Modell mit Fallstricken: Das Haus zur Rente machen
Vorsorge Das Finanzkonzept wird häufig beworben. Läuft es aber schlecht, steht man im Alter ohne Eigenheim und Vermögen da
Berlin Das Eigenheim zu Geld machen – und trotzdem darin wohnen bleiben. Genau das ist mit der Verrentung der Immobilie möglich. Das Prinzip: Hausbesitzer verkaufen ihr Eigenheim mit einem Preisabschlag und bekommen vom Käufer im Gegenzug eine Leibrente und das Recht, weiter in ihrer gewohnten Umgebung zu bleiben. Gerade für ältere Leute ist das ein großer Vorteil – und scheint attraktiv. Experten aber sind skeptisch und warnen vor Fallstricken.
Georg Plötz ist Fachberater zum Thema Altersvorsorge bei der Verbraucherzentrale Bayern. Es kämen durchaus Senioren in die Beratung, die über eine mögliche Verrentung ihres Hauses sprechen wollen, sagt er. „Aber in den wenigsten Fällen wird das Modell dann auch verwirklicht, weil die Konditionen meist nicht attraktiv sind“, warnt er. Denn ob sich die Sache für beide Seiten – Käufer und Verkäufer – lohnt, hängt ganz entscheidend vom konkreten Vertrag ab.
Laut Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren lohne sich eine Immobilienverrentung meist nur, „wenn das Haus schuldenfrei ist und einen gewissen Wert hat“. Wer das plant, der sollte unbedingt die aktuelle Niedrigzinsphase für eine hohe Tilgung nutzen, um vor seinem Renteneintritt möglichst schuldenfrei zu sein, rät sie. Und das Haus sollte vor dem Verkauf gründlich auf Vordermann gebracht werden. „Je besser die Immobilie in Schuss ist, umso wertvoller ist sie.“
Risiko 1: Hausbesitzer gehen oft ohne Plan vor
Doch so planvoll gehen die wenigsten Hausbesitzer vor. „Der klassische Fall ist, dass ältere Leute in ihrem Haus leben, das sie schon mit ihren Kindern bewohnten und das jetzt aber für sie zu groß geworden ist“, erklärt Uwe Fischer. „Und ihre Rente reicht nicht, um für alle Kosten aufzukommen“, führt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Anwaltsnotariat im Deutschen Anwaltverein aus. Oder es gibt keine Kinder, die das Haus einmal erben werden und sich jetzt schon darum kümmern könnten. Da klingt es schon verlockend, wenn jemand das Haus kauft und sogar die Kosten für die Instandhaltung übernimmt. Und obendrauf gibt es eine monatliche Rente und ein Wohnrecht für den Verkäufer. Die Fallstricke werden dann leicht übersehen.
Risiko 2: Befristungen sind Fallen „Die Leute agieren oft irrational“, sagt Notar Fischer und fügt an: „Sie lassen sich sogar auf ein befristetes Wohnrecht oder eine befristete Rentenzahlung ein, weil sie denken, das Ende erleben sie ohnehin nicht mehr.“Das kann aber gründlich schiefgehen. Im schlimmsten Fall stehen sie im hohen Alter ohne Haus und ohne Geld da.
Fischer rät, gründlich über alle Vertragskonditionen zu verhandeln und sich fachliche Unterstützung zu suchen. „Befristungen sind zum Beispiel Fallen, auf die sich niemand einlassen sollte.“Man sollte immer ein lebenslanges Wohnrecht und eine lebenslange Rente anstreben – ob die Käufer darauf eingehen, ist eine andere Frage. „Im Zweifel sollte man dann lieber die Finger davon lassen.“
Auch andere Konditionen im Vertrag können Nachteile bringen, wie Verbraucherberater Plötz erläutert: „Hat zum Beispiel der Käufer die Pflicht zur regelmäßigen Instandhaltung der Immobilie, dann wird er diese Kosten in die Kalkulation einfließen lassen.“Der Kaufpreis – und damit die Rente für den Verkäufer – reduzieren sich entsprechend. Hier kann es besser sein, die Klausel herauszunehmen und die Instandhaltung selbst zu organisieren.
Risiko 3: Fehlende Beteiligung an Wertsteigerungen
Wenn möglich, sollte man eine Regelung in den Vertrag aufnehmen, wonach eine nachträgliche Wertsteigerung der Immobilie dem Verkäufer in Teilen zugutekommt, rät Eva Reinhold-Postina.
Anstelle des Wohnrechts kann man einen sogenannten Nießbrauch vereinbaren. „Dabei kann der Verkäufer das Geld auf einen Schlag bekommen“, erklärt Notar Uwe Fischer. Man hat damit auch viel mehr Rechte an der Immobilie als bei einem einfachen Wohnrecht und kann sie zum Beispiel vermieten und von jenen Einnahmen profitieren. Dafür trägt man aber auch alle Kosten. Beides – Wohnrecht und Nießbrauch – muss in das Grundbuch eingetragen und notariell beurkundet werden.
Wie bei jedem Immobilienverkauf zählen harte Fakten wie Baujahr, Zustand und vor allem die Lage für den Wert. Dieser wird laut Verbraucherberater Plötz von den Besitzern in der Regel überschätzt. Abschläge gibt es, wenn man das Wohnrecht oder andere Rechte eingeräumt bekommen möchte. „Unterm Strich bringt das Haus dann nicht so viel wie erhofft, und natürlich fällt dann auch die monatliche Rente geringer aus.“
Fazit: Selten die beste Lösung Jeder muss abwägen, ob man diesen Kompromiss eingehen möchte, um weiterhin im geliebten Zuhause zu wohnen. „Wirtschaftlich gesehen, ist die Immobilienverrentung selten die beste Lösung“, meint Plötz. In der eigenen Familie jedoch könne sie durchaus Sinn machen, ergänzt der Verbraucherschützer.
„Dann spielt nicht unbedingt der Verkehrswert die entscheidende Rolle“, betont Uwe Fischer. „Ein Neffe, der das Haus seiner Tante erwirbt und sie mit einer Leibrente weiter darin wohnen lässt, ist ja nicht unbedingt auf Rendite aus. Aber alle Seiten sind mit dem Modell vertraglich abgesichert.“
Man sollte sich nicht auf eine Verrentung versteifen, sondern immer auch Verkaufsangebote prüfen. „Hier gibt es ebenfalls Möglichkeiten, sich ein Wohnrecht oder einen Nießbrauch zu sichern“, erläutert Eva Reinhold-Postina. Manchmal ist aber ein Umzug die bessere Variante. Katja Fischer, dpa