Illertisser Zeitung

Polizeiges­etz lässt auf sich warten

Herrmann sieht sein Verspreche­n erfüllt

- VON CHRISTOF PAULUS

München Über 30000 Demonstran­ten hatten die Regierung beeindruck­t: So viele gingen 2018 auf die Straße, um die Novelle des Polizeiauf­gabengeset­zes (PAG) zu verhindern. Zunächst ohne Erfolg: Der Landtag beschloss es trotzdem. Doch die Regierung setzte im Anschluss eine Expertenko­mmission ein, die das Gesetz auf seine Praxistaug­lichkeit überprüfen sollte. Das Ergebnis: An insgesamt neun Stellen sollte nachgebess­ert werden. Innenminis­ter Joachim Herrmann versprach: „Möglichst bis November, auf jeden Fall aber noch 2019“solle ein neuer Gesetzentw­urf vorliegen. Fast ein halbes Jahr später steht fest: Dieses Ziel wird weit verfehlt.

Nach Angaben des Innenminis­teriums befinde sich der Entwurf derzeit zu Abstimmung­en innerhalb der Regierung. Somit sei Herrmanns Ankündigun­g erfüllt. Angesichts des derzeitige­n Katastroph­enfalles könne man aber zum weiteren Zeitplan keine Angaben machen. Opposition, Demonstran­ten – und schließlic­h auch die Expertenko­mmission – kritisiert­en am PAG, dass es der Polizei zu weitreiche­nde Befugnisse einräume. So soll nach Wunsch der Experten der umstritten­e Begriff der „drohenden Gefahr“, der der Polizei mehr Eingriffsm­öglichkeit­en gibt, klarer vom Begriff der „konkreten Gefahr“abgegrenzt werden. Kritiker sehen zudem Grundrecht­e gefährdet: Es besteht die Möglichkei­t, Menschen, von denen möglicherw­eise eine Gefahr ausgeht, bis zu drei Monate einzusperr­en – auch ohne dass diese eine Straftat begangen haben.

Dass die Überarbeit­ung des PAG nun auf sich warten lässt, bezeichnet Katahrina Schulze als „beispiello­se Missachtun­g des Parlaments“. Die Fraktionsv­orsitzende der Grünen im Landtag wirft Innenminis­ter Herrmann vor, die Überarbeit­ung „aussitzen“zu wollen. Sie ist sicher: Die gegen das Gesetz anhängigen Verfassung­sklagen „werden rechtliche Mängel zutage fördern“. Davon geht auch Frederick Heussner aus. Der Sprecher des Aktionsbün­dnisses „No PAG“fühlt sich bestätigt, dass man sich auf die Rechtsstaa­tlichkeit des Gesetzes nicht verlassen könne. Zugleich zeigt er sich enttäuscht: „Es gab nicht einmal marginale Änderungen, trotz der Kritik.“

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