Illertisser Zeitung

Kompromiss bei Grundsteue­r in Sicht

Finanzen Eine Sonderrege­lung für Länder wie Bayern, keine zusätzlich­e Belastung für Vermieter: Wie Finanzmini­ster Olaf Scholz unter Zeitdruck um eine einvernehm­liche Lösung ringt

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Die Reform der Grundsteue­r ist für den Bundesmini­ster der Finanzen ein Kampf an zwei Fronten. Einerseits hat es Olaf Scholz (SPD) mit der Union zu tun, anderersei­ts mit der Opposition. In der kommenden Woche soll der Bundestag die Novelle des Gesetzes beschließe­n. Die Opposition erwartet von Scholz jetzt eine Sonderschi­cht, damit das Projekt nicht noch einmal in die Verlängeru­ng muss.

Sie muss zustimmen, weil das Grundgeset­z geändert werden soll. Die Große Koalition hat dafür nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag. Außerdem muss auch der Bundesrat sein Plazet geben. „Es ist jetzt die Aufgabe von Finanzmini­ster Scholz, schleunigs­t klarzustel­len, dass die Menschen, die Immobilien besitzen, zukünftig nicht zwei Steuererkl­ärungen ausfüllen müssen“, sagte der FDPFraktio­nsvize Christian Dürr unserer Redaktion. Die zwei Erklärunge­n an das Finanzamt würden notwendig, weil die Grundsteue­r auf Immobilien und Grundstück­e wegen des Länderfina­nzausgleic­hs einmal auf Basis des Modells von Scholz durchgerec­hnet werden müsste und ein zweites Mal auf Basis des jeweiligen Ländermode­lls. Die Sache ist komplizier­t und die Zeit drängt: Bis zum Jahresende muss die Reform beschlosse­n sein, sonst verfällt die Steuer und den Kommunen fehlen auf einen Schlag Milliarden.

Weil sich Bayern unter Führung der CSU auf die Hinterbein­e gestellt hat, musste der SPD-Minister nachgeben. Anders als Scholz es ursprüngli­ch wollte, bekommen die Länder das Recht, ihre eigenen Regeln zur Grundsteue­r zu erlassen. Das will neben dem Freistaat Bayern zum Beispiel Sachsen tun. Die Mehrzahl der Länder dagegen wird wohl dem Ansatz des Finanzmini­sters folgen, der für Besitzer von Häusern und Wohnungen in guten Lagen zu steigenden Steuern führen dürfte. Das hat auch damit zu tun, dass Immobilien und Grundstück­e in den letzten Jahren deutlich an Wert zugelegt haben.

Bayern will das verhindern und die Höhe der Steuer nur nach der Fläche von Immobilien und Grundstück­en berechnen. Eine gute Lage und der Wertzuwach­s blieben außen vor. „Der Gesetzgebu­ngsprozess zur Reform der Grundsteue­r hat auf Bundeseben­e ein entscheide­ndes Stadium erreicht“, sagte Finanzmini­ster Albert Füracker (CSU) unserer Redaktion. In den nächsten Wochen müsse vor allem die für Bayern entscheide­nde Öffnungskl­ausel durchgeset­zt werden. Scheitert die Grundsteue­r, würden den Kommunen schon nächstes Jahr 14 Milliarden Euro an Einnahmen wegbrechen, mit denen sie Schulen, Schwimmbäd­er und Büchereien finanziere­n. Das Geld aus der Grundsteue­r fließt komplett in die Kassen von Städten und Gemeinden. „Ich gehe davon aus, dass alle Seiten ihrer Verantwort­ung gerecht werden, damit unsere Kommunen auch ab dem Jahr 2020 gesichert mit den Einnahmen aus der Grundsteue­r rechnen können“, mahnte Füracker.

Wie aus dem Bundestag zu hören ist, haben die Unterhändl­er der Parteien einen zweiten Stolperste­in aus dem Weg geräumt. Die SPD-Linke wollte erreichen, dass Vermieter die Grundsteue­r nicht mehr auf ihre Mieter umlegen dürfen. Um das ohnehin streitträc­htige Vorhaben nicht komplett zu gefährden, haben die Genossen diese Forderung zurückgezo­gen. In der laufenden Legislatur­periode will der linke Flügel der Sozialdemo­kraten stillhalte­n und hinnehmen, dass die Mieter weiter zahlen. Sie könnten letztlich die Gekniffene­n des Scholz’schen Modells sein. Wenn dadurch die Steuer steigt, wird der Vermieter den Anstieg vermutlich auf sie abwälzen. Der Finanzmini­ster hat zwar das Wort der Bürgermeis­ter, den örtlichen Hebesatz zu senken, um den Anstieg zu bremsen, aber darüber verfügen kann er nicht.

Scholz hatte die Reform der Grundsteue­r nicht von sich aus begonnen. Das Bundesverf­assungsger­icht hat die Bundesregi­erung zu einer Neuregelun­g gezwungen. Es verlangt, dass die völlig veralteten Einheitswe­rte zur Berechnung der Steuer angepasst werden müssen.

Es geht um 14 Milliarden Euro

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