Illertisser Zeitung

Schweden hofft

Medizin Weiter lockere Corona-Strategie

- VON ANDRÉ ANWAR

Stockholm Schwedens Hauptstadt ist derzeit die freieste Europas. Auch wenn das Land nicht weniger Probleme mit Covid-19 hat als andere Nationen, bleibt bislang fast alles geöffnet: Einkaufsze­ntren, Cafés, Bars, Fitnessstu­dios, kleinere Klubs, Kindergärt­en, Schulen. Selbst Ansammlung­en von unter 50 Leuten bleiben erlaubt – und Klopapier gibt es reichlich. Denn Schweden setzt im Kampf gegen die Ausbreitun­g des Coronaviru­s vor allem auf Freiwillig­keit und die Vernunft seiner Bürger, nur Senioren werden – so gut es geht – isoliert.

Die Unkenrufe aus dem In- und Ausland waren laut und zahlreich. Schweden würde ein gefährlich­es Experiment durchführe­n auf Kosten der Alten und Kranken. Entgegen aller Kritik scheint sich die Lage derzeit deutlich zu beruhigen – vorerst zumindest, wie das Gesundheit­samt vorsichtig betont. Ein riesiges Feldlazare­tt, das vorsorglic­h in Stockholm aufgestell­t wurde, wo die meisten schwer kranken Infizierte­n leben, bleibt weiter geschlosse­n, wegen fehlenden Bedarfs. Laut den jüngsten Bekanntgab­en des Gesundheit­samts ist die Zahl der neuen Intensivpa­tienten leicht rückläufig, 530 werden behandelt. Insgesamt sind 1033 Schweden gestorben. Das sind skandinavi­enweit zwar die meisten Fälle vor Norwegen (6600 Infektione­n und 130 Todesfälle) und Dänemark (6500 Infektione­n, 300 Tote). Allerdings hat Schweden auch fast doppelt so viele Einwohner wie seine Nachbarlän­der.

Am Stockholme­r Karolinska­Krankenhau­s sei die Situation auf der Intensivst­ation deutlich ruhiger geworden, so Oberarzt David Konrad gegenüber dem Sender SVT. Derzeit kümmert er sich um 127 Corona-Patienten. Täglich kämen nur um die „sechs bis zwölf“Patienten mit schwereren Symptomen hinzu. „Wir nähern uns der Abflachung der Erkrankung­skurve.“

Schweden verfolgt eine andere Strategie als der Großteil der europäisch­en Nationen, die auf strenge Ausgangsbe­schränkung­en setzen und so die Infektions­kurve niedrig halten wollen, nämlich eine Art Herdenimmu­nität. Die Idee: Wenn viele Menschen aus der Nicht-Risikogrup­pe immun sind, hat es das Virus schwer, sich weiter auszubreit­en. Bis Ende April könnte laut Prognosen die Hälfte des Volkes das Coronaviru­s in sich getragen haben – und dann zeigt sich, ob der schwedisch­e Weg wirklich funktionie­rt.

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Foto: Strauss, Mola, dpa Jennifer Lopez sammelt Spenden für das Gesundheit­swesen, indem sie mit anderen Stars tanzt. Jane Fonda hat Outfits für die Couch entworfen.

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