Behördengang per Mausklick: Wie digital sind unsere Rathäuser?
Umfrage In der bayerischen Staatsregierung steht die Digitalisierung aktuell hoch im Kurs. Immerhin gibt es ein eigenes Ministerium dafür – und kürzlich fand ein groß angelegtes Gipfeltreffen statt. Wie es auf kommunaler Ebene aussieht
Landkreis Es geht um Reisen ins Weltall, eigenständig fahrende Autos und denkende Computersysteme: Solche Szenarien bestimmten kürzlich den Digitalgipfel der bayerischen Staatsregierung. Die Digitalisierung sei die leiseste Revolution der Menschheitsgeschichte, hieß es. Und Bayern soll dabei zu einer „Leitregion“werden. Immer mehr soll künftig mit einem Mausklick oder Fingerwischen auf dem Smartphone möglich sein, auch in der öffentlichen Verwaltung. Doch wie steht es damit in unseren Städten und Gemeinden? Wir haben nachgefragt, welche Dienste die Rathäuser den Bürgern bislang online zur Verfügung stellen. Die Bilanz zeigt: Wer das Internet nutzt, kann sich schon heute manchen Gang in die Amtsstube sparen. Doch nicht alle wollen das.
Eine Handvoll Services bietet die Stadt den Bürgern digital an: Über die Homepage können beispielsweise Auskünfte aus dem Melderegister angefragt, Pässe und Führungszeugnisse beantragt werden. Insgesamt gibt es sieben Dienste. Demnächst sollen es mehr werden, wie Jens Bürkle, der EDV-Beauftragte im Rathaus, sagt. „Ein gewisses Angebot ist sinnvoll, das ist
Illertissen
heute einfach ein Zeichen der Zeit.“Momentan werde geprüft, am Förderprogramm „Digitales Rathaus“des Freistaats teilzunehmen. Das stellt nach Angaben des Digitalministeriums rund 43 Millionen Euro zum Ausbau von Diensten (das sogenannte „eGovernment“) in Bayern zur Verfügung. Wer daran teilnimmt, muss am Ende 20 OnlineServices vorweisen können, bekommt aber einen großen Teil der Kosten für deren Einrichtung bezahlt, sagt Bürkle. Allerdings müsse noch darüber diskutiert werden, ob weitere Dienste angeboten werden. Und falls ja – welche. An Vorschlägen mangelt es offenbar nicht: Die Anbieter solcher Dienstleistungen sprächen derzeit verstärkt in den Rathäusern vor. Sie vermuteten wohl, dass sich zahlreiche Kommunen am Förderprogramm beteiligen wollen, so Bürkle.
Eine Idee ist in Illertissen bereits konkret: Demnächst sollen die Anmeldungen für Kindergärten online möglich sein, sagt Hauptamtsleiterin Kerstin Breymaier. Das funktioniert so: Auf der Plattform (eines Dienstleisters) werden alle zehn Einrichtungen aufgelistet – die Eltern können sich dann am Bildschirm über die Betreuungskonzepte informieren, Anfragen stellen und Anmeldungen einreichen. Breymaier sieht darin Vorteile: „Das wäre für alle Beteiligten wesentlich einfacher.“Aus Sicht der Eltern sei die Vergabe der Plätze transparenter und die Mitarbeiter der Verwaltung könnten die Betreuungsangebote noch besser verteilen. Zudem gebe es dann „keine Zettelwirtschaft“mehr. Der Schutz der Daten sei gesichert, sagt Breymaier. Das Ganze soll bald im Kulturausschuss besprochen werden. Im Falle eines positiven Beschlusses könnte Illertissen im Frühjahr 2020 an die OnlinePlattform angebunden werden. Etwa 150 Städte und Gemeinden in Deutschland seien das bereits.
Die digitalen Angebote des Illertisser Rathauses werden also wachsen. „Das ist einfach die Zukunft“, sagt Bürgermeister Jürgen Eisen. Allerdings dürften weniger onlineaffine Bürger nicht abgehängt werden. „Es gibt immer noch Leute, die lieber in meine Sprechstunde kommen, als mir eine E-Mail zu schreiben“, sagt Eisen.
In können Bürger über das Bürgerportal 24 Stunden am Tag Kontakt mit der Verwaltung aufnehmen. Gedacht ist es für die Meldung von Mängeln oder für Anregungen und Lob. Das Portal kann auch über Smartphones oder Tablets genutzt werden und auf GPSDaten zurückgreifen. So ist es beispielsweise möglich, direkt von unterwegs eine Schadensmeldung abzugeben und den genauen Ort einzubinden. Auch Fotos können hochgeladen werden. Diese Informationen laufen zentral in der städtischen Beschwerdestelle ein und werden von dort aus an die zuständigen Abteilungen weitergeleitet.
Neu-Ulm
Eine Besonderheit im Vergleich zu anderen Kommunen stellt in Neu-Ulm die Digitalisierung der Bauleitpläne dar. Alle relevanten Daten sind über ein Geodatenportal abrufbar. Interessant für Häuslebauer: Im Sommer dieses Jahres wurde das Bauplatzvergabesystem „Baupilot“eingeführt. Damit können sich Interessierte digital auf Einfamilienbauplätze bewerben, die von der Stadt vergeben werden. Dazu müssen sie online alle notwendigen Angaben eintragen. Alle weiteren Vergabeschritte werden den Bewerbern über „Baupilot“per E-Mail mitgeteilt. In naher Zukunft plant die Stadtkämmerei die Einführung der E-Rechnung. Damit können elektronische Rechnungen vom Geschäftspartner empfangen und innerhalb der Verwaltung weiterverarbeitet werden. Der Ausdruck von Rechnungen entfällt somit.
Im Rathaus in stellen die Mitarbeiter fest, dass viele Bürger lieber den herkömmlichen Weg wählen und etwa einen Brief per Post schicken, statt OnlineDienste zu nutzen. „Leider muss man sagen, dass das noch recht wenig angenommen wird. Das ist steigerungsfähig“, sagt Geschäftsstellenleiter Bernd Ziegler. Die Möglichkeiten, etwa Formulare digital auszufüllen, seien immer wieder erweitert worden. In den kommenden Tagen soll auch das sogenannte Bürgerserviceportal auf der Internetseite der Marktgemeinde online gehen, ein Programm der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB), das schon viele Kommunen in Bayern anbieten.
Im Markt können sich die Bürger bereits manche Behördengänge sparen, indem sie das Bürgerportal auf der Website der Kommune nutzen. Dort kann man zum Beispiel den Stand des Wasserzählers eingeben oder ein Führungszeugnis bestellen. Letzteres muss dank der Datenschutzgrundverordnung aber persönlich abgeholt werden. Bald soll es noch digitaler zugehen. Die Einführung der seit Längerem geplanten Rathaus-App verzögert sich allerdings auf unbestimmte Zeit. „An uns liegt das nicht“, sagt Hauptamtsleiter Markus Wöhrle.
Babenhausen
Buch
Freistaat Bayern fördert „digitale Rathäuser“ In Buch verzögert sich die geplante App
Die Firma, die die Handyanwendung programmieren soll, habe derzeit so viel zu tun, dass sie gar nicht alle Aufträge abarbeiten könne. Auch die Kommunikation zwischen Rathaus und Bürger soll digitaler werden. Wöhrle wünscht sich unter anderem eine Chat-Funktion für die Homepage, über die Bürger ihre Anliegen schnell und unkompliziert loswerden können.
„Mit der Maus ins Rathaus“– diesen Slogan hat der Bürgermeister von Josef Walz, schon vor vielen Jahren zum ersten Mal gehört. Als schwäbischer Bezirksvorsitzender des Gemeindetags kennt er die Erfahrungen, die viele andere Gemeindeverwaltungen mit der Digitalisierung gemacht haben. Vieles sei inzwischen deutlich praktischer und einfacher für Verwaltungen und Bürger, wie zum Beispiel die Meldung des aktuellen Stands beim Wasserzähler. In Pfaffenhofen sollen nach und nach Rechnungen nicht mehr in Papierform, sondern virtuell übermittelt werden. Die Dokumentenarchivierung in digitaler Form, das Einscannen von Schriftstücken, sei inzwischen Standard, sagt Walz. Die Entwicklung sei aber nach oben offen.
Pfaffenhofen,