Ostermessen vor leeren Kirchenbänken
Religion Gläubige Christen werden das wichtige Fest heuer ganz anders feiern als sonst. Welche Bräuche sich besonders eignen, um die Feiertage zu Hause angemessen zu begehen
Landkreis Der Besuch der Osternacht, festliche Gottesdienste, gemeinsames Osterfrühstück, Umarmungen und Händeschütteln – solche Gewohnheiten und Gesten gehören für gläubige Christen zum Osterfest dazu. Bei der Feier des wichtigsten Festes im Kirchenjahr wird heuer vieles anders sein, gerade in den Kirchen: Begangen wird Ostern mit Gebeten und sogar mit Ostermessen vor leeren Kirchenbänken. Begleiten wollen Pfarrer und Gemeindemitarbeiter ihre Schäfchen aber auch auf anderen Wegen.
„Ostern fällt nicht aus, aber wir sind alle herausgefordert, nach neuen Ideen zu suchen, um den Kontakt aufrecht zu erhalten“, sagt Pfarrer Martin Straub, als Neu-Ulmer Dekan zuständig für 16 katholische Pfarreien und Pfarreiengemeinschaften. Doch Ostern ganz bewusst zu feiern, sei auch heuer möglich. In seiner Kirche in Vöhringen werden alle Gottesdienste abgehalten – wenn auch ohne Gemeinde. Es sei „natürlich paradox, dass unsere Kirchen offen sind und wir sie schließen müssen, wenn eine Messe stattfindet“, so der Geistliche. Doch Gottesdienste vor leeren Kirchenbänken seien keine Makulatur – es gehe darum, für die Menschen zu beten und ihre Sorgen vor Gott zu tragen. „Es ist für uns eine theologische Realität, dass ein Gottesdienst etwas bewirkt“, erklärt der Priester. Um Kranke und Einsame will sich die Gemeinde nun besonders bemühen, indem sie aktiv nachfragt, ob Unterstützung gebraucht wird. An Senioren gingen zudem Briefe hinaus mit ermutigenden Gebeten und Anregungen für die Feiertage. Gerade in dieser Zeit beweise sich, wie kreativ die Gemeindemitglieder neue Wege finden, so der Pfarrer.
Die neue Situation erfordere „ein totales Umdenken, weil wir ja immer versuchen, Menschen im Glauben zusammenzubringen, und genau das können wir jetzt nicht“, sagt der evangelische Dekan Jürgen Pommer über die Lage, doch Sicherheit gehe vor. Mittlerweile hätten sich die Gemeinden im Neu-Ulmer Dekanat auf die Veränderungen eingestellt, manche zum Beispiel, indem sie Gottesdienste ins Internet übertragen. „Es ist vielen Gläubigen wichtig, dass sie dabei ihre Pfarrer in ihrer Kirche sehen“, berichtet Pommer, während andere Gläubige lieber die großen TV-Gottesdienste anschauen, auf die die Pfarrgemeinden auf ihren Internetseiten ebenfalls verweisen. Unabhängig von den Messen hielten die Verantwortlichen aber auch telefonischen Kontakt zu verschiedenen Gemeindegruppen und Mitgliedern. „Die Leute sollen wissen, dass sie nicht vergessen sind“, sagt Pommer. Für
Gottesdienst- und Veranstaltungsabsagen hätten alle Gläubigen Verständnis gezeigt. Für juristische Klagen gegen das Verbot habe er kein Verständnis, solche Diskussionen könnten höchstens im Nachgang der Krise geführt werden, meint er.
Der Altenstadter Pfarrer Thomas Kleinle fordert die Gläubigen auf, Ostern trotz der aktuellen Situation nicht spurlos an sich vorüber gehen zu lassen. Er sagt: „Machen wir auch in diesem Jahr Ostern zu einem besonderen Tag – durch ein Osterfrühstück, durch ein Osterlamm oder andere Bräuche“.
Folgende Osterbräuche eignen sich dazu besonders. Mit dem zusätzlichen Wissen um die Geschichte und christliche Bedeutung dieser oft uralten Gepflogenheiten, können diese bewusster begangen werden und die private Familienfeier bereichern.
Bunte Eier gehören zu Ostern und gekocht auch zu einem Osterfrühstück. Im Christentum wurde das Ei zum Symbol für die Auferstehung. Von außen wirkt es kalt und tot, doch aus seinem Inneren erwächst neues Leben. Somit stand das Ei symbolisch für das Grab, aus dem Jesus am Ostermorgen von den Toten auferstand. Da bis zum achten Jahrhundert die Eier als „flüssiges Fleisch“galten, auf das in der Fastenzeit verzichtet wurde, mussten sie haltbar gemacht werden. So wurden sie gekocht und bemalt, um sie von den rohen Eiern zu unterscheiden. Später drückte die bunte Farbe auch die Freude über die Auferstehung aus.
Auch das Osterlamm ist ein beliebter Brauch. Meist wird es aus Kuchenteig gebacken. Das Schaf selbst gilt seit Jahrtausenden als Symbol des Lebens, weil es die Menschen ernährt (Fleisch, Milch), wärmt und beschützt (Kleidung). Jesus hat nach christlichem Glauben sein Leben am Kreuz gegeben. Er wird als „wahres Opferlamm“bezeichnet, weil er durch seine Auferstehung sogar den Tod überwunden hat und ewiges Leben schenkt.
Eine besondere Bedeutung kommt heuer der Osterkerze zu. Jesus will Licht in die Dunkelheit des Lebens bringen. Deshalb hat er über sich gesagt: „Ich bin das Licht der Welt“. Die dunkle Kirche wird zu Beginn der Osternacht nur durch die Osterkerze erhellt. In diesem Jahr gibt es laut Kleinle die Mögdie lichkeit, ganz bewusst zu Hause eine eigene Osterkerze – ob selbst gemacht oder gekauft – anzuzünden und an die aktuellen Dunkelheiten des Lebens zu denken.
Vor dem Osterfrühstück werden normalerweise die Speisen in den Osterkörbchen durch den Priester beim Gottesdienst gesegnet. Laut Kleinle können diese aber auch zu Hause selbst mit folgendem Gebet gesegnet werden: Herr, du bist nach deiner Auferstehung deinen Jüngern erschienen und hast mit ihnen gegessen. Du hast auch uns zu deinem Tisch geladen. Segne dieses Brot, die Eier, das Fleisch und alle Gaben und sei bei unserem österlichen Mahl unter uns gegenwärtig. Lass uns wachsen in der Liebe und in der österlichen Freude und versammle uns alle zu deinem ewigen Ostermahl, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit. Amen.
Gottesdienste