst erfolgte von Sozialministerin Kerstin Schreyer in Senden. Und am Montag komme Innenminister Joachim Herrmann nach Neu-Ulm. Mit den niedrigen Umfragewerten der CSU habe das nichts zu tun. „Die interessieren uns überhaupt nicht“, sagt Freudenberger. Viel mehr gehe esjetzt darum, den Bürgern die Ziele der CSU und auch Söders Programme zu vermitteln. Die hiesigen Parteimitglieder seien dabei hoch motiviert. Wenngleich sie derzeit mitunter das Gefühl verspürten, alle seien gegen die CSU. Freudenberger: „Aber das macht uns stärker.“