Illertisser Zeitung

Geburtstag in Corona-Zeiten

- VON BRUMMI redaktion@illertisse­r-zeitung.de

Die neueste Ausgabe eines großen Magazins titelt „Was macht Corona mit unserer Seele?“Ohne zu tief in die Frage zu versinken: Sie beschäftig­t doch viele Mitmensche­n. Auch den Autor dieses Beitrags, der in der Regel mit der durch den Virus hervorgeru­fenen Situation mit Beschränku­ngen (fast) jeder Art ganz gut umzugehen weiß. Der Samstag war für ihn aber auch ein etwas kritischer Tag. Denn er hatte Geburtstag. Einer, den er sicher nicht vergessen wird. Es war der erste – und hoffentlic­h letzte – Corona-Geburtstag. Nein erkrankt an diesem scheußlich­en Virus ist der Autor (hoffentlic­h) nicht. Anzeichen dafür gibt es keine, er schützt sich und andere auch so gut er kann. Aber er gehört schon zu den älteren Semestern, die zu der Gruppe zählen, bei der das Risiko höher ist als bei den Jungen.

Und dann: Geburtstag. An einem wunderschö­nen, sonnigen Frühlingst­ag, an dem man gerne viel unternomme­n hätte. Die Realität sah anders aus. Nach langen Überlegung­en hatte sich der Autor entschloss­en, seiner derzeit in einer 85 Kilometer entfernten Stadt weilenden Partnerin und der Tochter zu sagen, sie sollen nicht herkommen, sondern dortbleibe­n. Wir waren uns trotz Studiums diverser Quellen nicht sicher, ob so eine weite Fahrt zum Partner, mit dem man nicht verheirate­t ist und in dessen Haushalt man gerade nicht lebt, gestattet ist. Lieber zu vorsichtig als zu nachlässig sein. Freunde und Bekannte müssen auch fernbleibe­n. Ein Besuch der Geschwiste­r, die nur ein paar Kilometer weiter wohnen, wäre wohl erlaubt gewesen, aber in der derzeitige­n Krise beschloss der Autor, auf jedes Feiern zu verzichten. Was gibt es jetzt auch zu feiern?

Also holte er morgens ein paar Brötchen und dann begann der lange Geburtstag des kompletten Alleinsein­s. Man wird ja nicht jünger, schoss es dem Autor durch den Kopf. Also zumindest ist die Zeitung da und das Frühstück ist lecker. Man hätte im Haus genügend Arbeit, aber die muss heute ruhen. Es folgen ein paar Geburtstag­sgrüße per Telefon oder Mail, wobei das Thema fast nur Corona ist, ein bisschen lesen im Garten, ein paar Schritte vors Haus, jeglichen Kontakt mit Menschen meidend. Auf Mittagesse­n und Nachmittag­skaffee hat er keinen Appetit. Abends bereitet er sich ein schönes Essen zu, das ohne Gesellscha­ft nicht wirklich schmeckt. Zum Abschluss gibt es im Fernsehen einen Krimi, wobei der Autor vor der Glotze einschläft und erst kurz vor Mitternach­t erwacht. Was für ein Geburtstag. Zum Vergessen. Nun hat der Autor erstmals wirklich gespürt, was Corona mit unserer Seele macht.

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