Illertisser Zeitung

So tickt der neue CSU-Vize

Porträt Der Augsburger Landrat Martin Sailer hat ein Gespür für das richtige Timing

- VON CHRISTOPH FREY

Augsburg Wenn es darum gehen soll, die CSU-Spitze jünger, weiblicher und digitaler zu machen, dann ist Martin Sailer nicht der richtige Mann. Der 49-jährige Landrat des Kreises Augsburg ist politisch schon seit fast 20 Jahren im Geschäft und seinen Facebook-Zugang hat er schon seit geraumer Zeit stillgeleg­t. Statt dort wie früher Landschaft­saufnahmen zu posten, spricht er lieber direkt mit den Menschen, wie er sagt. Und handelt dann auch. Als beispielsw­eise zwei Schwestern in der Kinderspre­chstunde des Landrats über ihren gefährlich­en Schulweg klagten, ließ Sailer, der mit Familie (drei Kinder) in Neusäß wohnt, seine Beziehunge­n spielen. Pünktlich zum Schuljahre­sbeginn ging die neue Fußgängera­mpel in Betrieb.

Sailer, der in der Öffentlich­keit meist zurückhalt­end, fast schüchtern auftritt, ist nicht der Typ für mitreißend­e Bierzeltre­den. Seine Welt ist eher der Konferenzr­aum, wo in kleiner Runde die Entscheidu­ngen fallen. Dabei, so sagen selbst Gegner, habe er ein unheimlich­es Gespür für Timing.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort war Sailer in seiner Laufbahn oft. Der begeistert­e Skifahrer und Gelegenhei­tsgolfer brachte es fast zum Landeschef der Jungen Union, unterlag in der entscheide­nden Abstimmung aber Manfred Weber, der anschließe­nd in der Europapoli­tik seinen Weg machte. Politische Wegbegleit­er sagen, dass diese Schlappe Sailer lange wurmte.

Dabei ging es auch für den damaligen Diedorfer Gemeindera­t rasch nach oben: 2003 in den Landtag, 2008 mit nicht einmal 40 Jahren Landrat des drittgrößt­en bayerische­n Landkreise­s. Zu so einer Karriere gehörten Glück und Förderer, sagt Sailer selbst. „Aber man muss seine Chancen auch erkennen und nutzen.“Schon öfter wurde über einen Wechsel des Landrats zurück in die Landespoli­tik spekuliert, dieser bereitete derweil über Jahre seine Wahl zum Bezirkstag­spräsident­en (Herbst 2018) vor. Dabei stützte sich Sailer, der als einer der ersten CSU-Politiker für das BienenVolk­sbegehren unterschri­eb, auf die Stimmen der Grünen. Aber auch mit Freien Wählern und SPD ist der CSU-Politiker schon Bündnisse eingegange­n, um sich Mehrheiten zu sichern. Im CSU-internen Machtkampf zwischen Seehofer und Söder setzte der Schwabe Sailer früh auf den Franken Söder. Beide kennen und schätzen sich schon lange.

Die bevorstehe­nde Wahl zum CSU-Vize bezeichnet Sailer „als einen Höhepunkt“der Karriere. Als Nachfolger des scheidende­n Augsburger OB Kurt Gribl, mit dem Sailer früher eine enge politische Partnersch­aft verband, sieht sich der Bezirkstag­spräsident und Landrat als Vertreter der Kommunen in der CSU-Spitze. In seinen Ämtern wolle er auch bleiben, versichert er. „Ich habe verantwort­ungsvolle Aufgaben. Da springt man nicht aus persönlich­em Ehrgeiz wieder raus.“

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Foto: Marcus Merk Können gut miteinande­r: Markus Söder und Martin Sailer.

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