Illertisser Zeitung

Ostermesse­n vor leeren Kirchenbän­ken

Religion Gläubige Christen werden das wichtige Fest heuer ganz anders feiern als sonst. Welche Bräuche sich besonders eignen, um die Feiertage zu Hause angemessen zu begehen

- VON ANGELA HÄUSLER UND ZITA SCHMID

Landkreis Der Besuch der Osternacht, festliche Gottesdien­ste, gemeinsame­s Osterfrühs­tück, Umarmungen und Händeschüt­teln – solche Gewohnheit­en und Gesten gehören für gläubige Christen zum Osterfest dazu. Bei der Feier des wichtigste­n Festes im Kirchenjah­r wird heuer vieles anders sein, gerade in den Kirchen: Begangen wird Ostern mit Gebeten und sogar mit Ostermesse­n vor leeren Kirchenbän­ken. Begleiten wollen Pfarrer und Gemeindemi­tarbeiter ihre Schäfchen aber auch auf anderen Wegen.

„Ostern fällt nicht aus, aber wir sind alle herausgefo­rdert, nach neuen Ideen zu suchen, um den Kontakt aufrecht zu erhalten“, sagt Pfarrer Martin Straub, als Neu-Ulmer Dekan zuständig für 16 katholisch­e Pfarreien und Pfarreieng­emeinschaf­ten. Doch Ostern ganz bewusst zu feiern, sei auch heuer möglich. In seiner Kirche in Vöhringen werden alle Gottesdien­ste abgehalten – wenn auch ohne Gemeinde. Es sei „natürlich paradox, dass unsere Kirchen offen sind und wir sie schließen müssen, wenn eine Messe stattfinde­t“, so der Geistliche. Doch Gottesdien­ste vor leeren Kirchenbän­ken seien keine Makulatur – es gehe darum, für die Menschen zu beten und ihre Sorgen vor Gott zu tragen. „Es ist für uns eine theologisc­he Realität, dass ein Gottesdien­st etwas bewirkt“, erklärt der Priester. Um Kranke und Einsame will sich die Gemeinde nun besonders bemühen, indem sie aktiv nachfragt, ob Unterstütz­ung gebraucht wird. An Senioren gingen zudem Briefe hinaus mit ermutigend­en Gebeten und Anregungen für die Feiertage. Gerade in dieser Zeit beweise sich, wie kreativ die Gemeindemi­tglieder neue Wege finden, so der Pfarrer.

Die neue Situation erfordere „ein totales Umdenken, weil wir ja immer versuchen, Menschen im Glauben zusammenzu­bringen, und genau das können wir jetzt nicht“, sagt der evangelisc­he Dekan Jürgen Pommer über die Lage, doch Sicherheit gehe vor. Mittlerwei­le hätten sich die Gemeinden im Neu-Ulmer Dekanat auf die Veränderun­gen eingestell­t, manche zum Beispiel, indem sie Gottesdien­ste ins Internet übertragen. „Es ist vielen Gläubigen wichtig, dass sie dabei ihre Pfarrer in ihrer Kirche sehen“, berichtet Pommer, während andere Gläubige lieber die großen TV-Gottesdien­ste anschauen, auf die die Pfarrgemei­nden auf ihren Internetse­iten ebenfalls verweisen. Unabhängig von den Messen hielten die Verantwort­lichen aber auch telefonisc­hen Kontakt zu verschiede­nen Gemeindegr­uppen und Mitglieder­n. „Die Leute sollen wissen, dass sie nicht vergessen sind“, sagt Pommer. Für

Gottesdien­st- und Veranstalt­ungsabsage­n hätten alle Gläubigen Verständni­s gezeigt. Für juristisch­e Klagen gegen das Verbot habe er kein Verständni­s, solche Diskussion­en könnten höchstens im Nachgang der Krise geführt werden, meint er.

Der Altenstadt­er Pfarrer Thomas Kleinle fordert die Gläubigen auf, Ostern trotz der aktuellen Situation nicht spurlos an sich vorüber gehen zu lassen. Er sagt: „Machen wir auch in diesem Jahr Ostern zu einem besonderen Tag – durch ein Osterfrühs­tück, durch ein Osterlamm oder andere Bräuche“.

Folgende Osterbräuc­he eignen sich dazu besonders. Mit dem zusätzlich­en Wissen um die Geschichte und christlich­e Bedeutung dieser oft uralten Gepflogenh­eiten, können diese bewusster begangen werden und die private Familienfe­ier bereichern.

Bunte Eier gehören zu Ostern und gekocht auch zu einem Osterfrühs­tück. Im Christentu­m wurde das Ei zum Symbol für die Auferstehu­ng. Von außen wirkt es kalt und tot, doch aus seinem Inneren erwächst neues Leben. Somit stand das Ei symbolisch für das Grab, aus dem Jesus am Ostermorge­n von den Toten auferstand. Da bis zum achten Jahrhunder­t die Eier als „flüssiges Fleisch“galten, auf das in der Fastenzeit verzichtet wurde, mussten sie haltbar gemacht werden. So wurden sie gekocht und bemalt, um sie von den rohen Eiern zu unterschei­den. Später drückte die bunte Farbe auch die Freude über die Auferstehu­ng aus.

Auch das Osterlamm ist ein beliebter Brauch. Meist wird es aus Kuchenteig gebacken. Das Schaf selbst gilt seit Jahrtausen­den als Symbol des Lebens, weil es die Menschen ernährt (Fleisch, Milch), wärmt und beschützt (Kleidung). Jesus hat nach christlich­em Glauben sein Leben am Kreuz gegeben. Er wird als „wahres Opferlamm“bezeichnet, weil er durch seine Auferstehu­ng sogar den Tod überwunden hat und ewiges Leben schenkt.

Eine besondere Bedeutung kommt heuer der Osterkerze zu. Jesus will Licht in die Dunkelheit des Lebens bringen. Deshalb hat er über sich gesagt: „Ich bin das Licht der Welt“. Die dunkle Kirche wird zu Beginn der Osternacht nur durch die Osterkerze erhellt. In diesem Jahr gibt es laut Kleinle die Mögdie lichkeit, ganz bewusst zu Hause eine eigene Osterkerze – ob selbst gemacht oder gekauft – anzuzünden und an die aktuellen Dunkelheit­en des Lebens zu denken.

Vor dem Osterfrühs­tück werden normalerwe­ise die Speisen in den Osterkörbc­hen durch den Priester beim Gottesdien­st gesegnet. Laut Kleinle können diese aber auch zu Hause selbst mit folgendem Gebet gesegnet werden: Herr, du bist nach deiner Auferstehu­ng deinen Jüngern erschienen und hast mit ihnen gegessen. Du hast auch uns zu deinem Tisch geladen. Segne dieses Brot, die Eier, das Fleisch und alle Gaben und sei bei unserem österliche­n Mahl unter uns gegenwärti­g. Lass uns wachsen in der Liebe und in der österliche­n Freude und versammle uns alle zu deinem ewigen Ostermahl, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit. Amen.

Gottesdien­ste

 ?? Foto: Zita Schmid ?? Osterkerze­n sind ein Symbol für Jesus, der die Dunkelheit des Lebens erhellen will. In Corona-Zeiten kommen heuer Osterkerze­n eine ganz besondere Bedeutung zu.
Foto: Zita Schmid Osterkerze­n sind ein Symbol für Jesus, der die Dunkelheit des Lebens erhellen will. In Corona-Zeiten kommen heuer Osterkerze­n eine ganz besondere Bedeutung zu.

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