Illertisser Zeitung

Wo seit Jahrhunder­ten gebetet wird

Religion Vor 60 Jahren wurde die Kreuzkapel­le bei Dietershof­en errichtet. Die Geschichte des Ortes reicht weiter zurück

- VON DAGMAR FALZBODEN

Dietershof­en Seit 60 Jahren ist die Kreuzkapel­le östlich von Dietershof­en ein weithin sichtbares Wahrzeiche­n des Ortes. „Das ist einer der schönsten Plätze in unserem Umkreis“, findet Anni Miller. Ihr Vater, Alois Scheufele, war 29 Jahre lang Bürgermeis­ter von Dietershof­en. Aus dieser Zeit besitzt sie noch viele Reden, Fotos und Aufzeichnu­ngen ihres Vaters. „Ich habe mich schon als Kind für seine Arbeit interessie­rt und auch heute lese ich noch gerne in den Aufzeichnu­ngen über die Geschichte unseres Dorfes“, erzählt Anni Miller. Nun ist sie auf die Historie der Kreuzkapel­le, die im Mai 1959 eingeweiht wurde, gestoßen.

Aus Scheufeles Aufzeichnu­ngen geht hervor, dass bereits unter Pfarrer Josef Zell (1711 bis 1729) auf dem Hügel Richtung Märxle eine Kirche, die 100 Personen fasste, errichtet wurde. Darunter „eine Einsiedele­i, die ein Drittorden­sbruder des Heiligen Franziskus bewohnte, der den Dienst im Kirchlein versah“. Diese Einsiedler wurden Eremiten genannt. Im Jahr 1742 wurde eine kleine Messe gestiftet, die jeden Freitag dort gelesen werden sollte, im Sommer wurde dort sonntags Rosenkranz gebetet. 1754 wurde die kleine Kirche ausgeraubt.

Ein Kreuzweg, den es in veränderte­r Form auch heute noch gibt, wurde 1760 auf dem Kapellenbe­rg errichtet. 35 Jahre später wurde die Eremitenkl­ause abgebroche­n und der letzte Eremit ging nach Kirchhasla­ch. Durchziehe­nde Franzosen begingen 1800 in der Kirche „ein Sakrilegiu­m durch die Gräuel, die sie dort verübten“, erzählen die Aufzeichnu­ngen. Schließlic­h wurde das Kirchlein 1807 abgerissen. Das Kreuz mit dem blutenden Heiland sowie die Figuren von Maria und Johannes wurden in die Pfarrkirch­e gebracht. Unter Pfarrer Fermsämer gelangte das Kreuz dann in die

Oberschöne­gger Kapelle. Mehr als 100 Jahre später, 1911, stellte Pfarrer Anton Kampitsch wieder ein Kreuz auf dem Kapellenbe­rg auf, 1935 errichtete Pfarrer Albert Kolb dort erneut einen Kreuzweg. „Ich kann mich noch gut an das Kreuz, unter dem eine Bank zum Beten stand, erinnern“, so Anni Miller. Auch der Wiederaufb­au der Kreuzkapel­le im Jahr 1957 ist ihr im Gedächtnis geblieben. „Die Bürger hatten während des Zweiten Weltkriegs ein Gelübde abgelegt. Die neue Kreuzkapel­le war ein Zeichen des Dankes an Gott, der die Pfarrgemei­nde im Krieg geschützt hatte“, weiß Anni Miller.

Auch die Feierlichk­eiten zur Einweihung der Kapelle im Jahr 1959 sieht sie noch vor sich. Mit dabei waren die Fahnenabor­dnung, die Mädchenjug­endgruppe, Schulkinde­r und die gesamte Bevölkerun­g, als sich ein Festzug von der Pfarrkirch­e zur Kreuzkapel­le bewegte.

Noch heute ist die Kapelle ein wichtiger Ort für die Bürger der Gemeinde Oberschöne­gg. Die Kapelle ziert sogar das Logo des Schützenun­d Feuerschüt­zenvereins Buchenwald. Der Dietershof­er Obst- und Gartenbauv­erein veranstalt­et jährlich eine Ostereiers­uche für Kinder auf dem Kapellenbe­rg und die Pfarrgemei­nde feiert dort gerne Maiandacht­en sowie im September die Messe „Jesu Kreuz Erhöhung“. „Viele Bürger und die Vereine pflegen bis heute regelmäßig die Kapelle, Kreuz und Kreuzweg sowie das Gelände um die Kapelle“, erzählt Anni Miller, der es wichtig ist, dass die geschichtl­ichen Überliefer­ungen und Erinnerung­en nicht in Vergessenh­eit geraten.

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Foto: Dagmar Falzboden Die Kreuzkapel­le bei Dietershof­en wurde vor 60 Jahren gebaut. Anni Miller beschäftig­t sich mit der Geschichte des Gotteshaus­es.
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Repros: Anni Miller Alte Fotos zeigen die Kapelle während des Baus.
 ??  ?? Einweihung 1959: (von links) Pfarrer Lorenz Spies, Domkapitul­ar Dr. Strobel und Bürgermeis­ter Alois Scheufele.
Einweihung 1959: (von links) Pfarrer Lorenz Spies, Domkapitul­ar Dr. Strobel und Bürgermeis­ter Alois Scheufele.

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