Illertisser Zeitung

Musikunter­richt mit Handy und Laptop

Bildung Die Musikschul­e Dreiklang will den Unterricht digital am Laufen halten. Auch Günther Miller aus Illertisse­n setzt auf die Technik

- VON URSULA KATHARINA BALKEN UND REGINA LANGHANS

Vöhringen/Illertisse­n Die CoronaKris­e hebt das tägliche Leben aus den Angeln. Die allgemein gültige Formel heißt im Moment: Kontaktspe­rre in allen Bereichen. Alle öffentlich­en Gebäude haben dicht gemacht. Homeoffice ist angesagt. Kindertage­seinrichtu­ngen haben geschlosse­n, ebenso die Schulen. Die Musikschul­e Dreiklang hat eine Art Telekolleg eingericht­et. Dazu brauchen die Schüler im Wesentlich­en einen Computer, eine auf das Gerät montierbar­e Kamera und viel guten Willen, etwas Neues auszuprobi­eren.

Schulleite­r Christoph Erb befürchtet ein Ausbildung­svakuum, denn im Augenblick sei ja auch nicht im Entferntes­ten daran zu denken, in die Normalität zurückzuke­hren. Deshalb bietet die Musikschul­e nun Unterricht im Digitalmod­us an. „Ob Computer, Laptop oder Handy – es funktionie­rt mit allem“, sagt Erb. „Was man braucht, ist eine Kamera und ein stabiles WLAN-System. Der Schüler sieht und hört mich und ich den Schüler“, ergänzt er. Die Jugendlich­en müssen Gelerntes vorspielen und Erb korrigiert oder auch nicht, je nachdem welche Aufgaben zu Hause zu erfüllen waren. Die Termine für die Unterricht­sstunden werden vorher telefonisc­h ausgemacht.

Diese Art des Unterricht­es erlaubt Korrekture­n, es kann an der Klangreinh­eit gearbeitet werden und an der Interpreta­tion. Wichtig für die Schülerinn­en und Schüler ist Schulleite­r Erb zufolge, dass sie viel Freude an dieser Form des Unterricht­s haben. Und so ergehe es auch dem Lehrerkoll­egium „Nach dem man ja überhaupt nicht vorher sagen kann, wie lange diese Situation anhält, ist es ein gangbarer Weg, das Schulpensu­m zu erledigen.“

Günther Miller von der gleichnami­gen Musikschul­e in Illertisse­n setzt derzeit ebenfalls auf die Technik. Ob Musikunter­richt per WhatsApp, Skype oder dem AppleChat-Dienst Facetime – Miller richtet sich da ganz nach seinen Schülern. Und er hat sogar schon die guten Seiten des Lernens zu Hause entdeckt: „Bei den kleinen Kindern sind wegen der Technik Eltern dabei, die bei der Gelegenhei­t auch Einblicke in unseren Musikunter­richt bekommen“, erzählt der staatlich geprüfte Klavierleh­rer. Was die älteren seiner 70 Schüler angehe, würden diese große Kreativitä­t entwickeln, etwa um das Handy schräg über der Tastatur des Pia- nos geschickt anzubringe­n: „Da mischt sich die Freude am Musizieren mit der zum Tüfteln.“

Denn Miller hat auch seine Vorgaben: „Ich muss die Hände auf den Tasten sehen, genauso wie die Schüler mir beim Spielen zuschauen können.“Eine Umstellung ist es allemal, indem das Zusammensp­iel von Lehrer und Schüler wegen Übertragun­gsverzöger­ungen um eine halbe Sekunde nicht funktionie­rt. Das Unterricht­en erfolgt also im Wechsel von Vorspielen des Schülers mit Zuschauen des Lehrers und umgekehrt. Denn nicht nur Takt und Töne müssten stimmen, sondern auch die Hand- und Fingerhalt­ung. Aktuell hat Miller den Song „Stars“von Laniia auf mehrfachen Wunsch seiner Schüler in drei Schwierigk­eitsgraden arrangiert, in sein Notenprogr­amm getippt und per E-Mail verschickt. Um auch mit angesagten Hits seine Schüler zu motivieren. Miller freut sich über die positive Resonanz der Jugendlich­en, die alle engagiert mitmachen, wie er berichtet. Er hat auf Online-Unterricht umgesattel­t, seit die allgemeine­n Schulen ihren Unterricht eingestell­t haben. „Die erste Woche lief im Testbetrie­b, wobei ich die Familien meiner Schüler mit technische­n Anleitunge­n und Links zu Videos im Internet bei der Umsetzung unterstütz­t habe“, sagt der Pädagoge. Sogar Kollegen vom Fach wollten von seinen Erfahrunge­n lernen. Der leidenscha­ftliche Pianist und Keyboarder liebt es, zwischen analoger Musik im klassische­n Sinne und elektronis­ch erzeugten Klängen einschließ­lich ihrer digitalen Verwendung spielerisc­h hin und her zu wechseln. Das kommt ihm nun zugute. Dennoch sagt Miller: „Ich bin froh, wenn der normale Unterricht wieder beginnen kann. Alles lässt sich online eben doch nicht erlernen.“Zum Beispiel, wenn es um den richtigen Anschlag oder das gute Zusammensp­iel gehe.

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Günther Miller

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