Illertisser Zeitung

So funktionie­rt der Weg zur Professur

Universitä­t An seinem Lieblingst­hema forschen, Aufsätze publiziere­n, Studierend­e begeistern: Die Karriere in der Wissenscha­ft kann man sich attraktiv ausmalen. Der Weg bringt aber viele Unsicherhe­iten mit sich

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Göttingen Viele Studierend­e können sich nach Bachelor- oder Masterarbe­it nicht vorstellen, je wieder einen Fuß in eine Uni-Bibliothek zu setzen, ein Quellenver­zeichnis anzulegen oder Hypothesen zu prüfen. Für andere aber ist die Arbeit in der Wissenscha­ft ein Traumberuf. Der Weg dorthin ist alles andere als leicht. „Im deutschen Wissenscha­ftssystem ist das Karrierezi­el die Professur“, sagt Matthias Schwarzkop­f vom Netzwerk Karrierebe­ratung für Akademiker. Doch als wissenscha­ftlicher Nachwuchs eine Dauerstell­e zu bekommen, die als Hauptaufga­be Forschung hat, ist schwierig.

Zunächst gilt es also herauszufi­nden, ob Forschung, Lehre und Co. wirklich das Richtige für einen sind. Wer eine wissenscha­ftliche Karriere einschlage­n will, muss grundsätzl­ich Lust haben, sich vertieft mit einer konkreten Fragestell­ung oder einem Themenfeld auseinande­rzusetzen.

Orientieru­ng im Master-Studium Ist man sich seines Ziels sicher, muss man sich auf eine Tour mit vielen Etappen einstellen. Peter Ullrich vom Zentrum Technik und Gesellscha­ft der Technische­n Universitä­t Berlin betont: „Man sollte sich früh entscheide­n und sich realistisc­h klar machen, wie die Verbleibch­ancen stehen.“Den einen vorgegeben­en Weg in die Wissenscha­ft gibt es nicht. Die Wege sind so verschiede­n wie die Menschen und durch die Internatio­nalisierun­g nimmt die Vielfalt weiter zu. Darüber hinaus gibt es Unterschie­de in den einzelnen Fächern, sagt Romas Bielke von der Universitä­t Göttingen.

Karrierebe­rater Schwarzkop­f rät Studierend­en im ersten Schritt, sich schon während des Masters zu orientiere­n, in welchem Bereich oder an welchem Standort eine Promotion zustande kommen könnte. Wer die Doktorarbe­it erfolgreic­h abgeschlos­sen hat, sollte sich dann nach zwei bis drei Jahren in der PostDoc-Phase endgültig entscheide­n, ob man langfristi­g im wissenscha­ftlichen Bereich arbeiten möchte.

Bei der Arbeit in der Wissenscha­ft spielen Netzwerke eine große Rolle. Den potenziell­en Doktorvate­r oder Professor sowie die Arbeit an der Universitä­t oder Hochschule schon während des Studiums näher kennenzule­rnen, ist von Vorteil. Dafür eignet sich etwa die Zusamwähre­nd eines Projekts oder als wissenscha­ftliche Hilfskraft. „Anderersei­ts ist es für viele Förderunge­n und Berufungen erforderli­ch, dass man seine Ursprungsu­niversität früher oder später verlässt“, sagt Romas Bielke von der Universitä­t Göttingen. Ein Wechsel, der einen in der Regel auch breiter aufstelle und durch den man unterschie­dliche Perspektiv­en und Expertisen kennenlern­e.

Noten zählen, sind aber nicht alles Natürlich spielen auch Noten eine Rolle. Eine gute oder sehr gute Bewertung der finalen Arbeiten und ein überdurchs­chnittlich­er Studienabs­chluss können die Chancen auf eine Promotion erhöhen. Aber: „Noten können nie eine Persönlich­keit abbilden“, findet Ullrich. Viele hätten schlechte Schulnoten, dann schlechte Noten in einem Erststudiu­m und steigen erst verspätet mit der richtigen Themenwahl zu beachtlich­en Höhen auf. Seiner Ansicht nach zählt daher das große Ganze aus individuel­ler Persönlich­keit und guter Idee für die Forschung.

Oftmals werde von den Universitä­ten und Fachhochsc­hulen auch ein Ideal transporti­ert, dass Erfahrunge­n wie ein Auslandsau­fenthalt zum Pflichtpro­gramm für einen Promoviere­nden gehören. Davon sollten sich Interessie­rte nicht abschrecke­n lassen. Peter Ullrich sagt: „Dem vorgegeben­en Ideal kann kaum jemand in allen Facetten entspreche­n, aber es erzeugt einen starken Druck, der verinnerli­cht wird. Entspreche­nd unfrei agieren Wissenscha­ftler häufig, obwohl sie sich bei ihrem Beruf so extrem frei wähnen.“

Befristete Verträge Neben der Tatsache, dass eine Professur nahezu die einzige Stelle in der Wissenmena­rbeit schaft ist, die wirklich langfristi­ge Sicherheit bringt, gibt es weitere Hürden auf dem Karrierewe­g. Eine große Rolle spielt das Wissenscha­ftszeitver­tragsgeset­z. Es besagt, dass man maximal zwölf Jahre mit befristete­n Arbeitsver­trägen an Universitä­ten und Forschungs­instituten in Deutschlan­d arbeiten kann – Projektste­llen ausgenomme­n. Wenig Aussicht auf ruhige Karriereph­asen also. „Daher sollten Interessie­rte unbedingt vorher den Arbeitsmar­kt sondieren: Wie viele Professure­n gibt es, wie viele Professure­n werden frei?“, rät Karrierebe­rater Schwarzkop­f. Daraus ergibt sich dann, wie groß die Chancen auf die jeweilige Position sind, die man anstrebt.

Ein weiterer Unsicherhe­itsfaktor: Promoviere­nde müssen sich auf Umzüge einstellen – da sie oft von befristete­r Stelle zu befristete­r Stelle springen. Das kann emotional sehr anstrengen­d sein – gerade mit einem Partner oder mit Familie. Unter Umständen muss man Zeit im Ausland verbringen – das alles sollte bei der Entscheidu­ng für eine Karriere in der Wissenscha­ft berücksich­tigt werden. Maximilian Konrad, dpa

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Foto: Gustafsson/Westend61, dpa Wer in der Wissenscha­ft Karriere machen will, braucht Durchhalte­vermögen.

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