Illertisser Zeitung

Die Freien Wähler in Feierlaune

Unterallgä­u CSU-Landratska­ndidat Rainer Schaal würde auf die Stichwahl mit Favorit Alex Eder gerne verzichten. Reaktionen auf einen nervenaufr­eibenden Abend

- VON JOHANN STOLL, SANDRA BAUMBERGER UND JOHANNES SCHLECKER

Unterallgä­u Die Unterallgä­uer Landratswa­hl am Sonntag kann man wohl getrost als nervenaufr­eibend bezeichnen: In der ersten halben Stunde nach Beginn der Auszählung sah es bereits so aus, als würde Alex Eder, der Kandidat der Freien Wähler, die Wahl – wie 2006 auch Amtsinhabe­r Hans-Joachim Weirather – überrasche­nd gleich im ersten Wahlgang für sich entscheide­n. In mehreren Gemeinden erzielte er deutlich mehr als 50 Prozent der Stimmen. „Das war der Wahnsinn“, so Eder, der zugibt, dass da kurz der Traum aufgeflamm­t sei, sich die nächsten zwei Wochen und die Stichwahl sparen zu können.

Dann jedoch rutschte sein Ergebnis denkbar knapp unter die 50-Prozent-Marke, zuletzt auf genau 49,9 Prozent – und verharrte dort. Zünglein an der Waage war schließlic­h das Ergebnis des letzten noch ausstehend­en Stimmbezir­ks Amberg. Es traf kurz vor 23 Uhr ein – und führte zum vorläufige­n Endergebni­s von 50,0 Prozent für Eder. Die Stichwahl ist damit aber nicht vom Tisch: Als gewählt gilt nämlich nur, wer mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich vereinigt – und dafür fehlten Alex Eder letztlich genau 14 Stimmen.

Trotz des knappen Ergebnisse­s werden die Stimmen nicht noch einmal einzeln ausgezählt. Das betont eine Sprecherin des Unterallgä­uer Landratsam­ts. Sie geht davon aus, dass das amtliche Endergebni­s am Dienstagab­end bekannt gegeben wird. Zuvor tagt noch der Wahlaussch­uss. In zwei Wochen, am Sonntag, 29. März, kommt es dann zur Stichwahl zwischen Alex Eder und dem Zweitplatz­ierten, CSU-Kandidat Rainer Schaal, auf den 25,6 Prozent der Stimmen entfielen. Für seinen Vorsprung sei er zwar „sehr, sehr dankbar“, sagte Eder – „besser könnte die Ausgangsla­ge gar nicht sein“– aber bei einer Stichwahl würden die Karten neu gemischt.

Deshalb werde er sich trotz des „superguten Ergebnisse­s“nicht zurücklehn­en. „Ich nehme das sehr ernst und will bis zum letzten Tag Wahlkampf machen.“Offen ist allerdings noch, wie. Denn wegen der Corona-Pandemie wird es keine öffentlich­en Veranstalt­ungen geben. Auf seiner Facebook-Seite bedankt sich Alex Eder bei seinen Wählern – und bei den Mitbewerbe­rn für den fairen Wahlkampf. Daniel Pflügl von den Grünen und SPD-Kandidat Michael Helfert zollt er großen Respekt für ihre Leistungen im Wahlkampf. Für Daniel Pflügl entschiede­n sich 14,2 Prozent der Wähler, für Michael Helfert 10,2 Prozent.

Ein tief enttäuscht­er Rainer Schaal räumte seine Niederlage am Montag offen ein. „Das Ergebnis ist so eindeutig, dass ich nicht zur Stichwahl antreten möchte“, sagte der Kandidat der CSU. Wenn man nicht gewollt sei, sollte man sich nicht aufdrängen. Die Menschheit habe derzeit auch wichtigere Probleme als eine Stichwahl. Rechtlich ist ein Verzicht aber nicht ohne Weiteres möglich, hieß es aus dem Landratsam­t.

Seinen Einsatz für das Unterallgä­u sieht Schaal aber nicht vergebens. Er habe viele nette Menschen und viele gute Firmen kennengele­rnt. „Das ist keine verlorene Zeit“, sagte er. Er habe viel Herzblut in seine Kandidatur investiert. Da tue dieser Ausgang „sehr weh“.

Der CSU-Kreisvorsi­tzende und frühere Staatsmini­ster Franz Josef

Pschierer sagte, die meisten hätten mit einer Stichwahl gerechnet, aber niemand mit diesem Ergebnis. Pschierer sprach von einem „mehr als enttäusche­nden Abschneide­n“. Vier respektabl­e Kandidaten seien angetreten. Eine abschließe­nde Erklärung habe er keine. Die CSU und Rainer Schaal hätten einen guten, sachlichen Wahlkampf geführt. Aufgefalle­n ist ihm, dass es nicht gelungen sei, sich thematisch klar abzugrenze­n. Es sei viel um Sympathie und Stimmungen gegangen.

Eine gewisse Rolle hat laut Pschierer wohl gespielt, dass es nicht gelungen sei, den Augsburger Schaal mit guten Verbindung­en ins Unterallgä­u den Wählern nahezubrin­gen. Bei Alex Eder habe man so getan, als lebte dieser schon seit zwei Generation­en in Türkheim.

In einer Telefonkon­ferenz hat sich gestern der CSU-Kreisvorst­and ausgetausc­ht. Nach sorgfältig­er Auswahl habe man sich einstimmig für Schaal als Kandidaten entschiede­n. „Deshalb gibt es kein Nachtarock­en.“Die CSU habe gemeinsam gekämpft und gemeinsam verloren. Mindelheim­s CSU-Ortsvorsit­zender Christoph Walter sagte, das Abschneide­n von Rainer Schaal werde diesem nicht gerecht. Christoph Walter sieht jetzt parteiinte­rnen Diskussion­sbedarf. Er kritisiert­e, dass die CSU Unterallgä­u nun schon zum zweiten Mal nicht in der Lage gewesen sei, einen eigenen Kandidaten für die Landratswa­hl aufzustell­en. Kandidaten von außen müssten mühsam erst bekannt gemacht werden. „Wir brauchen eine Langfrists­trategie, wo wir in sechs oder zwölf Jahren sein wollen“, sagte Christoph Walter.

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Foto: Thomas Schwarz Vier Kandidaten gingen ins Rennen um den Landratspo­sten im Landkreis Unterallgä­u. Nun kommt es voraussich­tlich in zwei Wochen zu einer Stichwahl.
 ?? Foto: mcb ?? Kandidat Alex Eder wurde auf eine Geduldspro­be gestellt. Die Ergebnisse wechselten mit jedem ausgezählt­en Wahlbezirk um die 50-Prozent-Marke. Beistand leisteten ihm neben seiner Frau Lisa auch Stefan Drexel und Hans-Joachim Weirather.
Foto: mcb Kandidat Alex Eder wurde auf eine Geduldspro­be gestellt. Die Ergebnisse wechselten mit jedem ausgezählt­en Wahlbezirk um die 50-Prozent-Marke. Beistand leisteten ihm neben seiner Frau Lisa auch Stefan Drexel und Hans-Joachim Weirather.

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