Deutschland hat in Unterzahl Mühe
Nationalmannschaft Der frühe Platzverweis von Emre Can spielt Estland in die Hände. Erst in der zweiten Halbzeit kann sich das DFB-Team entscheidend durchsetzen
Tallinn Erleichtert und wortlos verließ Matchwinner Ilkay Gündogan nach einem harten Stück Arbeit den Rasen der Tallinner Arena. Mit seinem ersten Länderspiel-Doppelpack hielt der Mittelfeldspieler die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gegen den krassen Außenseiter Estland in Unterzahl auf EMKurs. Beim 3:0 (0:0)-Sieg am Sonntag in Tallinn war der nach Muskelproblemen in die Startelf zurückgekehrte Profi von Manchester City der entscheidende Mann und brachte mit seinen DFB-Toren sechs und sieben das Team von Bundestrainer Joachim Löw auf die Siegerstraße.
Nach der frühen Roten Karte für Emre Can in der 14. Minute tat sich der ersatzgeschwächte Favorit vor 12062 Zuschauern bis zu Gündogans Toren (51./57.) schwer. Am Ende sorgte Timo Werner (71.) für den klaren Endstand.
Gündogan und Can hatten schon vor der Partie in der A. Le Coq Arena für Wirbel gesorgt. Die beiden türkischstämmigen Nationalspieler hatten bei Instagram ein Foto mit Salut-Torjubel des türkischen Nationalspielers Cenk Tosun jeweils mit einem Like versehen. Gündogan und Can nahmen ihre Likes bei Instagram wieder zurück und versicherten, es habe sich nicht um ein politisches Statement gehandelt (siehe auch Türkei-Artikel).
Nach seinem sportlichen Signal wollte Gündogan nichts mehr zu der Foto-Affäre sagen. „Das war heute ein klares Statement von Ilkay für Deutschland“, sagte Coach Löw bei RTL. Dank Gündogans starker Vorstellung auf dem Rasen – der 28-Jährige bereitete auch den Treffer des eingewechselten Leipzigers Werner vor – bleibt das DFB-Team vor den letzten beiden EM-Qualifikationspartien im November gegen Weißrussland und Nordirland auf Kurs. Mit 15 Punkten liegt Deutschland in Gruppe C im Dreikampf um die beiden EM-Direkttickets mit den Niederlanden (15) und den Nordiren (12) auf Rang zwei.
„Es war ein schweres Stück Arbeit. Das Entscheidende war, dass wir in der zweiten Halbzeit das Tempo angezogen haben“, urteilte Bundestrainer Löw. Kapitän Manuel Neuer, der anstelle seines Rivalen Marc-André ter Stegen wieder ins Tor gerückt war, befand: „Es war eine Frage der Zeit. Wir haben sie über die Fitness bekommen.“Der Bundestrainer hatte vor der Pflichtaufgabe in Estland „Konzentration und Seriosität“angemahnt. Ärgerlich war für den Coach die lange Ausfallliste, auf die auch noch der zuletzt so treffsichere Serge Gnabry rückte. Der Bayern-Profi musste wegen muskulärer Probleme passen. „Wir wollten kein Risiko eingehen“, sagte Löw.
Zu Beginn lief für sein Team noch alles nach Plan. Die Esten kamen kaum aus der eigenen Hälfte, auch wenn Trainer Karel Voolaid Wiedergutmachung für die 0:8-Hinspielklatsche versprochen hatte. Doch dann erhielten die Gastgeber Hilfe von der deutschen Abwehr. Niklas Süle spielte am eigenen Strafraum einen schlampigen Risikopass auf Can, der Profi von Juventus Tudem rin ließ den Ball durchrutschen und konnte den heraneilenden Frank Liivak nur per Foul bremsen. Referee Georgi Kabakow aus Bulgarien zeigte Can Rot – eine harte Entscheidung. Es war die erste Rote Karte in einem Pflichtspiel der DFB-Auswahl seit der EM 2008, als Bastian Schweinsteiger beim 1:2 gegen Kroatien einen Platzverweis kassiert hatte.
Cans Malheur änderte die Partie schlagartig. Bis zur Pause machte sich bei der DFB-Auswahl das Fehlen von Gnabry und dessen Geistesblitzen schmerzlich bemerkbar. Dann aber fruchteten Löws Umstellungen. (dpa)
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