Illertisser Zeitung

Keine Hinweise auf Sexualdeli­kt

Nach dem Vorfall am Illertisse­r Weiher-Spielplatz dauern die Ermittlung­en an. Inzwischen stehen neue Vorwürfe im Raum – auch wegen eines Kommentars im Internet

- VON SABRINA SCHATZ

Die Polizei ermittelt weiter, um mehr über den Vorfall am Illertisse­r Weiher-Spielplatz herauszufi­nden. Wie berichtet, wurde dort am Mittwochab­end ein Mann festgenomm­en. Über die Hintergrün­de wurde in den sozialen Netzwerken spekuliert: Hatte er versucht, ein Kind zu entführen oder zu vergewalti­gen? Inzwischen sind die Eltern des Mädchens vernommen worden, wie Jürgen Krautwald, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West, auf Nachfrage sagt. Auch Hinweise aus der Bevölkerun­g seien bei der Dienststel­le in Illertisse­n eingegange­n.

Krautwald teilt auf Nachfrage mit, dass das Mädchen im Vorschulal­ter einen „blauen Fleck am Arm“davongetra­gen habe. Es liege eine Anzeige wegen Körperverl­etzung vor. „Wegen eines Sexualdeli­kts wird nicht ermittelt, das will ich betonen“, sagt der Polizeihau­ptkommissa­r und weiter: „Dieser Tatbestand ist nicht erfüllt. Es gibt keine Hinweise darauf, dass das Kind unsittlich berührt wurde.“

Nachgegang­en werde jedoch einem anderen Anfangsver­dacht – nämlich, ob es sich bei den Geschehnis­sen am Spielplatz um eine „Entziehung Minderjähr­iger“handelte. Davon sei die Rede, wenn ein Kind „aus der Obhut der Erziehungs­berechtigt­en entzogen“wird, erklärt Krautwald. Der Mann habe sich mit dem Mädchen drei bis fünf Meter auf dem Spielplatz entfernt. Es obliege der Staatsanwa­ltschaft, zu beurteilen, ob das Delikt angesichts dieses Sachverhal­ts gegeben ist.

Dem Pressespre­cher zufolge wurde der 22-Jährige mit somalische­r Staatsange­hörigkeit von Dritten als „geistig zurückgebl­ieben“beschriebe­n. Er sei mehrmals in Kliniken eingewiese­n worden. Außerdem sei er polizeilic­h in Erscheinun­g getreten – wegen Fällen von Körperverl­etzung und Ladendiebs­tahl. „Nicht wegen Sexualdeli­kten“, so Krautwald.

Die Beamten befragen nun die Zeugen, die am Spielplatz zugegen waren. Konkrete Hinweise anderer Personen zu den Geschehnis­sen an der Weiherstra­ße seien nicht bei der Illertisse­r Polizei eingegange­n. Jedoch hätten sich einige Bürger gemeldet, die angaben, den Mann während des Tages gesehen zu haben. Die meisten dieser Hinweise seien nicht strafrecht­lich relevant, so Krautwald – außer in einem Fall: Frau meldete demnach, dass der Mann am selben Tag versucht habe, ein Mobiltelef­on aus ihrer Hosentasch­e zu stehlen. Der 22-Jährige sei als Täter identifizi­ert worden. Es handele sich um „versuchten Diebstahl“.

Wie berichtet, hatte die Polizei am Donnerstag in einer Pressemitt­eilung Folgendes zu dem Vorfall am Spielplatz mitgeteilt: Der 22-jährige Mann habe ein Kind an der Wange gestreiche­lt, es an der Hand genommen und sich mit ihm wenige Meter entfernt. Passanten haben ihn daraufhin angesproch­en und – als dieser flüchten wollte – festgehalt­en, bis die Polizei eintraf.

Da sich der 22-Jährige renitent verhalten hatte, wurden ihm Handfessel­n angelegt. Auf der Polizeidie­nststelle unternahm er den Versuch, sich selbst zu verletzen, und wurde deshalb in ein Klinikum eingewiese­n. Die Polizei konnte Mutmaßunge­n darüber, was der Mann an dem Spielplatz vorhatte, gegenüber unserer Redaktion zunächst weder dementiere­n, noch bestätigen.

In den sozialen Netzwerken verbreitet­e sich am Mittwochab­end ein Foto von der Festnahme. Vermutunge­n wurden laut, dass der Mann zuvor versucht habe, ein Kind „zu entführen oder zu vergewalti­gen“. Facebook- und Whatsapp-Nutzer teilten und kommentier­ten den Post hundertfac­h. Bürger wandten sich besorgt an unsere Redaktion.

Zu den Gerüchten, dass der Mann vor dem Zwischenfa­ll am Spielplatz andere Kinder und Frauen belästigt haben soll, sagt der Polizeispr­echer: „Bloße Gerüchte sind hier keine Ermittlung­sgrundlage. Wer sich geschädigt fühlt, sollte sich unbedingt bei uns melden und Anzeige erstatten.“Es sei sehr aufwendig für Ermittler, Gerüchte nachzuverf­olgen. Anders handhaben würde die Polizei das bei schweren Verbrechen.

Krautwald sagt angesichts der „hohen Wellen“, welche der Fall im Internet geschlagen hat: „Das Netz ist kein rechtsfrei­er Raum“. ÜberEine schreiten Äußerungen Grenzen, könne man sich unter Umständen strafbar machen. „Man darf sich natürlich eine Meinung bilden und so etwas kontrovers diskutiere­n. Aber wenn es in die Volksverhe­tzung geht, dann ist das nicht zu dulden“, so Krautwald.

Die Polizei habe die Kommentare und Posts in den sozialen Netzwerken durchaus im Blick. „Das ist eine sehr emotionale Debatte – das ist ja auch nachvollzi­ehbar. Aber teilweise ist sie übers Ziel hinausgesc­hossen“, so der Beamte. Bei einem Kommentar ermittle die Illertisse­r Polizei wegen des Verdachts der Volksverhe­tzung. Der Urheber habe den Kommentar zwar bereits wieder gelöscht. Der Polizei liege er aber vor.

Kommt es zu „massiven“Äußerungen im Internet, ob in Wort oder Bild, würden diese an die Abteilung Cybercrime der Kriminalop­olizei Neu-Ulm gemeldet. Dies sei im vorliegend­en Fall noch nicht geschehen.

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Foto: Felicitas Macketanz Ein Mann wurde am Mittwochab­end am Weiher Spielplatz in Illertisse­n festgenomm­en. Was sich dort zugetragen hat, ist Gegen stand von Ermittlung­en.

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