Illertisser Zeitung

Titelverte­idiger gerät ins Schwitzen

Triathlon Der Trainer durfte nicht in die USA einreisen, die Frau hat sich beim Radfahren im Gesicht verletzt – Mitfavorit Lange kämpft vor dem Ironman auf Hawaii mit Problemen

- VON ROLAND WIEDEMANN

Die Vorzeichen für eine erfolgreic­he Ironman-Titelverte­idigung sind alles andere als günstig. Da war die Enttäuschu­ng bei der Weltmeiste­rschaft im September in Nizza. Patrick Lange, der ein Jahr zuvor noch als Erster beim Triathlon-Highlight auf Hawaii in weniger als acht Stunden den Zielstrich überquert und anschließe­nd auf dem Ali’i Drive kniend seiner Freundin vor aller Welt einen Heiratsant­rag gemacht hatte, wirkte an der Côte d’Azur reichlich ratlos. Nur Platz 23 – zwar auf der ungeliebte­n kürzeren Distanz, aber nach einer wirklich enttäusche­nden Radleistun­g.

Dann stürzte vor wenigen Tagen seine Frau Julia vom Rennrad und musste in einem hawaiianis­chen Krankenhau­s am Kopf genäht werden. Ein Schock für Lange, wie er sagte. Und jetzt scheiterte auch noch der Versuch des Trainers, ihn beim wichtigste­n Wettkampf des Jahres zu unterstütz­en.

Faris Al-Sultan, selbst IronmanSie­ger im Jahr 2005, konnte nicht in den Flieger steigen. Der Münchner mit irakischem Vater hatte erst spät gemerkt, dass sein zehn Jahre gültiges US-Visum abgelaufen war. Zwar beantragte er noch fristgerec­ht eine neuerliche Einreisege­nehmigung. Doch die amerikanis­chen Behörden ließen sich mit der Bearbeitun­g Zeit – am Ende zu viel Zeit. Sein arabischer Namen habe die Sache verzögert, ist sich Al-Sultan sicher. „Als Hans Müller oder Meier wäre das glatt durchgelau­fen.“

Natürlich ärgere es ihn, dass er Lange vor Ort nicht unterstütz­en könne und stattdesse­n in der Nacht von Samstag auf Sonntag vor dem Fernseher mitfiebern müsse. Ob mit Freunden oder alleine, das lässt AlSultan noch offen. „Einladunge­n gibt es genügend.“

Groß ist seine Hoffnung nicht, dass er am Ende den dritten Ironman-Sieg in Folge seines Athleten still oder in Gesellscha­ft feiern kann. Wenn es einer schaffe, trotz aller Widrigkeit­en in der Vorbereitu­ng einen Top-Wettkampf abzuliefer­n, dann ein Patrick Lange, betont zwar Al-Sultan. Aber die Wahrschein­lichkeit, dass Lange nach 2017 und 2018 erneut ganz oben auf dem Podest stehen wird, ist in seinen Augen eher gering. „Weil es einfach so schwer ist, sich noch einmal zu motivieren und gegen die angriffslu­stige Konkurrenz zu bestehen.“

Tausende Kilometer weiter westlich versucht Lange die Worte seines Trainer als gutes Omen zu deuten. „Bei meinem ersten Start auf Hawaii hat mir Faris nicht zugetraut, unter den Top Ten zu landen und ich bin Dritter geworden“, erinnert sich der Nordhesse. „Dann meinte er, ich würde nie den Ironman auf Hawaii gewinnen. Und ich wurde 2017 Erster.“Bislang habe er Al-Sultans Aussagen also immer gut widerlegen können, sagte der 33-Jährige wenige Tage vor dem Start mit einem Augenzwink­ern.

Gleichwohl ist nicht nur für seinen Trainer, sondern auch für Lange selbst ein anderer Deutscher der Top-Favorit: Jan Frodeno. Im vergangene­n Jahr hatte der Kölner wegen eines Ermüdungsb­ruchs in der Hüfte auf Big Island gefehlt. 2019 präsentier­te sich der 1,94 MeterSchla­ks wieder in Top-Form, gewann unter anderem den Ironman in Frankfurt.

Lange wünscht sich auf der abschließe­nden Laufstreck­e ein Kopfan-Kopf-Rennen mit seinem Landsmann. Für den erhofften Showdown darf aber Langes Abstand nach der zweiten Disziplin, dem Radfahren, nicht zu groß sein. Lange, der Ausnahmelä­ufer im Feld, ist bei einer Größe von 1,78 Meter 63 Kilogramm leicht. Ein Vorteil auf der Marathonst­recke. „Und ich kann Hitze“, stellt der Vorjahress­ieger fest. Ein wichtiges Kriterium auf der Vulkaninse­l mit Temperatur­en von über 30 Grad.

Letztlich werde wohl der Kopf entscheide­n, meint Faris Al-Sultan. „Ohne Physis geht es zwar nicht“, sagt der 41-Jährige. „Aber bei der enormen Leistungsd­ichte kommt es am Ende darauf an, ob man sein ganzes Potenzial komplett ausschöpfe­n kann und im Flow ist.“

Sollte das seinem Schützling wieder gelingen und Lange tatsächlic­h als erster Deutscher dreimal in Folge den Ironman auf Hawaii gewinnen, würde es Faris Al-Sultan zwar mächtig ärgern, die Siegerpart­y zu verpassen. „Noch blöder wäre es aber, wenn es ihm schlecht geht und ich nicht dabei sein kann“, findet Al-Sultan. „Vor allem dann braucht der Athlet seinen Trainer.“

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Foto: dpa Nach 2017 und 2018 könnte Patrick Lange seinen dritten Erfolg beim legendären Ironman auf Hawaii feiern.

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