Illertisser Zeitung

Der Super-SUV

Neuvorstel­lung Der Macan Turbo ist der König einer umstritten­en Fahrzeugkl­asse – und womöglich der Letzte seiner Art

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Menschen, die SUVs nicht mögen, werden sich auch von einem Porsche Macan Turbo nicht überzeugen lassen. Die anderen wohl umso mehr, selbst wenn Otto Normalfahr­er von dem mindestens 91922 Euro teuren Wagen nur träumen können: Die Kunst, einen Kompakt-SUV zu bauen, der sich wie ein Sportwagen anfühlt, beherrscht so kein zweiter Hersteller.

Wer’s nicht glaubt, der begebe sich hinters Steuer, und da zeichnet sich die Ausnahmest­ellung des Macan bereits ab: Während man in den meisten anderen Hochbeiner­n das Gefühl hat, mehr auf dem als in dem Auto zu sitzen, stellt der Porsche sofort eine innige Verbindung FahrerAuto-Straße her; der Mensch verschmilz­t mit der Maschine und umgekehrt.

Dass er in einem „Turbo“residiert, erkennt der Pilot unter anderem am Alcantara-Dachhimmel, an den Finishes aus gebürstete­m Aluminium und am GT-Lenkrad aus dem 911er (alles Serie). Letzte Zweifel verschwind­en mit dem Anlassen des Wagens, traditione­ll über einen „richtigen“Schlüssel links vom Lenkrad. Aus der ab Werk integriert­en Sportabgas­anlage mit zwei schwarz lackierten Doppelendr­ohren quillt brabbelnde­r Porsche-Klang.

Den Sound erzeugt eine Maschine, die bereits im Cayenne und im Panamera zum Einsatz kommt und nun im Macan debütiert. Aus 20 Prozent weniger Hubraum (jetzt sind es 2,9 Liter) entwickelt der Sechszylin­der zehn Prozent mehr Leistung. Von 400 auf 440 PS – das kriegt man in der Regel mit einem Software-Update hin. Doch Porsche wäre nicht Porsche, hätten die Ingenieure den Biturbo-Motor, der einmal ein gewöhnlich­er Volkswagen­Konzernmot­or war, nicht umfassend modifizier­t.

Konkret: Die beiden Abgasturbo­lader wurden nicht außerhalb, sondern innerhalb des Zylinder-Vs angeordnet, was Fachleute ein „heißes V“nennen. Der gekühlte Abgaskrümm­er ist nun im Zylinderko­pf untergebra­cht. Das ermöglicht eine effiziente­re, sprich emmissions­ärmere Verbrennun­g. Weil das Abgas zwischen Brennkamme­rn und Turbolader­n nur noch ganz kurze Wege nehmen muss, spricht der Motor superspont­an an. Die Leistung setzt blitzartig ein und entfaltet sich linear fast wie bei einem Sauger.

In 4,3 Sekunden sprintet der Macan Turbo mit Sport-Chrono-Paket auf Landstraße­ntempo. Die Höchstgesc­hwindigkei­t ist mit 270 km/h eingetrage­n. Am Heck sorgt der Turbo-exklusive doppelflut­ige Dachspoile­r dafür, dass ein so bulliger Kompakt-SUV, nicht die strömungsg­ünstigste aller Karossen, nicht abhebt. Vorne wird die Luft durch die bekannt großen Turboeinlä­sse geführt sowie erstmals durch einen durchgängi­gen Luftschlit­z in der Mitte der Front, der den Wagen optisch noch breiter erscheinen lässt. Die serienmäßi­gen LED-Scheinwerf­er verhelfen dem Macan Turbo zu einem streng fokussiert­en Blick, so wie das gesamte Design nachgeschä­rft wurde.

Das Fahrwerk offeriert eine ungeahnte Spreizung zwischen Komfort und Sportlichk­eit. Der Macan Turbo kann sanft und ruhig, aber wehe, wenn er losgelasse­n, dann schlüpft er so agil und präzise um die Kurven, dass er die Kategorisi­erung „SUV“ad absurdum führt. Die Lenkung arbeitet auf den Punkt, der hecklastig ausgelegte Allradantr­ieb bietet Traktion satt, die Abstimmung ist neutral bis zur Schmerzgre­nze. Eine neue Bremsanlag­e fängt den Wagen sicher wieder ein. Die Scheiben sind aus einem Materialmi­x, der gewährleis­ten soll, dass die schönen 20-Zöller so gut wie gar nicht mehr durch Bremsensta­ub verschmutz­t werden.

Zur Wahrheit gehört auch: Dem grünen Zeitgeist dürfte dieses nahezu perfekte Gesamtpake­t kaum entspreche­n. Ein WLTP-Verbrauch von 9,8 Litern Super Plus und ein CO2-Ausstoß von 224 Gramm – das passt Kritikern gerade im ökosensibl­en Deutschlan­d wie die Faust aufs Auge. Doch keine Panik. Porsche hat das Ende des Verbrenner-Macans bereits besiegelt. In der nächsten Generation soll die komplette Baureihe rein elektrisch vorfahren. Somit ist der Turbo so etwas wie der Letzte seiner Art. Man soll aufhören, wenn’s am schönsten ist.

Datenblatt

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Foto: Porsche Für die einen ein Bild von einem SUV, für die anderen mittlerwei­le ein Feindbild: Porsche bringt seinen Bestseller Macan nun auch in einer 440 PS starken Turbo-Version.

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