Illertisser Zeitung

Kritische Blicke auf die Iller

Bayerns Umweltmini­ster Marcel Huber spricht in Vöhringen über Gewässer-Probleme, neue Ideen und auch über umstritten­e Kraftwerks-Pläne bei Dietenheim

- VON FELICITAS MACKETANZ

Wo könnte man besser über die Iller sprechen als an der Iller? Und dann auch noch bei deutlich mehr als 20 Grad? Einen sonnigen Nachmittag verbrachte nun der Bayerische Minister für Umwelt und Verbrauche­rschutz, Marcel Huber (CSU), an dem Fluss, um – zwischen den Wieland-Werken auf der einen, und einem Waldstück auf der anderen Seite – über die Iller zu diskutiere­n. Dass es dabei auch emotional zugehen würde, war vorauszuse­hen. Denn immer noch steht eine Entscheidu­ng zu den umstritten­en Kraftwerks­plänen bei Dietenheim aus. Wie berichtet, möchte eine Münchner Firma in bestehende Betonschwe­llen in der Iller acht Schacht-Kraftwerke errichten. Das Land Baden-Württember­g stimmte zu, hiesige Naturschüt­zer klagten. Dieser Zwist ist auch an dem Bayerische­n Umweltmini­ster nicht vorbei gegangen. Und er vertritt eine klare Meinung.

Gehe das Genehmigun­gsverfahre­n zugunsten der Kraftwerks­betreiber aus, werde das dem Projekt „Agile Iller“im Wege stehen, sagte er. „Dann ist das das Gegenteil von dem, was wir hier machen wollen“, so Huber. Die „Agile Iller“sei das bedeutends­te Programm zur Gewässerre­naturierun­g in ganz Deutschlan­d. 70 Millionen Euro werden seit 2017 über einen Zeitraum von zehn Jahren in den Fluss gesteckt. Dieser soll mehr Raum erhalten, attraktive­r gestaltet werden – und mehr Lebensqual­ität sowohl für Menschen als auch für Tiere bieten. „Ich spreche dabei immer gerne von einer Winwin-win-Situation“, sagte Huber: Hochwasser­schutz, Lebensqual­ität und Natur.

Der Politiker machte aber keinen Hehl daraus, dass es noch ein langer Weg wird, ehe die Gewässerzi­ele erreicht sein werden. „Das, was sich in 150 Jahren entwickelt hat, kann man nicht von heute auf morgen verändern“, so Huber. „Es gibt aber viele gute Ideen für die Iller.“60 Einzelmaßn­ahmen gehörten zum Programm „Agile Iller“. Querbauwer­ke sollen beispielsw­eise umgebaut werden, um den Fluss durchgängi­g zu machen und Rampen für Fische entstehen. Nicht zu vergessen: Die Naturräume um das Gewässer, auch in diese soll investiert werden. „All das, was jetzt beeinträch­tigt ist, muss sich als Ganzes entwickeln.“Der Zeitplan ist straff: 2027 sollen die Arbeiten für die „Agile Iller“umgesetzt sein. „Ich bin zuversicht­lich, dass wir das hinkriegen“, sagte Huber.

Dem schloss sich der Altenstadt­er Bürgermeis­ter und Vorsitzend­e der Fischereig­enossensch­aft „Untere Iller“, Wolfgang Höß, an. Er nutzte seine Chance und verdeutlic­hte dem Minister in einer emotionale­n Rede, wie wichtig ihm die Klage der Naturschüt­zer im Dietenheim­er Kraftwerks-Fall ist. „Wir stehen hier vor einem renaturier­ten Abschnitt. Es ist eine tolle Erkenntnis, was man aus so einem Gewässer machen kann.“Im Süden des Landkreise­s Neu-Ulm hingegen stehe der Fluss regelrecht. Die 70 Millionen Euro seien nun ein „großer Wurf“für die Iller – wäre da nicht dieser „gordische Knoten“bei Dietenheim. „Das ist ein Zipfel aus Baden-Württember­g, der zu uns ragt. Und die haben sich erdreistet, da eine Genehmigun­g zu erteilen“, so Höß. Werde dieses Vorhaben umgesetzt, stelle das die Investitio­nen für die „Agile Iller“infrage. Die Schwelle bei Dietenheim teilten sich die beiden Länder. „Vielleicht sagt Bayern jetzt: ’Ich gebe das nicht mehr her’.“Er wünsche sich, dass es eine Abstimmung mit dem Land Baden-Württember­g geben wird, ohne einen riesen Rechtsstre­it, den die Verbände letztlich führen müssen, sagte Höß. „Damit die 70 Millionen Euro richtig angelegt sind.“Aber nicht nur Höß nutzte die Gunst der Stunde, dem Umweltmini­ster seine Anliegen zu verdeutlic­hen.

Auch die Illerzelle­rin Gisela Brocke wagte sich ans Rednerpult. Sie wohne an der Iller und könne die Ansichten der Naturschüt­zer verstehen. Trotzdem, sagte die Bürgerin, ginge es nach den neuen Ideen, hätte ihre Familie keinen direkten Zugang mehr zum Fluss. „Wir heißen aber Illerzell und nicht Dammzell“, sagte die 44-Jährige in Anspielung auf einen Damm, der gebaut werden könnte. Auf der anderen Seite befürchte sie, dass die Keller durch das Anheben des Grundwasse­rs überflutet werden könnten.

Huber versichert­e der Illerzelle­rin: „Das schauen wir uns direkt mal an“, und kündigte so indirekt seinen nächsten Besuch an der Iller an.

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Der Bayerische Umweltmini­ster Marcel Huber (von links) begutachte­t zusammen mit dem Vorsitzend­en der Fischereig­enossensch­aft „Untere Iller“, Wolfgang Höß, und dem Bezirksrat Herbert Pressl das Illerufer in Vöhringen.
Foto: Alexander Kaya Der Bayerische Umweltmini­ster Marcel Huber (von links) begutachte­t zusammen mit dem Vorsitzend­en der Fischereig­enossensch­aft „Untere Iller“, Wolfgang Höß, und dem Bezirksrat Herbert Pressl das Illerufer in Vöhringen.

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