Illertisser Zeitung

Das sagt die Wissenscha­ft

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Die Corona-Krise ist nicht nur die Zeit der starken Politiker – es ist auch die Zeit der Wissenscha­ften. Eines der maßgeblich­en Beratungsg­remien für die Regierung ist die Nationale Akademie der Wissenscha­ften Leopoldina. Und die stellt klar: Selbst wenn nach Ostern die drastische­n Beschränku­ngen gelockert werden, die seit Ausbruch der Corona-Krise gelten: Eine Rückkehr zur Normalität kann dies noch lange nicht bedeuten. Das wissenscha­ftliche Institut plädiert dafür, eine Lockerung auf der einen Seite unbedingt mit weiteren Anordnunge­n auf der anderen Seite zu begleiten. Denn mit einem Impfstoff ist kaum vor 2021 zu rechnen, ein JoJo-Effekt daher dringend zu vermeiden. Eine schrittwei­se Lockerung der Auflagen solle etwa mit „dem flächendec­kenden Tragen von Mund-Nasen-Schutz einhergehe­n“, heißt es in der Stellungna­hme. „Dies gilt im gesamten öffentlich­en Raum, u. a. in Betrieben, Bildungsei­nrichtunge­n und im öffentlich­en Nahund Fernverkeh­r.“Voraussetz­ung ist freilich die flächendec­kende Verfügbark­eit von Masken. „Der Mangel sollte bereits jetzt durch selbst hergestell­ten Mund-Nasen-Schutz, Schals und Tücher überbrückt werden“, raten die Wissenscha­ftler. Auch die kurzfristi­ge Verwendung mobiler Daten, die ortsunabhä­ngig den räumlichen und zeitlichen Kontakt von Personen abbilden, ist nach Meinung der Wissenscha­ftler hilfreich. „Daher sollten schnellstm­öglich digitale Werkzeuge wie eine entspreche­nde App für Mobiltelef­one verfügbar gemacht werden, in denen Personen freiwillig und unter Einhaltung von Datenschut­z sowie Persönlich­keitsrecht­en anonym diese Daten teilen“, fordert die Leopoldina. Genau das macht jetzt das Robert-Koch-Institut. Es stellt ab sofort eine App zur Verfügung, die ergänzende Informatio­nen dazu liefern soll, wo und wie schnell sich das Coronaviru­s in Deutschlan­d ausbreitet. Die App ist unter dem Namen „Corona-Datenspend­e“für iOS und Android-Geräte verfügbar. Sie funktionie­rt in Kombinatio­n mit

Fitnessarm­bändern und Smartwatch­es verschiede­ner Hersteller. Das Ziel der App wird wie folgt beschriebe­n: „Viele Menschen in Deutschlan­d zeichnen regelmäßig mit Smartwatch­es oder Fitnessarm­bändern ihre Vitaldaten auf. Dazu zählen der Ruhepuls, Schlaf und das Aktivitäts­niveau. Bei einer akuten Atemwegser­krankung ändern sich diese Vitalzeich­en in den meisten Fällen deutlich. Daher können auch typische Covid-19-Symptome wie Fieber durch die App erkannt werden.“Der Haken: Aufgrund der derzeit hohen Ausbreitun­gsgeschwin­digkeit des Virus müssten in Deutschlan­d wohl deutlich mehr als 60 Prozent der Bevölkerun­g die Software nutzen, wie der Virologe Christian Drosten in seinem Podcast „Coronaviru­s-Update“erläuterte. Einig ist sich die Wissenscha­ft aber noch in einem anderen Punkt: Die Gesellscha­ft braucht eine Perspektiv­e. „Es ist zu früh, Öffnungen jetzt vorzunehme­n. Aber es ist nie zu früh, über Kriterien für Öffnungen nachzudenk­en“, sagt etwa der Vorsitzend­e des Deutschen Ethikrates, der Theologe Peter Dabrock. „Alles andere wäre ein obrigkeits­staatliche­s Denken, das bei uns nicht verfangen sollte und mit dem man das so notwendige Vertrauen der Bevölkerun­g nicht stärken würde.“Es stimme auch nicht, dass man den Menschen damit falsche Hoffnungen mache. „Hoffnungsb­ilder brauchen Menschen genau dann, wenn sie in einer katastroph­alen Situation wie der jetzigen sind. Das motiviert zum Durchhalte­n“, sagt der Ethiker Dabrock.

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