Prost verzichtet auf Gehalt
Wirtschaft Chef der Ulmer Ölfirma macht Ankündigung wahr und übt wegen der Corona-Krise Verzicht. Der Unternehmer optimistisch
Ulm So beginnt ein offener Brief von Ernst Prost, dem Geschäftsführer von Liqui Moly: „Liebe Kolleginnen im Lohnbüro, bitte ab sofort keinerlei Gehaltsüberweisung mehr an mich ausführen. Ich verzichte hiermit auf mein Gehalt, weil ich auch ohne monatliche Bezüge klarkomme. Mein eingespartes Gehalt und andere Einsparungen verwenden wir lieber dafür, alle unsere Arbeitsplätze zu erhalten – selbstverständlich auch die unserer Leiharbeitskräfte.“Es nicht das erste Mal seit Beginn der Corona-Krise, dass Prost durch ungewöhnliche Aktionen auffällt: Nach der Ankündigung, jedem Mitarbeiter 1000 Euro Corona-Prämie zu überweisen, versprach Prost: „Niemand wird entlassen, notfalls verzichte ich auf mein Gehalt.“
Dieser Fall ist nun offenbar eingetreten, von Not schreibt Prost aber nicht. Der Firma gehe es weiter gut: „Man muss wirklich sagen, dass wir in unserer Liqui-Moly-/Meguin-Familie zu den glücklichen Menschen gehören, die immer noch einen Job haben, keinerlei Existenzangst haben müssen und auch eine vernünftige Zukunftsperspektive haben. Wir produzieren in unseren beiden Fabriken in Saarlouis und in Ulm immer noch in zwei beziehungsweise sogar in drei Schichten.“
Absatz und Vertrieb von Schmierstoffen funktioniere noch: Liqui Moly verkaufe, was produziert wird. Die Auslieferungsquote liege bei nahezu 100 Prozent. Ein paar hundert Container wurden offenbar storniert, weil in manchen Ländern halt gar nichts mehr geht. Prost: „Trotz allem gelingt es uns, den Laden am Laufen zu halten. Aber nur deshalb, weil wir immer noch verkaufen, Aufträge an Land holen, Umsätze machen und mit unseren Kunden in Deutschland und weltweit sehr eng zusammenarbeiten.“Liqui Moly sei im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen und Selbstständigen in der glücklichen Lage, dass niemand „den Laden zugesperrt hat“. Und dass darüber hinaus immer noch Bedarf an den Produkten in der ganzen Welt bestehe. Prost: „Motorenöle sind systemrelevant, weil auch in diesen Zeiten Transportunternehmen, Polizei, Müllabfuhr, Rettungsdienste, Feuerwehr und auch die Post mit ihren Fahrzeugen mobil bleiben müssen.“
Gegenüber dem ersten Quartal des Vorjahres meldet Prost in der Rundmail ein Wachstum von 14 Prozent. Liqui Moly müsse nicht auf die Politik warten, brauche keine staatlichen Überbrückungsschecks und benötige keine Kredite. Prost schließt „in Demut und Dankbarkeit“.
Liqui Moly hat in den vergangenen starken Jahren durchaus Speck angesetzt, von dem die Firma nun in der Krise zehren kann. Das Unternehmen aus Ulm-Lehr schloss wie berichtet das vergangene Jahr mit einem Rekordumsatz von 569 Millionen Euro ab, ein Plus von vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Das zeigt, dass wir auch unter widrigen Bedingungen erfolgreich sein können“, sagte Prost im Januar mit Blick auf die Software-Probleme vor einem Jahr. Damals hatte Liqui Moly wie berichtet eine neue Software zur Steuerung von Einkauf, Produktion und Verkauf eingeführt. Diese Umstellung lief nicht so reibungslos wie erwartet - ganz im Gegenteil. Die Folge waren massive Lieferschwierigkeiten.
Prost gilt als Unternehmer, der Herz und Seele seinem Unternehmen verschrieben hat. Ende 2017 hatte der Liqui-Moly-Chef Prost sein Unternehmen an den Schrauben-Milliardär Reinhold Würth verkauft, blieb aber Geschäftsführer. Jüngst hatte der Unternehmer eine neue Anlage für sein Geld gefunden: Der 63-Jährige kaufte das Gulden-Tulip-Hotel in Neu-Ulm.