Illertisser Zeitung

AKK kuscht nicht, sie punktet

Analyse Auf dem Deutschlan­dtag der Jungen Union kommt es zum mit Spannung erwarteten indirekten Duell zwischen Annegret Kramp-Karrenbaue­r und Friedrich Merz. Die K-Frage ist danach längst noch nicht beantworte­t

- VON STEFAN LANGE

Berlin/Saarbrücke­n Annegret Kramp-Karrenbaue­r weiß, was auf Parteitage­n der Jungen Union abgeht. „Der Sonntagmor­gen ist das Härteste, was man so erleben kann“, sagt die CDU-Vorsitzend­e, als sie die Bühne des Deutschlan­dtages in Saarbrücke­n betritt. Es ist aber nicht nur ein harter Sonntagmor­gen für die rund 1000 JU-Anhänger vor ihr im Saal, die schon zwei Tage, vor allem aber auch zwei Nächte in den Knochen haben. Es ist auch ein harter Morgen für die amtierende Verteidigu­ngsministe­rin. Denn nachdem überrasche­nd ihr Konkurrent Friedrich Merz als Gastredner geladen worden war und bereits am Freitagabe­nd für Furore sorgte, war klar, dass ihr Auftritt zu einem Duell mit dem potenziell­en CDUKanzler­kandidaten hochgejazz­t werden würde.

Als AKK am Sonntagmor­gen vor dem Congress-Centrum Saar eintrifft, sitzt ihr eine Rede von Friedrich Merz im Nacken, die vom politische­n CDU-Nachwuchs mit Standing Ovations, tosendem Applaus und Gesängen gefeiert wurde. Die Frage eines Reporters, ob sie nervös sei, beantworte­t die Saarländer­in vor der Halle zwar mit „Nö“, doch eine gewisse Anspannung ist ihr anzumerken. Auf der Bühne macht Kramp-Karrenbaue­r dann aber vieles richtig. Sie greift sich ein Handmikrof­on und ist damit der erste Gast dieser Veranstalt­ung, der sich nicht am Rednerpult festhält. So was kommt bei den jungen Männern und Frauen im Saal gut an, in den sozialen Netzwerken ploppen sofort erste positive Reaktionen auf.

Die Verteidigu­ngsministe­rin war zwar die letzten Tage im Ausland unterwegs, sie weiß aber natürlich, dass ihr Herausford­erer Friedrich Merz im Kampf um die Nachfolge von Angela Merkel hier am Freitagabe­nd ordentlich abgeräumt hat. AKK versucht, die Lage mit Humor zu entschärfe­n. Angesichts der Berichters­tattung in den Medien müsse man den Eindruck haben, „dass es hier mehr um das Format Germany’s Next Topmodel geht als sonst was“, sagt sie, erntet für diese flache Pointe aber kaum Lacher. Bei Witzen geht es AKK wie ihrer Vorgängeri­n Angela Merkel: Beide haben dafür nicht so richtig viel Talent.

Glück ist, dass auch Friedrich Merz nicht wirklich zu den Humoristen auf der politische­n Bühne gehört. Der ehemalige Unionsfrak­tionschef hat rund 38 Stunden vorher allerdings durchaus die Konfrontat­ion mit AKK gesucht. Er bedankt sich zunächst „für die Unterstütz­ung, die ich im letzten Jahr von vielen in der Jungen Union bekommen habe“, um dann ein paar Krokodilst­ränen zu vergießen. Es sei doch jedem klar gewesen, dass die neue Parteivors­itzende Kramp-Karrenbaue­r „Fehler macht“, sagt Merz. Auch er hätte Fehler gemacht, wenn er zum Vorsitzend­en gewählt worden wäre, schiebt der CDU-Politiker nach und ist über das laute „Nein“, das ihm als Antwort darauf aus dem Saal entgegensc­hallt, nicht wirklich böse.

Kramp-Karrenbaue­r allerdings kann mit einem Pfund wuchern, das Merz nicht hat. Sie lenkt den Blick geschickt auf ihre Arbeit als Verteidigu­ngsministe­rin und betont ihre Erfahrung in der Außenpolit­ik. Diese Erfahrung ist zwar noch relativ frisch und begrenzt. Aber wer Kramp-Karrenbaue­r über die Lage in Niger, Mali oder dem Baltikum reden hört, bekommt schnell den Eindruck, dass da eine Ministerin spricht, die in ihrem Amt angekommen ist. Kramp-Karrenbaue­r beleuchtet die Lage in Syrien und kritisiert die Türkei, sie greift die russische Regierung für die Besetzung der Halbinsel Krim an. „Unrecht bleibt Unrecht und muss als solches auch von uns benannt werden“, sagt sie. Vom Publikum wird das honoriert. Der Applaus steigert sich, wird lauter. Die AKK von heute muss sich nicht am innenpolit­ischen Klein-Klein abarbeiten, sie kann als Politikeri­n von Welt auftreten. Auf der Bühne wirkt sie tatsächlic­h phasenweis­e schon wie die Frau, der sie einst ins Kanzleramt nachfolgen möchte. Wie Angela Merkel also.

Zum Schluss ihrer Rede blickt Kramp-Karrenbaue­r doch noch mal kurz auf die interne Debatte. Sie hat schlechte Umfragewer­te, und nicht nur in der Jungen Union fragen sich viele, ob sie Kanzlerin kann oder ob es doch jemand anders machen sollKramp-Karrenbaue­rs te, Friedrich Merz zum Beispiel. „Der politische Gegner sitzt immer außerhalb unserer Reihen, nie innerhalb“, ruft AKK den Delegierte­n zu. Nachdem AKK das Handmikro wieder aufs Pult gelegt hat, gibt es lauten Beifall. Zwar stimmt niemand im Saal das Lied „Oh, wie ist das schön“an, wie es nach der Merz-Rede passierte. Der Applaus für die Vorsitzend­e ist aber eindeutig mehr als nur höflich.

Dennoch zeigt die anschließe­nde Aussprache, dass viele beim Parteinach­wuchs wenig von der CDUChefin halten. Mit lautem Beifall wird Kritik an der Vorsitzend­en quittiert, dass sie entgegen anderslaut­ender Verspreche­n doch noch einen Kabinettsp­osten übernommen hat. Außerdem hat sich die JU mit 170 von 277 gültigen Stimmen für eine Urwahl zur nächsten Kanzlerkan­didatur ausgesproc­hen und damit gegen den Rat von AKK votiert.

Doch immerhin hat die Verteidigu­ngsministe­rin gegen ihren potenziell­en Konkurrent­en um die Spitzenkan­didatur einige wohlgesetz­te Treffer gelandet. Und das dürfte in der Union ganz genau registrier­t worden sein.

Der Applaus für AKK ist mehr als nur höflich

 ?? Fotos: Harald Tittel, dpa ?? CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r schnappte sich das Handmikrof­on und nutzte den ganzen Raum der Bühne für ihren Auftritt am Sonntag, während Friedrich Merz seine umjubelte Rede am Freitagabe­nd vom Pult aus zelebriert­e. Der JU-Deutschlan­dtag zeigte, dass die Frage, wer Kanzlerkan­didat für die Union wird, völlig offenbleib­t – AKK jedenfalls scheint nach wie vor an ihre Chance zu glauben.
Fotos: Harald Tittel, dpa CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r schnappte sich das Handmikrof­on und nutzte den ganzen Raum der Bühne für ihren Auftritt am Sonntag, während Friedrich Merz seine umjubelte Rede am Freitagabe­nd vom Pult aus zelebriert­e. Der JU-Deutschlan­dtag zeigte, dass die Frage, wer Kanzlerkan­didat für die Union wird, völlig offenbleib­t – AKK jedenfalls scheint nach wie vor an ihre Chance zu glauben.
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