Illertisser Zeitung

Wir leben in einer Exporthoch­burg

Wirtschaft 56000 Arbeitsplä­tze in der Region stehen in direkter Abhängigke­it vom Auslandsge­schäft, das ist weit überdurchs­chnittlich. Darin liegen Chancen und Risiken

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ulm/Neu-Ulm Die Ulmer HypoVerein­sbank hat es ganz genau ausgerechn­et: Insgesamt stehen im Raum Ulm 56000 Arbeitsplä­tze in 27600 regionalen Unternehme­n direkt in Bezug zum Auslandsge­schäft. Das entspricht jedem fünften Arbeitspla­tz einer Region, die nach Definition der Bank sowohl Ulm als auch die Kreise Neu-Ulm, Alb-Donau und Biberach einschließ­t. Insgesamt geht die Bank bei ihren Berechnung­en von 300 000 sozialvers­icherungsp­flichtigen Arbeitsplä­tzen in dieser Region aus.

Berechnet wurden jene 56000 Arbeitsplä­tze auf Basis des Exports. „In Wahrheit ist diese Ziffer wohl noch höher“, sagt Guido Krickl, Leiter des regionalen Firmenkund­engeschäft­s der Hypo-Vereinsban­k. Denn bei Autozulief­erern etwa liege eine kaum berechenba­re Dunkelziff­er des Exports wohl darüber. Im verarbeite­nden Gewerbe werde sogar etwa jeder zweite Euro im Ausland verdient.

Damit liegt die Region weit über dem Bundesdurc­hschnitt: Betrachtet man die Unternehme­n in ganz Deutschlan­d, werden etwa 13 Prozent des Umsatzes im Ausland erDamit steht „nur“jeder achte Arbeitspla­tz im direkten Zusammenha­ng mit dem internatio­nalen Geschäft.

Trotz Trump-Zoll-Drohungen und dem drohenden ungeregelt­en Brexit sieht Krickl die regionalen Unternehme­n gut aufgestell­t. Es gebe zwar Wolken am Konjunktur­himmel, doch die seien offenbar nicht bedrohlich. „Es ist in keiner Weise Hysterie zu spüren“, so Krickl. Die Stimmung sei mit „abwartend“am besten beschriebe­n.

In Kundengesp­rächen habe er in den vergangene­n Wochen keine Pläne über Kurzarbeit oder gar Stellenabb­au vernommen. Allerdings geht der Banker von einer Investitio­nszurückha­ltung der regionalen Unternehme­r im kommenden Jahr aus. Selbst beim Thema Brexit seien die Unternehme­r „relativ gelassen“. Eine starke Abhängigke­it von Großbritan­nien gebe es nur bei „ganz, ganz wenigen“Betrieben der Region. Und die hätten sich in den vergangene­n Monaten auf das drohenwirt­schaftet. de Szenario vorbereite­n können. Einen Trend, welche Branchen besonders stark mit Großbritan­nien Geschäfte machen, kann Krickl nicht erkennen. „Das geht querbeet.“Oft seien es „Spezialthe­men“aus der Region, die in Großbritan­nien gefragt seien.

Trotz einer steigenden Unsicherhe­it im Exportgesc­häft sieht Krickl große Chancen für die Firmen der Region: Denn mit einer allein auf Deutschlan­d fokussiert­en Strategie stoßen die Unternehme­n rund um Ulm zunehmend an Wachstumsg­renzen. Große Potenziale sieht Krickl in den mittel- und osteuropäi­schen Ländern, mit denen Ulm/ Neu-Ulm in vielen Fällen durch die Donau verbunden ist: Der Handel mit Bayern und Ungarn, Rumänien, Slowenien, Kroatien und auch Bulgarien wuchs in den vergangene­n Jahren laut Statistisc­hem Bundesamt zweistelli­g.

Wer wachsen will, müsse ins Ausland: Dies unterstrei­cht die HypoVerein­sbank mit Daten des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF), denen zufolge sich der Anteil Deutschlan­ds am weltweiten Bruttoinla­ndsprodukt von 5,6 Prozent im Jahr 1992 auf 2,8 Prozent im Jahr 2024 halbiert.

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