Abstieg in die Unterwelt
Eine literarische Entdeckungsreise
„Seit jeher vertrauen wir dem Unterland an, was wir fürchten und loswerden wollen und was wir lieben und bewahren wollen“, stellt Robert Macfarlane eingangs in seinem großartigen Buch „Im Unterland“fest. In drei „Kammern“nimmt der ausgezeichnete Literaturwissenschaftler und Naturschriftsteller die Leser mit auf die Reise in unterirdische Gefilde. Zunächst in seiner Heimat Großbritannien in stillgelegte Bergwerke, zu Forschern, die sich mit der dunklen Materie beschäftigen, und ins Unterholz, zum Netzwerk von Bäumen und Pflanzen. Dann in Europa zu unterirdischen Städten, zu den Katakomben von Paris, in die Kanalisation, wo Obdachlose hausen, und in slowenische Abgründe der Partisanenzeit. Die dritte Kammer liegt im hohen Norden: In Höhlen der Urzeit, rund um den Kampf gegen die Ölbohrungen in Naturschutzgebieten, im schmelzenden grönländischen Eis, in den Grabkammern radioaktiver Abfälle auf der finnischen Insel Olkiluoto.
Macfarlanes ebenso eindringliche wie poetische Reportagen führen vor allem vor Augen, dass unsere Welt nur als Ganzes funktioniert. Das Unterland als Gedächtnisspeicher ist ebenso wichtig wie alles, was darauf fußt. „Im Unterland habe ich Dinge gesehen, die ich nie vergessen möchte – und Dinge, die ich lieber nie gesehen hätte“, schreibt er – wie gut, dass er die Leser daran teilhaben lässt. (li)