Illertisser Zeitung

Wenn ein Opfer zum Täter wird

Missbrauch­ter soll in Lügde selbst Kinder missbrauch­t haben

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Paderborn Im Missbrauch­sfall Lügde hat am Donnerstag vor dem Landgerich­t Paderborn ein weiterer Prozess begonnen. Die Staatsanwa­ltschaft wirft einem 16-Jährigen sexuellen Missbrauch von Kindern vor. Nach Angaben des Gerichts war der Teenager selbst Opfer im Fall Lügde und war bei den Ermittlung­en als Zeuge vernommen worden. Dabei hatte er die ihm jetzt vorgeworfe­nen Taten geschilder­t.

Nach Auskunft eines Gerichtssp­rechers wurde am ersten Tag nur die Anklage verlesen. Die Verhandlun­g findet zum Schutz des jugendlich­en Angeklagte­n unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt. Sein Verteidige­r äußerte sich vor dem Auftakt gegenüber Medienvert­retern. Sein Mandant sei im Alter von zehn bis 14 Jahren selbst Opfer im Fall Lügde geworden und von einem der beiden im September am Landgerich­t Detmold verurteilt­en Haupttäter missbrauch­t worden.

Im Alter zwischen 14 bis 16 Jahren sei er dann zum Täter geworden. Dabei sei es nicht zu Gewalt gekommen, die sexuellen Handlungen seien gegenseiti­g ausgeübt worden. „Die Re-Inszenieru­ng der Taten ist wohl aus einem Ohnmachtsg­efühl heraus geschehen“, sagte der Anwalt. Sein Mandant sei jetzt in einer Therapie-Einrichtun­g.

Ziel der Verhandlun­g vor dem Landgerich­t sei es, dass sein Mandant den eingeschla­genen Weg weitergehe­n könne. Das Gericht hat bis Ende Oktober zwei weitere Prozesstag­e angesetzt.

Rund um den Missbrauch­sfall auf einem Campingpla­tz bei Lügde (Nordrhein-Westfalen) hatte das Landgerich­t Detmold im August und September erste Urteile gesprochen. Die Haupttäter wurden wegen hundertfac­hen Kindesmiss­brauchs zu Freiheitss­trafen von 13 und zwölf Jahren sowie anschließe­nder Sicherungs­verwahrung verurteilt. Ein dritter Mann erhielt wegen Anstiftung und Beihilfe eine zweijährig­e Haftstrafe auf Bewährung. (dpa)

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