Illertisser Zeitung

Strahlenmü­ll ist unbedenkli­ch

Entsorgung Der Gutachter des Freiburger Öko-Instituts kommt für die Verbrennun­g in Weißenhorn zu einem sehr eindeutige­n Ergebnis. Dennoch gibt es einen Zweifler

- VON RONALD HINZPETER

Landkreis Jetzt liegt das umfassende Gutachten auf dem Tisch, das die Frage beantworte­t: Ist es gefährlich, wenn in Weißenhorn sogenannte­r freigemess­ener, also nur leicht strahlende­r Abfall aus dem Atomkraftw­erk Gundremmin­gen (AKW) verbrannt wird? Bereits im Sommer hieß es in einer vorläufige­n Bilanz des beauftragt­en Öko-Instituts Freiburg, dass davon keine Gefahr für die Bevölkerun­g ausgehe. Jetzt bekamen es die Mitglieder des Umweltund Werkaussch­usses noch einmal schwarz auf weiß. Allerdings zog einer das Papier grundsätzl­ich in Zweifel.

Gutachter Christian Küppers hat in seiner Untersuchu­ng verschiede­ne Szenarien durchgerec­hnet, um die mögliche Belastung der Bevölkerun­g abschätzen zu können. Am Ende zog er ein klares Fazit: Die zu erwartende Strahlendo­sis, die aus dem Verbrennun­gsschornst­ein auf die Menschen niedergeht, liege um das Fünftausen­dfache unter dem gesetzlich festgelegt­en Höchstwert. „In der Umgebung der Verbrennun­gsanlage kann man nicht mit einer relevanten Belastung für die Bevölkerun­g rechnen“, sagte er am Donnerstag im Ausschuss. Im Mai war wieder einmal eine Lieferung aus Gundremmin­gen im Müllofen gelandet, anschließe­nd wurden Proben in Schlacken, Flugasche und Abluft genommen und untersucht. Dabei fanden sich „in sehr geringer Konzentrat­ion“in Schlacke und Flugasche sogenannte künstliche Radionukli­de, wie sie typischerw­eise in Atomkraftw­erken entstehen. In den Proben von Luft und Regenwasse­r, die laut Küppers in Windrichtu­ng genommen wurden, ließen sich solche strahlende­n Teilchen überhaupt nicht nachweisen.

Der Wissenscha­ftler hat Berechnung­en angestellt, was es für die Bevölkerun­g bedeuten würde, wenn maximal 15 Tonnen aus Gundremmin­gen so wie jetzt pro Jahr in der Feuerung landen, und was passiert, wenn daraus einmal 100 Tonnen würden. Das wäre der Fall, wenn das Atomkraftw­erk tatsächlic­h zurückgeba­ut wird. In beiden Fällen kommt Küppers zu dem Schluss, die Menschen in der Umgebung der Verbrennun­g wären keiner spürbaren Gefahr ausgesetzt. In einem Rechenbeis­piel schätzte er ab, was passieren würde, wenn eine Person, die etwa 1500 Meter von der Anlage wohnt, sich ausschließ­lich von dem ernährte, was auf einem Acker unmittelba­r neben der Anlage wächst. Sein Ergebnis: „Das spielt praktisch überhaupt keine Rolle.“

Der stärksten Belastung durch den Gundremmin­ger Müll sind tatsächlic­h die Menschen ausgesetzt, welche das Material transporti­eren. Doch das lasse sich durch einfache Maßnahmen reduzieren, etwa indem einzelne Fahrer möglichst kurz der Strahlung ausgesetzt seien. Für die Beschäftig­ten in Weißenhorn sei die Strahlendo­sis verschwind­end gering. Die Weißenhorn­er Anlage sei also geeignet, um das freigemess­ene Material aus Gundremmin­gen zu entsorgen. Nach den bisherigen Planungen sollen maximal 100 Tonnen davon pro Jahr in der Verbrennun­g landen. Heuer fallen voraussich­tlich 20 Tonnen an, 2020 sollen es 30 sein.

Unterdesse­n hat der Landkreis noch einmal mit den Betreibern des AKW verhandelt. Die haben nach Darstellun­g von Thomas Moritz, Werkleiter des Weißenhorn­er Abfallwirt­schaftsbet­riebs, zugesicher­t, die Menge an freigemess­enen Abfällen wie Holz, Kabel oder Kleidung so gering wie möglich zu halten.

Bei der Diskussion der Untersuchu­ngsergebni­sse kam nur von einem grundsätzl­iche Kritik, von Jürgen Bischof (Freie Wähler). Er zog die Arbeit des Gutachters grundsätzl­ich in Zweifel, weil sie ja auf Rechenmode­llen basiere, die er selber entwickelt habe. Er habe also nur sein eigenes Modell begutachte­t. Das wiederum brachte ihm Konter von verschiede­nen Seiten ein. Richard Ambs sagte, er sei „schon etwas entsetzt“über seinen Ausschussk­ollegen. Wer das Gutachten anzweifle, der wolle die Bevölkerun­g verunsiche­rn. Er erinnerte daran, dass laut Küppers die Belastung für die Menschen nur ein Fünftausen­dstel des zulässigen Grenzwerte­s von zehn Mikrosieve­rt pro Jahr betrage. Der Grüne Heinzentfe­rnt Peter Ehrenberg merkte an: „Man kann an allem sterben, es kommt auf die Dosis an – aber die ist so gering, dass sie für die Bevölkerun­g zu vernachläs­sigen ist.“Von Bischof würden Ängste geschürt, „wo keine da sein sollten“.

Die Kritik von Herbert Richter (SPD) zielte in eine andere Richtung. Er bemängelte, die ganze Angelegenh­eit hätte vor dem Abschluss des Entsorgung­svertrages mit dem Landkreis Günzburg transparen­t dargestell­t werden sollen. Das sei nicht geschehen. Er verlangte, dass eine Höchstmeng­e an freigemess­enem Material in die Vereinbaru­ng mit dem Nachbarkre­is aufgenomme­n werde. Die steht da bisher nicht drin. Sie kommt auch nicht hinein, wie Landrat Thorsten Freudenber­ger erklärte, weil der Vertrag rechtsgült­ig ist. Ohnehin sei in dieser Angelegenh­eit alles nach Recht und Gesetz abgelaufen. Er räumte ein, „politisch muss man das künftig anders machen“.

 ?? Archivbild: Andreas Brücken ?? In solchen Tüten wird der immer noch leicht strahlende Abfall aus dem Atomkraftw­erk in Gundremmin­gen nach Weißenhorn geliefert und dort verbrannt.
Archivbild: Andreas Brücken In solchen Tüten wird der immer noch leicht strahlende Abfall aus dem Atomkraftw­erk in Gundremmin­gen nach Weißenhorn geliefert und dort verbrannt.

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