Strahlenmüll ist unbedenklich
Entsorgung Der Gutachter des Freiburger Öko-Instituts kommt für die Verbrennung in Weißenhorn zu einem sehr eindeutigen Ergebnis. Dennoch gibt es einen Zweifler
Landkreis Jetzt liegt das umfassende Gutachten auf dem Tisch, das die Frage beantwortet: Ist es gefährlich, wenn in Weißenhorn sogenannter freigemessener, also nur leicht strahlender Abfall aus dem Atomkraftwerk Gundremmingen (AKW) verbrannt wird? Bereits im Sommer hieß es in einer vorläufigen Bilanz des beauftragten Öko-Instituts Freiburg, dass davon keine Gefahr für die Bevölkerung ausgehe. Jetzt bekamen es die Mitglieder des Umweltund Werkausschusses noch einmal schwarz auf weiß. Allerdings zog einer das Papier grundsätzlich in Zweifel.
Gutachter Christian Küppers hat in seiner Untersuchung verschiedene Szenarien durchgerechnet, um die mögliche Belastung der Bevölkerung abschätzen zu können. Am Ende zog er ein klares Fazit: Die zu erwartende Strahlendosis, die aus dem Verbrennungsschornstein auf die Menschen niedergeht, liege um das Fünftausendfache unter dem gesetzlich festgelegten Höchstwert. „In der Umgebung der Verbrennungsanlage kann man nicht mit einer relevanten Belastung für die Bevölkerung rechnen“, sagte er am Donnerstag im Ausschuss. Im Mai war wieder einmal eine Lieferung aus Gundremmingen im Müllofen gelandet, anschließend wurden Proben in Schlacken, Flugasche und Abluft genommen und untersucht. Dabei fanden sich „in sehr geringer Konzentration“in Schlacke und Flugasche sogenannte künstliche Radionuklide, wie sie typischerweise in Atomkraftwerken entstehen. In den Proben von Luft und Regenwasser, die laut Küppers in Windrichtung genommen wurden, ließen sich solche strahlenden Teilchen überhaupt nicht nachweisen.
Der Wissenschaftler hat Berechnungen angestellt, was es für die Bevölkerung bedeuten würde, wenn maximal 15 Tonnen aus Gundremmingen so wie jetzt pro Jahr in der Feuerung landen, und was passiert, wenn daraus einmal 100 Tonnen würden. Das wäre der Fall, wenn das Atomkraftwerk tatsächlich zurückgebaut wird. In beiden Fällen kommt Küppers zu dem Schluss, die Menschen in der Umgebung der Verbrennung wären keiner spürbaren Gefahr ausgesetzt. In einem Rechenbeispiel schätzte er ab, was passieren würde, wenn eine Person, die etwa 1500 Meter von der Anlage wohnt, sich ausschließlich von dem ernährte, was auf einem Acker unmittelbar neben der Anlage wächst. Sein Ergebnis: „Das spielt praktisch überhaupt keine Rolle.“
Der stärksten Belastung durch den Gundremminger Müll sind tatsächlich die Menschen ausgesetzt, welche das Material transportieren. Doch das lasse sich durch einfache Maßnahmen reduzieren, etwa indem einzelne Fahrer möglichst kurz der Strahlung ausgesetzt seien. Für die Beschäftigten in Weißenhorn sei die Strahlendosis verschwindend gering. Die Weißenhorner Anlage sei also geeignet, um das freigemessene Material aus Gundremmingen zu entsorgen. Nach den bisherigen Planungen sollen maximal 100 Tonnen davon pro Jahr in der Verbrennung landen. Heuer fallen voraussichtlich 20 Tonnen an, 2020 sollen es 30 sein.
Unterdessen hat der Landkreis noch einmal mit den Betreibern des AKW verhandelt. Die haben nach Darstellung von Thomas Moritz, Werkleiter des Weißenhorner Abfallwirtschaftsbetriebs, zugesichert, die Menge an freigemessenen Abfällen wie Holz, Kabel oder Kleidung so gering wie möglich zu halten.
Bei der Diskussion der Untersuchungsergebnisse kam nur von einem grundsätzliche Kritik, von Jürgen Bischof (Freie Wähler). Er zog die Arbeit des Gutachters grundsätzlich in Zweifel, weil sie ja auf Rechenmodellen basiere, die er selber entwickelt habe. Er habe also nur sein eigenes Modell begutachtet. Das wiederum brachte ihm Konter von verschiedenen Seiten ein. Richard Ambs sagte, er sei „schon etwas entsetzt“über seinen Ausschusskollegen. Wer das Gutachten anzweifle, der wolle die Bevölkerung verunsichern. Er erinnerte daran, dass laut Küppers die Belastung für die Menschen nur ein Fünftausendstel des zulässigen Grenzwertes von zehn Mikrosievert pro Jahr betrage. Der Grüne Heinzentfernt Peter Ehrenberg merkte an: „Man kann an allem sterben, es kommt auf die Dosis an – aber die ist so gering, dass sie für die Bevölkerung zu vernachlässigen ist.“Von Bischof würden Ängste geschürt, „wo keine da sein sollten“.
Die Kritik von Herbert Richter (SPD) zielte in eine andere Richtung. Er bemängelte, die ganze Angelegenheit hätte vor dem Abschluss des Entsorgungsvertrages mit dem Landkreis Günzburg transparent dargestellt werden sollen. Das sei nicht geschehen. Er verlangte, dass eine Höchstmenge an freigemessenem Material in die Vereinbarung mit dem Nachbarkreis aufgenommen werde. Die steht da bisher nicht drin. Sie kommt auch nicht hinein, wie Landrat Thorsten Freudenberger erklärte, weil der Vertrag rechtsgültig ist. Ohnehin sei in dieser Angelegenheit alles nach Recht und Gesetz abgelaufen. Er räumte ein, „politisch muss man das künftig anders machen“.