Wir leben in einer Exporthochburg
Wirtschaft 56000 Arbeitsplätze in der Region stehen in direkter Abhängigkeit vom Auslandsgeschäft, das ist weit überdurchschnittlich. Darin liegen Chancen und Risiken
Ulm/Neu-Ulm Die Ulmer HypoVereinsbank hat es ganz genau ausgerechnet: Insgesamt stehen im Raum Ulm 56000 Arbeitsplätze in 27600 regionalen Unternehmen direkt in Bezug zum Auslandsgeschäft. Das entspricht jedem fünften Arbeitsplatz einer Region, die nach Definition der Bank sowohl Ulm als auch die Kreise Neu-Ulm, Alb-Donau und Biberach einschließt. Insgesamt geht die Bank bei ihren Berechnungen von 300 000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in dieser Region aus.
Berechnet wurden jene 56000 Arbeitsplätze auf Basis des Exports. „In Wahrheit ist diese Ziffer wohl noch höher“, sagt Guido Krickl, Leiter des regionalen Firmenkundengeschäfts der Hypo-Vereinsbank. Denn bei Autozulieferern etwa liege eine kaum berechenbare Dunkelziffer des Exports wohl darüber. Im verarbeitenden Gewerbe werde sogar etwa jeder zweite Euro im Ausland verdient.
Damit liegt die Region weit über dem Bundesdurchschnitt: Betrachtet man die Unternehmen in ganz Deutschland, werden etwa 13 Prozent des Umsatzes im Ausland erDamit steht „nur“jeder achte Arbeitsplatz im direkten Zusammenhang mit dem internationalen Geschäft.
Trotz Trump-Zoll-Drohungen und dem drohenden ungeregelten Brexit sieht Krickl die regionalen Unternehmen gut aufgestellt. Es gebe zwar Wolken am Konjunkturhimmel, doch die seien offenbar nicht bedrohlich. „Es ist in keiner Weise Hysterie zu spüren“, so Krickl. Die Stimmung sei mit „abwartend“am besten beschrieben.
In Kundengesprächen habe er in den vergangenen Wochen keine Pläne über Kurzarbeit oder gar Stellenabbau vernommen. Allerdings geht der Banker von einer Investitionszurückhaltung der regionalen Unternehmer im kommenden Jahr aus. Selbst beim Thema Brexit seien die Unternehmer „relativ gelassen“. Eine starke Abhängigkeit von Großbritannien gebe es nur bei „ganz, ganz wenigen“Betrieben der Region. Und die hätten sich in den vergangenen Monaten auf das drohenwirtschaftet. de Szenario vorbereiten können. Einen Trend, welche Branchen besonders stark mit Großbritannien Geschäfte machen, kann Krickl nicht erkennen. „Das geht querbeet.“Oft seien es „Spezialthemen“aus der Region, die in Großbritannien gefragt seien.
Trotz einer steigenden Unsicherheit im Exportgeschäft sieht Krickl große Chancen für die Firmen der Region: Denn mit einer allein auf Deutschland fokussierten Strategie stoßen die Unternehmen rund um Ulm zunehmend an Wachstumsgrenzen. Große Potenziale sieht Krickl in den mittel- und osteuropäischen Ländern, mit denen Ulm/ Neu-Ulm in vielen Fällen durch die Donau verbunden ist: Der Handel mit Bayern und Ungarn, Rumänien, Slowenien, Kroatien und auch Bulgarien wuchs in den vergangenen Jahren laut Statistischem Bundesamt zweistellig.
Wer wachsen will, müsse ins Ausland: Dies unterstreicht die HypoVereinsbank mit Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF), denen zufolge sich der Anteil Deutschlands am weltweiten Bruttoinlandsprodukt von 5,6 Prozent im Jahr 1992 auf 2,8 Prozent im Jahr 2024 halbiert.