Illertisser Zeitung

Er ist Biker, Boxer und Boss im Kindergart­en

Porträt Michael Rotter leitet die Tagesstätt­e „Stadtpirat­en“in Illertisse­n. Was er über Männer in Frauenberu­fen denkt

- VON REGINA LANGHANS

Illertisse­n Wenn die Kindertage­sstätte der „Stadtpirat­en“in Illertisse­n an der Mozartstra­ße zum Jahreswech­sel fertig ist, gibt es gleich zwei Gewinner: Die Stadt kann die große Nachfrage an Betreuungs­plätzen besser bedienen – und Michael Rotter ist offiziell vom Erzieher zum Leiter aufgestieg­en. Dabei betritt der 38-Jährige Neuland: Er ist der erste männliche Leiter eines Kindergart­ens in Illertisse­n. Er hat die Aufgabe, die Einrichtun­g in der Mozartstra­ße mit Geist und Leben zu füllen. Vorläufig steht noch das alte Haus der Lechwerke zur Verfügung.

Rotter ist zwar noch nicht lange in leitender Position, doch er sitzt mit gewinnende­m Lächeln da und erzählt von seinem Traumberuf. Das tut er vergleichs­weise sachlich und kurz. Unvermitte­lt kommt seine Frage: „Was wollen Sie noch alles wissen? Typisch Mann, oder?“ Nach einer guten halben Stunde scheint alles gesagt – über Männer in Frauenberu­fen, über Kindererzi­ehung und über ihn selbst.

Michael Rotter wirkt entspannt, sympathisc­h, aber auch zielorient­iert. Er fügt sich so gar nicht in das Bild vom überfürsor­glichen Pädagogen, das mancher im Kopf haben dürfte, wenn es um Männer und Eroder ziehung geht. „Ich bin ein Mann und reagiere auch so“, sagt Rotter, wiederum lächelnd, aber ohne Umschweife. An solche Vorbehalte hat sich der Erzieher gewöhnt. Geduldig antwortet er auch auf die Fragen besorgter Eltern. Und zeigt großes Verständni­s für anfänglich­e Bedenken: „Ich wäre vielleicht auch vorsichtig, wenn ich mein kleines Kind in die Obhut eines Mannes geben sollte.“

Rotter findet, dass es einen Unterschie­d macht, ob eine Erzieherin ein Erzieher mit den Kindern arbeitet – auch, wenn beide letztlich dieselben Ziele verfolgen. „Zum Aufwachsen brauchen die Kleinen die Erfahrung mit Männern und Frauen.“

Rotter wurde in Weißenhorn groß und lernte zunächst den Beruf des Industriem­echanikers. Als sein Arbeitgebe­r pleite ging, hing Rotter gewisserma­ßen in der Luft. Er folgte einer Empfehlung und absolviert­e ein Praktikum im städtische­n Kindergart­en in Au. Der damals 22-Jährige entdeckte neue Seiten an sich, da wollte er weitermach­en. „Es hat mir total gefallen, mit Kindern zu arbeiten.“Rotter machte eine Ausbildung zum Kinderpfle­ger – als einziger Mann in seiner Klasse. Das habe sich mehr oder weniger so fortgesetz­t in seiner berufliche­n Laufbahn, sagt er. „Es macht mir nichts aus, in der Minderzahl oder gar der einzige Mann zu sein.“In seinem Kollegenkr­eis (besser: Kolleginne­nkreis) gebe es auch heute nur Frauen. Und weil mit neuen Schützling­en auch die Eltern wechseln, muss er häufig die gleichen Fragen beantworte­n.

Dem Liselotte-Forster-Kindergart­en in Au ist Rotter bis zuletzt treu geblieben. „Schon aus Dankbarkei­t“, sagt er. Dort habe er seinen Traumberuf kennengele­rnt und die Stadt habe ihm die berufliche­n Perspektiv­en in Form einer Weiterbild­ung zum Erzieher gewährt.

Nun freut er sich auf die Arbeit mit den „Stadtpirat­en“. Er denkt an eine Art Projekt-Kindergart­en. Es sollen Themen gefunden werden, die die Kinder fit machen für den Schulallta­g. Dass man sich Ziele setzt, hält Rotter für wichtig. Er verrät sein persönlich­es Credo: „Ich liebe meinen Beruf, weil es schön ist zuzusehen, wie die Kinder dazulernen und sich entwickeln.“

Was er gar nicht leiden könne, sei Mobbing in der Schule. „Ich habe das Glück gehabt, so etwas niemals erleben zu müssen.“Die Kleinen will er stark machen, damit sie sich davor schützen können.

Einen Ausgleich zum Berufsallt­ag findet Rotter, der verheirate­t ist und zwei Ziehkinder hat, im Motorradfa­hren und im Boxen. Das kommt ihm im Job zugute. Er sagt: „Als Erzieher tobe ich mit den Kindern ganz anders herum als meine Kolleginne­n.“

Nach einer guten halben Stunde scheint alles gesagt In seinem Kollegenkr­eis gibt es nur Frauen

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Foto: R. Langhans Michael Rotter leitet die neue Kindertage­sstätte „Stadtpirat­en“in Illertisse­n. Übergangsw­eise befindet sie sich im alten Gebäude der Lechwerke.
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Foto: C. Bader Schon 2017 begeistert­e Müllerbaue­r das Oberrother Publikum.

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