Aber bitte nur Deutsche
Prozess Ein Augsburger hat eine Wohnung zu vermieten – und konkrete Vorstellungen über den künftigen Mieter. Diese brachten ihn nun wegen Diskriminierung vor Gericht
Augsburg Einmal spricht der Augsburger Vermieter vom „Herrn Obama“, und für einen kurzen Moment herrscht Verwirrung im Gerichtssaal. Worauf will der Mann hinaus? Obama? Dann wird klar, dass er von dem Mann redet, der dem Augsburger Vermieter im Gerichtssaal gegenüber sitzt und ihn verklagt hat, Hamado Dipama heißt er. Der schüttelt kurz den Kopf. „Ich bin nicht Herr Obama“, sagt er. Es ist nur ein kleiner Moment im Prozess, aber ein symptomatischer. Der Augsburger Vermieter scheint teils nicht unbedingt zu verstehen, was man eigentlich von ihm will und was den Mann auf der anderen Seite zu der Klage bewogen hat.
Es ist insgesamt kein ganz gewöhnlicher Zivilprozess, der am Dienstag im Amtsgericht verhandelt wird. Auslöser war eine Wohnungsannonce. Angeboten wurde im April diesen Jahres eine Ein-ZimmerWohnung in der Innenstadt, Garage auf Wunsch, „an Deutsche“, so stand es drin. Hamado Dipama, geboren 1974 in Burkina Faso, wohnhaft in München, interessierte sich für die Wohnung. Er habe damals seinen Lebensmittelpunkt beruflich und privat bedingt nach Augsburg verlagern wollen, berichtet er nach dem Prozess. Er sah die Anzeige, rief die Nummer an – und wurde abgeblockt. Der Vermieter soll ihn gefragt haben, ob er denn Ausländer sei, und wies ihn offenbar mit der Begründung ab, er habe bereits „genügend Ausländer im Haus“. Bekannte von Dipama, die testweise beim Vermieter anriefen, sollen auch gefragt worden sein, ob sie Ausländer seien. Grundsätzlich war die Wohnung zu dem Zeitpunkt wohl noch frei und nicht vermietet, wie im Prozess zur Sprache kommt.
Hamado Dipama entschied sich zur Klage. Er habe den Vorfall damals „schwer verdauen können“, sagt er nach der Verhandlung. Rechtlich geht es nicht um viel: Dipama fordert über seinen Anwalt Ugur Kör, dass der Vermieter Wohnungsanzeigen mit solchen Formulierungen nicht mehr schaltet – und 1000 Euro Entschädigung, die eher symbolischer Art seien, wie Anwalt Kör sagt. Er sagt, es läge eine „ganz klare Diskriminierung“vor. Der Augsburger Vermieter begründet die Annonce damit, er habe zuvor schlechte Erfahrungen mit einem kriminellen Mieter aus der Türkei gemacht. Und ob man am Telefon nicht mehr fragen dürfe, ob jemand Ausländer sei? Sein Sohn, der ihn vor Gericht vertritt, sagt, sein Vater sei kein Rassist und vermiete seit 50 Jahren Wohnungen. Die Formulierung sei aber in der heutigen Zeit fehl am Platze, das sehe man ein.
Eine gütliche Einigung gibt es dennoch nicht, auch wenn Richter Andreas Roth darauf dringt. Nun will das Gericht Anfang November ein Urteil verkünden. Richter Roth lässt durchblicken, dass er die Klage wohl nicht für unbegründet hält.
Hintergrund des Verfahrens ist das „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“, das 2006 in Kraft getreten ist und verhindern soll, dass Menschen etwa aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechtes oder ihrer sexuellen Identität diskriminiert werden. Einige Mieter haben in Bezug auf dieses Gesetz bereits rechtskräftige Urteile erstritten. So lässt sich etwa eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf finden, in der es heißt, wer die Vermietung einer Wohnung an Mietinteressenten wegen deren türkischer Herkunft ablehne, verstoße „objektiv gegen das Benachteiligungsverbot“. In dem Fall gab es 2500 Euro Entschädigung. Nach Auskunft des Augsburger Amtsgerichtes sind Klagen dieser Art in der Region allerdings höchst selten.
Was nicht heißt, dass es nicht regelmäßig vergleichbare Fälle gibt. Eine gemeinsame Erhebung von Bayerischem Rundfunk und Spiegel ergab 2017 etwa: In etwa einem Viertel der Fälle wurden Bewerber mit türkischem oder arabischem Namen nicht zu einer Wohnungsbesichtigung eingeladen, deutsche Interessenten aber schon. Gunther Geiler vom bayerischen Landesverband des Mieterbundes sagt, in der Regel sei aber nur schwer nachweisbar, dass Mieter etwa aufgrund ihres Migrationshintergrundes abgelehnt und damit auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert wurden. In den Beratungen der Mieter klinge aber ab und an mal durch, dass dies in vielen Fällen wohl der eigentliche Grund sei. Das Gesetz sei „schwierig umzusetzen“, oft lasse sich die Diskriminierung nicht belegen. In dem Augsburger Fall aber wohl schon.