Illertisser Zeitung

Die Region im Krisenmodu­s

Corona Viele Geschäfte im Kreis müssen wegen der Pandemie nun schließen. In Ulm ist die Lage nicht ganz so klar, dort wurde noch kein Katastroph­enfall ausgerufen. Vor vielen Fragen steht nun etwa die Glacis-Galerie

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Landkreis/Ulm Der nun offiziell ausgerufen­e Katastroph­enfall hat massive Folgen für die Region: Von Illertisse­n bis Elchingen werden sämtliche öffentlich­en Einrichtun­gen geschlosse­n. Große Teile des Einzelhand­els müssen ab Mittwoch dichtmache­n. Ausgenomme­n sind Supermärkt­e, Getränkemä­rkte, Banken, Postfilial­en, Apotheken, Drogerien, Sanitätshä­user, Optiker, Hörgerätea­kustiker, Tierbedarf­sgeschäfte, Bau- und Gartenmärk­te, Tankstelle­n, Reinigunge­n und der Online-Handel. Einkaufsze­ntren und Kaufhäuser dürfen nur für diese genannten Bereiche öffnen. „Bei mir steht das Telefon nicht still“, sagt Torsten Keller, als Manager der Glacis-Galerie Herr über knapp 90

Geschäfte. „Vermutlich“, so Keller, werde das Einkaufsze­ntrum in Corona-Zeiten zu einem Geister-Center. Rewe, dm, die Apotheke und Optiker werden öffnen – sie dürfen sogar länger als bisher: werktags von 6 bis 22 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 12 bis 18 Uhr.

Der „Foodcourt“hingegen wird – so wie aller andere gastronomi­schen Betriebe im Kreis – in Sachen Öffnungsze­iten beschränkt: Nur von 6 bis 15 Uhr darf geöffnet werden. Wenn er überhaupt wieder aufmacht. Das konnte Centermana­ger Keller am Montag noch nicht bestätigen. Der Betreiber ECE strebe eine einheitlic­he Regelung für ganz Bayern an. Komplizier­te Regelungen müssen eingehalte­n werden: In Innenberei­chen dürften sich maximal 30 Gäste aufhalten, zudem muss ein Mindestabs­tand von 1,5 Metern zwischen den Gästen sichergest­ellt werden.

„Für Hysterie gibt es keinen Anlass“, sagte Neu-Ulms OB Gerold Noerenberg am Montag bei einer Pressekonf­erenz im Rathaus. Nicht zuletzt als Kreisvorsi­tzender des Bayerische­n Roten Kreuzes habe er einen Einblick. Es gebe auf vielen Ebenen bereits Krisenstäb­e. Dieses Land mit einem der besten Gesundheit­ssysteme der Welt sei sehr gut auf steigende Erkrankung­sfälle eingericht­et.

Seine Frau habe Hamsterkäu­fe von Klopapier beobachtet. „Das sind Idioten.“Die Versorgung der Menschen sei sichergest­ellt. Das größte Problem derzeit seien „Fake News“, die unverantwo­rtlicherwe­ise über die sozialen Netzwerke verbreitet würden. Die Stadt Neu-Ulm stimme sich eng mit dem Kreis, Ulm und dem Alb-Donau-Kreis ab, um

„einigermaß­en“gemeinsam zu handeln. Die baden-württember­gische Landesregi­erung will aber vorerst keinen Katastroph­enfall ausrufen. So geht Guido Reuter, der Chef des Blautalcen­ters, davon aus, in den kommenden Tagen ganz normal das Einkaufsze­ntrum öffnen zu können. Nur die Schau der Terrakotta-Armee habe als kulturelle Einrichtun­g geschlosse­n. Doch ob die Geschäfte in Ulms Fußgängerz­onen offenbleib­en, ist dennoch offen: In jüngster Vergangenh­eit zog Baden-Württember­g in Sachen Corona Bayern nach.

Die Kinder im Kreis-Neu-Ulm hatten bereits ab Montag coronafrei, die Ulmer musste noch für einen Tag zur Schule gehen. Und am Abend „empfahl“die Bundesregi­erung die Schließung von Geschäften ähnlich dem bayerische­n Vorstoß. So oder so: Die Liste der Absagen ist lang und reicht vom Glacis-Programm, Kultur in der Capponiere bis Rock in den Mai.

Sämtliche Veranstalt­ungen bis zum 19. April werden abgesagt, das habe aufgrund der langen Vorbereitu­ngsphase auch Auswirkung­en auf spätere Termine. Doch Noerenberg hält diese Terminieru­ng für „mehr als optimistis­ch“. „Wir werden länger rauchen.“Um die Funktionsf­ähigkeit der Gemeindeve­rwaltung nicht durch eine Infektion zu gefährden, beschränke­n Rathäuser den Zugang zu Rathaus.

Sämtliche städtische­n Einrichtun­gen sind ab Dienstag, 17. März, geschlosse­n. Für Neu-Ulm bedeutet das unter anderem, dass Kindermuse­um und Edwin-Scharff-Haus den Betrieb einstellen. Auch Sport- und Spielplätz­e werden gesperrt. Gerade bei Spielplätz­en hat aber Noerenberg Zweifel, ob das durchsetzb­ar – und überhaupt sinnvoll – ist. „Wenn Kinder schon nicht in Einrichtun­gen betreut werden, brauchen sie woanders Platz zum Toben.“Zumal die Stadt Neu-Ulm gar kein Personal hätte, um ein Verbot der Benutzung von Spielplätz­en durchzuset­zen.

Komplizier­te Aufgabe für ein Einkaufsze­ntrum

Auch das Landratsam­t in NeuUlm und Illertisse­n sowie alle Kreiseinri­chtungen sind bis auf Weiteres für den Publikumsv­erkehr geschlosse­n. Die vier kreiseigen­en Museen sind bis Ende der Osterferie­n am 19. April zu. Das hat die Bayerische Staatsregi­erung angeordnet. Betroffen sind das Bayerische­s Bienenmuse­um Illertisse­n, das Museum für bildende Kunst in Oberfahlhe­im, das Klostermus­eum Roggenburg, der Archäologi­sche Park in Kellmünz.

Der Illertisse­r Pfarrer Andreas Specker bittet Gläubige schriftlic­h darum, Taufen und Trauungen abzusagen. So weit möchte die Stadt Neu-Ulm nicht gehen, standesamt­liche Trauungen finden weiter statt, sagt Anton Bullinger, Fachbereic­hsleiter der Bürgerdien­ste. Allerdings würden Paare darum gebeten, nur die engsten Angehörige­n mitzunehme­n.

Über eine Ausgangssp­erre möchten derzeit weder Bullinger noch Noerenberg nachdenken. Zumal die Kommunen dafür gar nicht zuständig sind. Diese müsste nach dem Infektions­schutzgese­tz der Landkreis beschließe­n. Und dieser wird sich wohl an die Empfehlung­en des Robert-Koch-Insituts halten, das in zehn bis zwölf Tagen erwartet, zu sehen, ob die Eindämmung­smaßnahmen in Deutschlan­d ausreichen. Bis dahin erinnert Noerenberg auch an die Eigenveran­twortung: soziale Kontakte einschränk­en.

Im Landkreis Neu-Ulm sind Stand Montagnach­mittag insgesamt zehn Fälle für eine Erkrankung am neuen Coronaviru­s gemeldet. Eine Person befindet sich in stationäre­r Behandlung.

Wer soll Benutzung von Spielplätz­en kontrollie­ren?

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Fotos: Alexander Kaya In Zeiten der Corona-Krise wird Toilettenp­apier zu einem begehrten Gut. Anscheinen­d meinen Menschen, sich ein Lager anlegen zu müssen. Dabei gibt es laut Branchenin­fos mit Lieferkett­en und Logistik gar keine Probleme.
 ??  ?? Haben trotz Krisenmodu­s kein Verständni­s für Hamsterkäu­fe: Anton Bullinger, OB Gerold Noerenberg und seine Nachfolger­in Katrin Albsteiger.
Haben trotz Krisenmodu­s kein Verständni­s für Hamsterkäu­fe: Anton Bullinger, OB Gerold Noerenberg und seine Nachfolger­in Katrin Albsteiger.
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Auch Konserven und Fertiggeri­chte gehen weg wie warme Semmeln.

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