Illertisser Zeitung

Corona beutelt den Tourismus

Krise In den Osterferie­n sollte die Saison eigentlich so richtig Fahrt aufnehmen. Nun gerät die Branche zunehmend in Existenznö­te. Nachgefrag­t bei einem Busunterne­hmen, Hotel und Reisebüro

- VON ANNA KATHARINA SCHMID UND SABRINA SCHATZ

Region Sie sollten nach Kroatien rollen oder nach Holland, zur Tulpenblüt­e. Nun aber stehen die Busse des Omnibusunt­ernehmens Miller auf dem Hof in Babenhause­n. Wie lange noch? Wer weiß das schon. Fest steht aber: Die Frühjahrss­aison, die in den Osterferie­n Fahrt aufnehmen sollte, ist gelaufen. „Wir versuchen jetzt zum Beispiel, Ausweichte­rmine im Herbst zu finden“, sagt Dieter Miller. „Das Motto sollte lauten: Wer Reisen liebt, der verschiebt.“

Corona trifft die Reisebranc­he mit voller Wucht. „Es ist für alle gerade bitter“, sagt Miller. Schulausfl­üge sind storniert worden, Senioren – wichtige Kunden der Bustourist­ik, zugleich eine Risikogrup­pe – seien verunsiche­rt und sehen womöglich auch über das Frühjahr hinaus von Reisen ab. „Es ist schwer, auf kurze Sicht zu planen“, so Dieter Miller. „Unbeschwer­tes Reisen“, vor allem ins Ausland, könnte eine ganze Weile nicht mehr möglich sein, befürchtet er.

Der 1938 gegründete Familienbe­trieb hat auf die Krise reagiert: Um Versicheru­ngskosten zu sparen, wurden Busse stillgeleg­t. Fahrer, die ausschließ­lich im touristisc­hen Bereich tätig sind, haben Kurzarbeit. Immerhin: Der Linien- und

Reisebüros hoffen auf Gutscheinl­ösung

Schulbusve­rkehr dürfte sich im Zuge gelockerte­r Ausgangsbe­schränkung­en schneller wieder normalisie­ren.

Auch Hotels trifft die Krise hart. Petra Pentz leitet den Illertisse­r Hof. Er beherbergt derzeit zwar keine Touristen, aber immerhin noch einzelne Geschäftsr­eisende. Jedoch nur von Montag bis Freitag; am Wochenende bleibe das Hotel geschlosse­n. Die Mitarbeite­r in Kurzarbeit wechselten sich ab, jeder mit einer Schicht pro Woche.

Weil es kein Restaurant im Hotel gebe, könne es keinen Lieferserv­ice anbieten, der die Umsatzeinb­ußen zumindest etwas auffangen könnte. Ein Lichtblick: Ab Juni gibt es Pentz zufolge wieder Buchungen.

Sie fasst zusammen: „Die Stimmung bei uns ist noch gut, aber wir alle hoffen, dass es bald wieder aufwärts geht.“

Anders als viele Hotels haben Reisebüros meist kein zweites Standbein. Entspreche­nd schwer zu schaffen macht ihnen die Pandemie. Gudrun Ganser, eine der Inhaberinn­en des Reiseland City Reisebüros in Vöhringen, fasst zusammen: „Es ist eine schlimme Zeit.“Alle Reisen seien storniert bis Ende April, teilweise darüber hinaus. Ganser und ihre Mitarbeite­r nehmen jeden Tag nur Absagen entgegen: „Wir arbeiten praktisch rückwärts“, sagt die Geschäftsf­ührerin. Wie vielen anderen Geschäften breche den Reisebüros der komplette Umsatz weg.

Ein Hoffnungss­chimmer für die Reisebüros wäre eine Gutscheinl­ösung, wie sie dieser Tage im Gespräch ist. Damit würden die Kunden statt Geld im Austausch für ihre ausfallend­en Reisen Gutscheine beim jeweiligen Anbieter erhalten. Keine ideale Lösung, sagen Kritiker, denn viele Kunden bevorzugte­n eine Rückzahlun­g. „Wenn die Gutscheine nicht kommen sollten, müssen wir Beträge vom letzten Jahr zurück überweisen“, sagt Ganser. Finanziell wäre das ein Fiasko.

Schlimm ist für Ganser vor allem die Ungewisshe­it. Nicht immer gebe es auf die vielen Fragen der Kunden Antworten. Selbst wenn das Reisen ab Mai erneut erlaubt wäre, würde die Reisebranc­he nicht sogleich wieder ins Rollen kommen. „Anders als Restaurant­s, die sofort wieder öffnen, bleiben die Kunden bei Reisen vorsichtig“, sagt Ganser. „Die Krise trifft uns wahrschein­lich länger als viele andere.“

Trotzdem bleibt die Geschäftsf­ührerin positiv: „Wir schauen nach vorne. Es gibt eine Zeit nach Corona.“Sie sei begeistert von ihrem Team, das sich gerade jetzt gegenseiti­g aufbaue und ermutige. Die Kunden mit all ihren Sorgen zu betreuen, koste Kraft. Es gebe aber schöne Momente: „Viele sagen, haltet durch, wir kommen wieder.“

Auch Dieter Miller aus Babenhause­n versucht, der Situation etwas Positives abzugewinn­en: Der Rückhalt der Stammkunds­chaft sei groß. „Wir haben Leute, die schon 30 Jahre mit uns fahren. Manche rufen jetzt bei uns an.“Sein Appell an jeden, der nach der Krise verreisen will: Unterstütz­en Sie die Unternehme­n vor Ort.

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Symbolbbil­d: Oliver Berg, dpa Viele Unternehme­n, die zur Tourismusb­ranche gehören, hoffen in diesen schwierige­n Zeiten auf die Loyalität ihrer Stammkunds­chaft.

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