Illertisser Zeitung

In diesem Kino wird scharf geschossen

Derzeit herrscht Hochbetrie­b im Jagdkino in Wallenhaus­en. Die Anlage lockt sogar Waidmänner aus dem Ausland an. Weil sie etwas bietet, was andere Einrichtun­gen nicht haben

- VON JENS NOLL

Eine Wildschwei­nrotte trabt durchs Unterholz. Der Jäger setzt sein Gewehr an, zielt und drückt ab. Ein dumpfer Knall ertönt. Treffer! Ein roter Punkt auf der Leinwand markiert, wo die Kugel das Tier erwischt hat. Die Wildschwei­ne existieren in dieser Szene nur im Film. Jäger, Waffe und Munition aber sind echt. Quasi im Minutentak­t stellen sich Männer an den Schießstan­d, um auf Wildtiere zu zielen, die über die Leinwand rennen. Es herrscht Hochbetrie­b im Jagdkino in Wallenhaus­en.

Hinter einer Glasscheib­e sitzt Rainer Marka auf einem Schreibtis­chstuhl und beobachtet das Geschehen in der Halle. Die Jäger tragen Gehörschut­z, alle haben ein Gewehr in der Hand. Der Mann am Schießstan­d lädt nach, die leere Patronenhü­lse fliegt hinter ihm auf den Boden. Marka wählt den nächsten Film am Computer aus. Auf Mausklick galoppiere­n andere Wildschwei­ne 25 Meter vom Schießstan­d entfernt durch den Wald.

Eine Gruppe vom Forstbetri­eb Oberammerg­au trainiert an diesem Vormittag im Jagdkino das Schießen auf bewegte Ziele. Bald steht die erste Drückjagd an. Und wer sich daran als Jäger beteiligen will, muss nachweisen, dass er geübt hat. Marka ist ausgebilde­ter Schießlehr­er und kann diese Bescheinig­ungen ausstellen. Derzeit hat er alle Hände voll zu tun. „Wir sind bis Mitte November komplett ausgebucht“, sagt der 56-Jährige. Die Anlage ist täglich geöffnet. Anfang März hat Marka das Jagdkino in dem Weißenhorn­er Stadtteil von Alfred Braun übernommen. Der wiederum hatte die Anlage vor elf Jahren in einer Halle neben einem alten Bauernhaus eingericht­et. Das Fachwerkha­us ließ Braun damals auch renovieren.

In den mit zahlreiche­n Jagdtrophä­en geschmückt­en Räumen ist die Gaststube untergebra­cht. Sie ist eine der Besonderhe­iten des Wallenhaus­er Jagdkinos. „Jäger sind gesellige Typen“, sagt Marka. „Sie wollen sich nach dem Training zusammense­tzen und sich über ihr Hobby unterhalte­n.“Für den Inhaber ist sein Job Beruf und Hobby zugleich, wie er sagt. Wenn es die Zeit zulässt, geht Marka selbst mit auf die „echte“Jagd. Meistens mit Filmkamera.

An die 600 Wildtier-Filme kann Marka über die knapp zehn Meter lange und fünf Meter hohe Lein- flimmern lassen. 80 bis 85 Prozent davon seien selbst gedreht und geschnitte­n, sagt er. Dieses exklusive Filmmateri­al hebe das Jagdkino ebenfalls von anderen Einrichtun­gen ab. Die Technik hinter der Leinwand ist relativ einfach: Infrarotka­meras erkennen, wo das Projektil auf der Leinwand eingeschla­gen hat und melden das an den PC. Der stoppt den Film und zeigt mit einem roten Punkt die Einschusss­telle. Die Projektile wiederum landen in einem Sandkugelf­ang. Diesen entleert der Inhaber von Zeit zu Zeit und entsorgt den Inhalt als Sondermüll.

Die Trainingsm­öglichkeit mit angeschlos­sener Gastronomi­e in Wallenhaus­en lockt nicht nur Waidmänner aus Süddeutsch­land an. Es kommen sogar Berufsjäge­r aus der Schweiz, Österreich und Südtirol. Peter Schöler, Revierleit­er beim Forstbetri­eb Oberammerg­au, sagt: „Wir kommen schon seit längerer Zeit hierher, weil die Filme gut sind.“Durch die Scheibe gibt Schöler Marka ein Zeichen, den Schwierigk­eitsgrad zu erhöhen. Der Inhaber sucht daraufhin Filme aus, auf denen ausgewachs­ene Hirsche mit beeindruck­endem Tempo durch den Wald rennen. „Sie sind so groß wie eine Kuh, aber können so schnell sein wie die Wildschwei­ne“, sagt Marka. Das schätzen viele Jäger falsch ein. Tatsächlic­h landen einige Schüsse im Schnee.

Seine Hauptaufga­be sei das Beobachten, erzählt Marka. Er müsse den Schwierigk­eitsgrad an die Fähigkeiwa­nd ten der Schützen anpassen. Außerhalb der Hauptsaiso­n stellen er und sein Team das Jagdkino auf Anfrage auch für Firmeneven­ts oder Kindergebu­rtstage zur Verfügung. Minderjähr­ige dürfen sich aber nur beim Laserschie­ßen versuchen. Wer über 18 ist, braucht keinen Nachweis, um zur Leihwaffe greifen zu dürfen.

Die Jäger aus Oberammerg­au bereiten sich natürlich mit ihren eigenen Waffen auf die neue Jagdsaison vor. Nach dem Training serviert ihnen Edith Maier in der Gaststube eine deftige Brotzeit. Die überzeugt auch Peter Renner bei seinem ersten Besuch. „Schee war’s“, sagt er zum Abschied zu Marka. Gut möglich, dass der Berufsjäge­r aus Oberbayern künftig noch öfter im Jagdkino in Wallenhaus­en vorbeikomm­t.

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Foto: R. Zwiebler Regengüsse und Windböen brachte „Fa bienne“in die Region.

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