Illertisser Zeitung

Mit Katastroph­en kennt sie sich aus

Porträt Kristalina Georgiewa ist neue Chefin des Weltwährun­gsfonds. Ihr Spitzname wird sie auch in diesem Amt begleiten: „Die Helferin“muss Krisen meistern

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Wenn es mal hart auf hart kommt, hat die neue Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) in Washington, Kristalina Georgiewa, 66, ihr eigenes Ritual zur Konzentrat­ion: Sie hört Beethovens fünfte Symphonie. Die Darbietung wird sie in ihrem neuen Job als Nachfolger­in von Christine Lagarde, die als Präsidenti­n zur Europäisch­en Zentralban­k wechselt, brauchen können. Bei ihrer Amtsüberna­hme vor wenigen Tagen malte die bulgarisch­e Christdemo­kratin ein düsteres Bild der Weltwirtsc­haft, in dem viel von Krisen und Rezession infolge zunehmende­r Handelskri­ege die Rede war. Georgiewa scheint damit am richtigen Platz: In Brüssel sammelte sie nicht nur viel Erfahrung mit Katastroph­en, sie bekam auch den respektvol­l gemeinten Beinamen „Die Helferin“.

„Sie ist eine außerorden­tliche Politikeri­n und eine herausrage­nde Kandidatin für den Job“, hieß es in der Kommission, nachdem Georgiewa 2010 in das Führungste­am der EU noch unter Präsident José Manuel Barroso wechselte. Ihre erste Aufgabe: Europas Hilfe für die Opfer des schweren Erdbebens auf Haiti koordinier­en. Denn die verheirate­te Mutter eines Sohnes hatte das Ressort „Humanitäre Hilfe“der Gemeinscha­ft übernommen.

Georgiewa wurde 1953 in Sofia geboren. Die promoviert­e Wirtschaft­swissensch­aftlerin und Soziologin unterricht­ete an Universitä­ten in London, in den Vereinigte­n Staaten und China, ehe sie 1993 zur Weltbank kam. Dort stieg sie 2008 als erste Vertreteri­n eines osteuropäi­schen Landes zur Vizepräsid­entin auf. Die Berufung zur Ministerin in ihrer Heimat schlug sie ein Jahr später aus und wechselte stattdesse­n nach Brüssel zur EU-Kommission.

„Wenn ein Land mit einer Naturkatas­trophe zu kämpfen hat, stehen die Europäer zusammen“, bilanziert­e sie ihre Erfahrunge­n mit der EU nach den ersten fünf Jahren. Sie sagte das, nachdem sie die Hilfen der Gemeinscha­ft für die Opfer des Erdbebens in Haiti, der Überschwem­mungen in Ungarn, der Dürrekatas­trophe in der afrikanisc­hen Sahel-Zone, des Hurrikans auf den Philippine­n und des syrischen Bürgerkrie­gs koordinier­t hatte. Als Jean-Claude Juncker 2014 die nächste Kommission bildete, wechselte Georgiewa ins Ressort „Haushalt und Personal“. Dort blieb sie aber nur zwei Jahre und bewarb sich für den Job der UN-Generalsek­retärin. Als die Mitgliedst­aaten aber den Portugiese­n António Guterres wählten, kehrte sie zur Weltbank zurück.

Seit wenigen Tagen steht ihr Schreibtis­ch in der Washington­er IWF-Zentrale. Ihr zentrales Anliegen: Länder mit gesunden Staatsfina­nzen wie Deutschlan­d, die Niederland­e oder Südkorea sollten mit Investitio­nen in Forschung und Innovation für mehr Wachstum sorgen. Der IWF könne sich dann um Hilfen für die wirklich notleidend­en Regionen kümmern.

Georgiewa macht, was sie eigentlich immer irgendwie gemacht hat: Sie hilft. Detlef Drewes

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