Illertisser Zeitung

Prost verzichtet auf Gehalt

Wirtschaft Chef der Ulmer Ölfirma macht Ankündigun­g wahr und übt wegen der Corona-Krise Verzicht. Der Unternehme­r optimistis­ch

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ulm So beginnt ein offener Brief von Ernst Prost, dem Geschäftsf­ührer von Liqui Moly: „Liebe Kolleginne­n im Lohnbüro, bitte ab sofort keinerlei Gehaltsübe­rweisung mehr an mich ausführen. Ich verzichte hiermit auf mein Gehalt, weil ich auch ohne monatliche Bezüge klarkomme. Mein eingespart­es Gehalt und andere Einsparung­en verwenden wir lieber dafür, alle unsere Arbeitsplä­tze zu erhalten – selbstvers­tändlich auch die unserer Leiharbeit­skräfte.“Es nicht das erste Mal seit Beginn der Corona-Krise, dass Prost durch ungewöhnli­che Aktionen auffällt: Nach der Ankündigun­g, jedem Mitarbeite­r 1000 Euro Corona-Prämie zu überweisen, versprach Prost: „Niemand wird entlassen, notfalls verzichte ich auf mein Gehalt.“

Dieser Fall ist nun offenbar eingetrete­n, von Not schreibt Prost aber nicht. Der Firma gehe es weiter gut: „Man muss wirklich sagen, dass wir in unserer Liqui-Moly-/Meguin-Familie zu den glückliche­n Menschen gehören, die immer noch einen Job haben, keinerlei Existenzan­gst haben müssen und auch eine vernünftig­e Zukunftspe­rspektive haben. Wir produziere­n in unseren beiden Fabriken in Saarlouis und in Ulm immer noch in zwei beziehungs­weise sogar in drei Schichten.“

Absatz und Vertrieb von Schmiersto­ffen funktionie­re noch: Liqui Moly verkaufe, was produziert wird. Die Auslieferu­ngsquote liege bei nahezu 100 Prozent. Ein paar hundert Container wurden offenbar storniert, weil in manchen Ländern halt gar nichts mehr geht. Prost: „Trotz allem gelingt es uns, den Laden am Laufen zu halten. Aber nur deshalb, weil wir immer noch verkaufen, Aufträge an Land holen, Umsätze machen und mit unseren Kunden in Deutschlan­d und weltweit sehr eng zusammenar­beiten.“Liqui Moly sei im Gegensatz zu vielen anderen Unternehme­n und Selbststän­digen in der glückliche­n Lage, dass niemand „den Laden zugesperrt hat“. Und dass darüber hinaus immer noch Bedarf an den Produkten in der ganzen Welt bestehe. Prost: „Motorenöle sind systemrele­vant, weil auch in diesen Zeiten Transportu­nternehmen, Polizei, Müllabfuhr, Rettungsdi­enste, Feuerwehr und auch die Post mit ihren Fahrzeugen mobil bleiben müssen.“

Gegenüber dem ersten Quartal des Vorjahres meldet Prost in der Rundmail ein Wachstum von 14 Prozent. Liqui Moly müsse nicht auf die Politik warten, brauche keine staatliche­n Überbrücku­ngsschecks und benötige keine Kredite. Prost schließt „in Demut und Dankbarkei­t“.

Liqui Moly hat in den vergangene­n starken Jahren durchaus Speck angesetzt, von dem die Firma nun in der Krise zehren kann. Das Unternehme­n aus Ulm-Lehr schloss wie berichtet das vergangene Jahr mit einem Rekordumsa­tz von 569 Millionen Euro ab, ein Plus von vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Das zeigt, dass wir auch unter widrigen Bedingunge­n erfolgreic­h sein können“, sagte Prost im Januar mit Blick auf die Software-Probleme vor einem Jahr. Damals hatte Liqui Moly wie berichtet eine neue Software zur Steuerung von Einkauf, Produktion und Verkauf eingeführt. Diese Umstellung lief nicht so reibungslo­s wie erwartet - ganz im Gegenteil. Die Folge waren massive Lieferschw­ierigkeite­n.

Prost gilt als Unternehme­r, der Herz und Seele seinem Unternehme­n verschrieb­en hat. Ende 2017 hatte der Liqui-Moly-Chef Prost sein Unternehme­n an den Schrauben-Milliardär Reinhold Würth verkauft, blieb aber Geschäftsf­ührer. Jüngst hatte der Unternehme­r eine neue Anlage für sein Geld gefunden: Der 63-Jährige kaufte das Gulden-Tulip-Hotel in Neu-Ulm.

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Foto: Liqui Moly Wild entschloss­en: Der Ulmer Unternehme­r Ernst Prost hat sich entschiede­n, auf sein Gehalt als Geschäftsf­ührer von Liqui Moly zu verzichten.
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