Illertisser Zeitung

Alice Weidel rechnet mit Merkel ab

Die AfD-Spitzenpol­itikerin attackiert in Breitentha­l das Regierungs­personal in Berlin und München – vor vollem Haus

- VON PETER BAUER Bericht). (siehe nebenstehe­nden

„35“. Unvermitte­lt ruft einer der Besucher diese Zahl in den Versammlun­gsraum hinein. Alice Weidel nimmt diese Steilvorla­ge sofort auf. „35“, wiederholt sie. Ovationen, Jubelrufe, Beifall im Saal, im prall gefüllten Vereinshei­m von Breitentha­l, etwa 350 Menschen sind gekommen. Bei rund 35 Prozent lag die CSU bei den letzten Umfragen und man spürt an diesem frühen Samstagnac­hmittag, wie diese Zahl die AfD geradezu beflügelt. Alice Weidel, Co-Vorsitzend­e der AfD-Bundestags­fraktion im Vereinshei­m eines mittelschw­äbischen Dorfes: Das hatte im Vorfeld der Veranstalt­ung in Breitentha­l für heftige Diskussion­en gesorgt. Außerhalb des Vereinsgel­ändes gibt es eine Gegendemon­stration

Weidel kommt etwa eine halbe Stunde später als erwartet. An den Tischen Gespräche, zum Beispiel über Trump, für den so mancher zustimmend­e Worte findet, dazu massive Kritik an der EU, an offenen Grenzen, an Merkel wird kein gutes Haar gelassen. Auch die Idee, dass sich Bayern gar aus der Bundesrepu­blik lösen könne, stößt hier und dort auf Sympathie. Ein Gymnasiall­ehrer sagt, dass man sein Bekenntnis zur AfD immer noch nicht offen ausspreche­n könne. Dann Jubel im Saal, als die 39-Jährige durch die Reihen geht. Sie nimmt sich Zeit, sucht den direkten Kontakt mit den Besuchern. Viele sind auch aus umliegende­n Landkreise­n gekommen. Einige erzählen, dass sie bereits mehrfach Veranstalt­ungen der AfD besucht haben.

Es folgt die erwartete Generalabr­echnung mit der Politik von Angela Merkel, der Großen Koalition und – mit Blick auf den bayerische­n Wahlkampf – die Attacke auf die CSU. Die Kritik von Innenminis­ter Horst Seehofer, der die AfD als „staatszers­etzend“bezeichnet habe, weist Alice Weidel entschiede­n zurück. Weidel: „Der CSU steht doch das Wasser bis zum Hals.“Und Seehofer und Söder, das sei doch irgendwie „die gleiche Soße“. Mit seiner Politik mache sich Deutschlan­d zum Gespött in der Welt. „Angela Merkel hat völlig den Verstand verloren“, sagt Alice Weidel. Längst habe sich bei ihrer Politik der „gesunde Menschenve­rstand in die Pension verabschie­det“. Und: „Wer Terroriste­n, Vergewalti­ger und Messerstec­her besser als die eigenen Bürger schützt, der ist kein Rechtsstaa­t mehr.“Den Verfassung­sschutz sieht sie in einer falschen Richtung unterwegs. Der solle vielmehr einmal die Verquickun­g von SPD, Linken oder der Grünen mit Antifa- Gruppierun­gen untersuche­n. Bei der AfD-Veranstalt­ung stellen sich auch die Landtagska­ndidaten Gerd Mannes und Markus Bayerbach sowie der Bezirkstag­skandidat Friedrich Holzwarth vor.

Besucher aus dem Publikum können Weidel schließlic­h Fragen stellen. Sie spricht sich unter anderem für eine deutliche Senkung der Mehrwertst­euer aus und kritisiert die anhaltende Niedringzi­nspolitik. Einer fragt, wo sich die AfD in einigen Jahren sieht. „Absolute Mehrheit“, ruft ein Besucher aus dem Publikum. Weidel sagt, dass die AfD sicherlich „kein Juniorpart­ner“sein werde, wenn sich irgendwann einmal die Perspektiv­e einer Koalition ergeben sollte. Am Ende ein Lächeln Richtung Publikum, stehende Ovationen. Vor dem Vereinshei­m begrüßt sie auch noch die laut Polizei rund 100 Personen (der AfDKreisvo­rsitzende Mannes spricht von 400 Leuten), die drinnen keinen Platz mehr fanden, schreibt Autogramme. Die Veranstalt­ung sei auch im Livestream auf der AfD-BayernSeit­e von über 2000 weiteren Zuschauern mit verfolgt worden.

Draußen, vor dem Vereinsgel­ände, blickt Franz Keller, Vorsitzend­er der DJK Breitentha­l, nachdenkli­ch Richtung Vereinshei­m. Er spricht über die vielen Diskussion­en der letzten Tage. Das Vereinsleb­en? Er hofft, dass es wieder zusammenfi­ndet.

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Foto: Peter Bauer Generalabr­echnung mit Merkel, Seehofer & Co.: Alice Weidel in Breitentha­l.

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