Wie man es schafft, plastikfrei zu leben
Fasten Unsere wagt das Experiment: eine Woche ohne Verpackungsmüll. Es gibt gute Gründe, das einmal auszuprobieren. Sophie gibt hilfreiche Tipps
Illertissen Verzichten kann man mittlerweile ja auf so ziemlich alles: soziale Medien, das Autofahren oder natürlich Süßigkeiten. Was ursprünglich dem Christentum entstammt, ist mittlerweile zum Trend geworden: Fasten. Das ist nicht zwingend negativ zu sehen, denn während der Zeit des Verzichts lernt man das wertzuschätzen, was man hat, oder man tut etwas Gutes für sich selbst oder für die Umwelt.
Die Beschränkung auf 40 Tage erleichtern das Durchhalten und wer bereits gefastet hat, weiß, dass es nach ein paar Tagen nicht mehr so schlimm ist. Zugegeben, ich finde die zeitliche Beschränkung nicht gut. Klar, es dient als Ansporn. Aber danach geht alles genauso weiter wie bisher? Nein, hoffentlich nicht. Außerdem bin ich kein Fan von Verzicht im Sinne des Gesundheits- und Abnehm-Wahns. Viel mehr befürworte ich neue Ideen, wie zum Beispiel ohne Auto, soziale Medien oder Plastik zu leben.
Gründe zu Letzterem gibt es mehr als genug: Laut Greenpeace und dem Bund Naturschutz werden jährlich 311 Millionen Tonnen Plastik produziert, 14 Millionen Tonnen davon in Deutschland. Mehr als 150 Millionen Tonnen Plastik schwimmen im Meer und es kommen acht Millionen Tonnen pro Jahr dazu. In absehbarer Zeit schwimmt bald mehr Plastik als Fische im Meer. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind wohlbekannt, auch für uns Menschen sind zum Beispiel Weichmacher alles andere als gesund. Und über den Nahrungskreislauf und das Wasser landet es schlussendlich wieder bei uns.
Der Bund Naturschutz hat dieses Jahr zum Plastikfasten aufgerufen. Und auch ich habe mitgemacht. Dafür musste ich mein Verhalten nicht sonderlich umstellen. Ich bin ohnehin ökologisch orientiert und versuche, so gut es geht, auf Verpackung zu verzichten. So war es umso spannender zu sehen, was in sieben Tagen leider dennoch an Müll anfällt: jeweils eine Packung Müsli und Kaffee, zwei Päckchen Tofu, die Folie einer Tafel Schokolade und ein Tütchen Mandeln. Für meine Eltern eine Packung Mozzarella, die Innenfolie eines Käsepapiers und – wenn auch kein Plastik – eine Konservendose Tomaten. Das hat mich sehr beschäftigt.
Zu meiner Verteidigung: Ich war etwas locker. Und im Grunde habe ich zu jedem Stück Plastik eine Ausrede parat: Meine studierende Schwester war zu Besuch, sonst gibt es nur Haferflocken aus dem ZehnKilogramm-Papiersack. Der Tofu ist von einem Versand, der Lebensmittel-Fehlproduktionen sehr günstig weiterverkauft und sozusagen „rettet“, sonst wären sie in den Müll gewandert. Die Schokolade war ein
Geschenk, ich achte auf kompostierbare Innenfolie.
Es gibt viel Müll, den ich, beziehungsweise wir als Familie, zu vermeiden versuchen: Hülsenfrüchte und Getreide kaufen wir im Sack in großen Mengen. Tomaten habe ich von unserer Ernte im Sommer so viel eingekocht, dass es bis jetzt gereicht hat. Sojamilch mache ich selbst und ziehe Joghurt daraus. Zum Einkaufen auf dem Markt nehme ich Dosen für Quark und Käse mit. Wasch- und Spülmittel kommen aus dem Unverpackt-Laden, die Zahncreme aus dem Glas oder unverpackt als Denttabs. Häufig heißt es bei mir „dann eben nicht“, wenn es dieses oder jenes nur übertrieben verpackt gibt.
Ich bin ehrgeizig und es macht mir Spaß. Noch habe ich den Luxus der Zeit zum Selbermachen und bin finanziell abgesichert. Doch ich gebe zu, ja, es ist anstrengend. Und frustrierend. Es gibt so viele Produkte, die nicht unverpackt zu bekommen sind. Auch wenn es möglich wäre.
Das Beispiel der kompostierbaren Schokoladefolie zeigt, dass es auch anders geht. Plastik und Verpackungen generell neu zu produzieren ist wohl zu günstig und bequem und es zu recyceln zu aufwendig. Jährlich fallen somit Unmengen an vermeidbarem Plastik und Papier an.
Das beginnt beim kleinen Haushalt. So kann jeder versuchen, einen Beitrag zu leisten, indem bewusst darauf geachtet wird. Warum also nicht den persönlichen Müll einer Woche sammeln? Oder versuchen, gleich ganz auf Verpackungen zu verzichten? Auch wenn die Fastenzeit vorbei sein mag, lohnt es sich. Und von kurz anhaltenden Trends bin ich sowieso kein Fan.
Im Meer schwimmen 150 Millionen Tonnen Plastik