Der Super-SUV
Neuvorstellung Der Macan Turbo ist der König einer umstrittenen Fahrzeugklasse – und womöglich der Letzte seiner Art
Menschen, die SUVs nicht mögen, werden sich auch von einem Porsche Macan Turbo nicht überzeugen lassen. Die anderen wohl umso mehr, selbst wenn Otto Normalfahrer von dem mindestens 91922 Euro teuren Wagen nur träumen können: Die Kunst, einen Kompakt-SUV zu bauen, der sich wie ein Sportwagen anfühlt, beherrscht so kein zweiter Hersteller.
Wer’s nicht glaubt, der begebe sich hinters Steuer, und da zeichnet sich die Ausnahmestellung des Macan bereits ab: Während man in den meisten anderen Hochbeinern das Gefühl hat, mehr auf dem als in dem Auto zu sitzen, stellt der Porsche sofort eine innige Verbindung FahrerAuto-Straße her; der Mensch verschmilzt mit der Maschine und umgekehrt.
Dass er in einem „Turbo“residiert, erkennt der Pilot unter anderem am Alcantara-Dachhimmel, an den Finishes aus gebürstetem Aluminium und am GT-Lenkrad aus dem 911er (alles Serie). Letzte Zweifel verschwinden mit dem Anlassen des Wagens, traditionell über einen „richtigen“Schlüssel links vom Lenkrad. Aus der ab Werk integrierten Sportabgasanlage mit zwei schwarz lackierten Doppelendrohren quillt brabbelnder Porsche-Klang.
Den Sound erzeugt eine Maschine, die bereits im Cayenne und im Panamera zum Einsatz kommt und nun im Macan debütiert. Aus 20 Prozent weniger Hubraum (jetzt sind es 2,9 Liter) entwickelt der Sechszylinder zehn Prozent mehr Leistung. Von 400 auf 440 PS – das kriegt man in der Regel mit einem Software-Update hin. Doch Porsche wäre nicht Porsche, hätten die Ingenieure den Biturbo-Motor, der einmal ein gewöhnlicher VolkswagenKonzernmotor war, nicht umfassend modifiziert.
Konkret: Die beiden Abgasturbolader wurden nicht außerhalb, sondern innerhalb des Zylinder-Vs angeordnet, was Fachleute ein „heißes V“nennen. Der gekühlte Abgaskrümmer ist nun im Zylinderkopf untergebracht. Das ermöglicht eine effizientere, sprich emmissionsärmere Verbrennung. Weil das Abgas zwischen Brennkammern und Turboladern nur noch ganz kurze Wege nehmen muss, spricht der Motor superspontan an. Die Leistung setzt blitzartig ein und entfaltet sich linear fast wie bei einem Sauger.
In 4,3 Sekunden sprintet der Macan Turbo mit Sport-Chrono-Paket auf Landstraßentempo. Die Höchstgeschwindigkeit ist mit 270 km/h eingetragen. Am Heck sorgt der Turbo-exklusive doppelflutige Dachspoiler dafür, dass ein so bulliger Kompakt-SUV, nicht die strömungsgünstigste aller Karossen, nicht abhebt. Vorne wird die Luft durch die bekannt großen Turboeinlässe geführt sowie erstmals durch einen durchgängigen Luftschlitz in der Mitte der Front, der den Wagen optisch noch breiter erscheinen lässt. Die serienmäßigen LED-Scheinwerfer verhelfen dem Macan Turbo zu einem streng fokussierten Blick, so wie das gesamte Design nachgeschärft wurde.
Das Fahrwerk offeriert eine ungeahnte Spreizung zwischen Komfort und Sportlichkeit. Der Macan Turbo kann sanft und ruhig, aber wehe, wenn er losgelassen, dann schlüpft er so agil und präzise um die Kurven, dass er die Kategorisierung „SUV“ad absurdum führt. Die Lenkung arbeitet auf den Punkt, der hecklastig ausgelegte Allradantrieb bietet Traktion satt, die Abstimmung ist neutral bis zur Schmerzgrenze. Eine neue Bremsanlage fängt den Wagen sicher wieder ein. Die Scheiben sind aus einem Materialmix, der gewährleisten soll, dass die schönen 20-Zöller so gut wie gar nicht mehr durch Bremsenstaub verschmutzt werden.
Zur Wahrheit gehört auch: Dem grünen Zeitgeist dürfte dieses nahezu perfekte Gesamtpaket kaum entsprechen. Ein WLTP-Verbrauch von 9,8 Litern Super Plus und ein CO2-Ausstoß von 224 Gramm – das passt Kritikern gerade im ökosensiblen Deutschland wie die Faust aufs Auge. Doch keine Panik. Porsche hat das Ende des Verbrenner-Macans bereits besiegelt. In der nächsten Generation soll die komplette Baureihe rein elektrisch vorfahren. Somit ist der Turbo so etwas wie der Letzte seiner Art. Man soll aufhören, wenn’s am schönsten ist.
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