Illertisser Zeitung

Das Grundwasse­r wird weltweit zum Problem

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Das Abpumpen großer Mengen von Grundwasse­r etwa zur Bewässerun­g in der Landwirtsc­haft wird zu einer zunehmende­n Bedrohung für die Umwelt: Bis zum Jahr 2050 dürfte sich in vielen Gebieten mit intensiver Förderung die Grundwasse­rzufuhr zu Oberfläche­ngewässern und anderen Ökosysteme­n kritisch verringern. Das berichtet ein internatio­nales Forscherte­am um Inge de Graaf von der Universitä­t Freiburg nach Simulation­en mit einem weltweiten Modell in Nature.

Bereits heute zeigten sich Umweltschä­den in einigen Gegenden, in denen seit den 1960er Jahren regelmäßig Grundwasse­r abgepumpt wird: „Betroffen sind schon jetzt der Mittlere Westen der USA und das Indus-Becken-Projekt zwischen Afghanista­n und Pakistan“, so de Graaf. Einige landwirtsc­haftliche Brunnen in den USA sind fast 300 Meter tief, weil der Grundwasse­rspiegel so tief abgesunken ist.

Sie und ihre Kollegen gaben Daten zum Klima und zum Wasserbeda­rf des Menschen für die Jahre 1960 bis 2010 in ihr Grundwasse­rund Flussmodel­l ein. Für die Jahre 2010 bis 2100 wurde die Entwicklun­g simuliert. Als umweltgefä­hrdend werteten die Forscher das Abpumpen, wenn das Grundwasse­r in zwei aufeinande­rfolgenden Jahren für mindestens drei Monate unter einen Grenzwert fällt.

Normalerwe­ise steht das Wasser in Flüssen und Seen mit dem Grundwasse­r im Austausch. Die Hydrologen beschreibe­n, wie durch tiefe Brunnen das Grundwasse­r vom Oberfläche­nwasser abgekoppel­t werden kann. Liegen die Flüsse und Seen in heißen und trockenen Gebieten, drohen demnach große ökologisch­e Veränderun­gen. „Wenn wir in den nächsten Jahrzehnte­n weiter so viel Grundwasse­r fördern wie bisher, wird in Zukunft auch für Regionen in Süd- und Mitteleuro­pa wie Portugal, Spanien und Italien sowie in den nordafrika­nischen Ländern ein kritischer Punkt erreicht“, betont de Graaf.

Die Wissenscha­ftler errechnete­n, dass im Jahr 2050 in den feuchteste­n Gegenden, in denen Grundwasse­r gefördert wird, 42 Prozent der Gebiete den kritischen Punkt erreicht haben werden. In den trockenste­n Gebieten sind sogar 79 Prozent der Gebiete. Der Durchschni­ttswert liegt bei 58 Prozent.

„Der Klimawande­l wird diese Entwicklun­g eventuell noch beschleuni­gen, da wir weniger Niederschl­äge erwarten“, erläutert die Hydrologin. Nicht berücksich­tigt in dem Modell ist der sich erhöhende Wasserbeda­rf durch eine steigende Zahl von Menschen auf der Welt.

Jan Fleckenste­in, Hydrogeolo­ge am Helmholtz-Zentrum für Umweltfors­chung in Leipzig, weist allerdings darauf hin, dass künftig insgesamt nicht weniger Wasser im globalen Wasserkrei­slauf zirkuliere­n wird, sondern dass es nur anders verteilt wird: „In vielen Gegenden kann es auch feuchter werden.“Das verwendete Modell bilde jedoch die Prozesse gut ab, die zum Rückgang der Grundwasse­rabflüsse führen.

Abgesehen von regionalen Ausnahmen sieht Fleckenste­in für Deutschlan­d in naher Zukunft keine Gefahr einer Übernutzun­g des Grundwasse­rs. Wenn es im Zuge des Klimawande­ls aber mehr trockene Sommer wie im vergangene­n Jahr gäbe, könnte sich dies allerdings ändern. Stefan Parsch

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